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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bereits wieder an
alles erinnern. Aber jetzt müssen wir dafür sorgen, dass du
auch lange genug am Leben bleibst, um dich zu erinnern.
Komm!«
Mike folgte dem Krieger; widerwillig, aber sehr
schnell.
Die Wand kam ihm immer höher vor, je mehr er sich ihr näherte.
Als sie an ihrem Fuß angelangt waren, schien sie bis zur
Himmelskuppel zu reichen, annähernd drei Meilen über ihnen.
Zögernd begann er neben Sarn an der Wand emporzusteigen.
Anfangs ging es besser, als er erwartet hatte. Die Wand war
zwar vollkommen senkrecht, war aber rissig und porös, sodass
seine Finger und Zehen genug Halt fanden. Außerdem erwies er
sich als geschickterer Kletterer, als selbst Sarn erwartet zu haben schien, denn der Krieger warf ihm überraschte Blicke zu.
Er sagte nichts, aber mit Sicherheit hatte er erwartet, auf Mike
Rücksicht nehmen zu müssen. Das Gegenteil war der Fall.
Zumindest auf den ersten
Metern musste Sarn sich bemühen,
um mit Mike Schritt zu halten, nicht umgekehrt.
Aber das blieb nicht allzu lange so. Mikes Kräfte erlahmten
bald und die scharfkantigen Korallen, aus denen die Wand zum
großen Teil bestand, scheuerten seine Finger wund. Sie hatten
noch nicht ein Viertel erstiegen, als sie zum ersten Mal Halt
machen mussten.
Sarn hatte einen schmalen Sims ausgemacht, der Platz für
sie beide bot, wenn sie sich ein bisschen quetschten. Er kletterte
voraus, half Mike das schmale Felsband ebenfalls zu erklettern
und lehnte sich dann mit Schultern und Hinterkopf gegen den
Stein, um die Augen zu schließen. Mike wurde allein bei
dem
Gedanken übel. Unter ihnen gähnte fünfzig Meter nichts und
dann ziemlich harter Korallenboden. Sarn jedoch schien
das
nichts auszumachen. Mike hatte das Gefühl, dass er diese
waghalsige Kletterpartie nicht zum ersten Mal hinter sich
brachte.
Es tat ungemein wohl, seinen müden Gliedern endlich
ein
wenig Erholung gönnen zu können. Mit der Ruhe kam auch die
Müdigkeit zurück, aber er getraute sich nicht im Sitzen zu
schlafen wie Sarn.
Um nicht aus Versehen einzuschlafen, was mit Sicherheit zu
einem tödlichen Sturz in die Tiefe geführt hätte, ließ er seinen
Blick aufmerksam über das grünbraune Blätterdach des Waldes
tief unter sich schweifen. Nach einer Weile entdeckte er eine
Bewegung tief unter ihnen, aber nicht mehr allzu weit vom Fuß
der Wand entfernt. Zwei, drei, vier Gestalten in schwarzen
Mänteln und bronzefarbenen Brustharnischen und Helmen
bahnten sich mit blitzenden Schwertern einen Weg durch den
Wald.
»Das ... das sind ... Krieger!«, entfuhr es ihm.
Sarn öffnete die Augen. Er hatte nicht geschlafen, sondern nur
ausgeruht. »Und zwar die besten«, sagte er leise. »Argos´
Palastwache.«
»Aber wieso ... wieso laufen wir vor ihnen davon?«, fragte
Mike verständnislos.
»Weil sie mich töten würden, wenn ich ihnen in die Hände
fiele«, antwortete Sarn. »Und ich fürchte, dich auch.«
»Töten? Aber wieso denn? Du bist doch auch ein Krieger! Ein
Mann wie sie!«
»Nein!« Sarns Widerspruch kam unerwartet heftig.
»Ich war einmal wie sie, das ist wahr. Aber es ist lange her.
Ich gehöre zum Widerstand, weißt du?«
Mike hatte keine Ahnung, was der Widerstand war.
»Bis gestern wusste niemand davon«, fuhr Sarn fort. »Ich
habe im Geheimen gearbeitet. Als Krieger im Dienst der
Herrschenden war ich dem Widerstand von großem Nutzen.
Aber damit ist es nun vorbei.« Er seufzte und sah Mike an. »Ich
hoffe, es war das Opfer wert ... Fühlst du dich stark genug, um
weiterzuklettern?«
Die ehrliche Antwort auf diese Frage wäre ein ganz klares
Nein gewesen. Aber dann sah Mike wieder nach unten. Die
Krieger waren schon näher gekommen. Nicht mehr lange und
sie würden ebenfalls damit beginnen, an der Wand
emporzuklettern.
»Ich bin nicht sicher, ob ich es bis oben schaffe«, sagte er.
»Das musst du auch nicht«, antwortete Sarn geheimnisvoll.
»Wir haben schon mehr als die Hälfte. Komm, weiter!«
Sie setzten ihren Aufstieg fort. Die kurze Rast hatte
nicht
gereicht, seine Kräfte wirklich wieder zu erneuern. Seine Hände
bluteten mittlerweile und jeder Muskel in seinem Körper tat weh.
Aber Sarn trieb ihn unbarmherzig an.
Stunden, wie es Mike vorkam, kletterten sie weiter, ohne dass
das Ende der Felswand sichtbar näher zu kommen schien. Mike
hatte längst den Punkt überwunden, an dem er der Meinung
war, einfach nicht mehr weiter zu können, aber Sarn
gestattete ihm nicht die geringste Pause. Als Mike einmal
zufällig einen Blick in die

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