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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Tiefe warf, da wurde ihm nicht nur
sofort schwindelig, er verstand auch, wieso Sarn ihn
so
unbarmherzig antrieb.
Unter ihnen kletterten vier Gestalten in wehenden
schwarzen
Mänteln die Wand empor und bewegten sich deutlich schneller
als sie.
»Wir haben es fast geschafft«, keuchte Sarn. »Sie werden uns
nicht einholen, hab keine Angst.«
Mike sah verwirrt nach oben. Sie hatten etwas mehr als die
Hälfte der Wand hinter sich. Die Anstrengung musste Sarns
Sinne verwirrt haben! Trotzdem kletterte er verbissen weiter.
Zurück ging es nicht mehr und vielleicht würden die Kräfte der
Verfolger ja irgendwann einmal erlahmen.
Plötzlich war Sarn über ihm einfach verschwunden,
doch
bevor Mike auch nur richtig erschrecken konnte, tauchten
Kopf, Schultern und rechter Arm des Kriegers wieder auf. Er
winkte aufgeregt mit der Hand.
»Schnell!«, rief er. »Noch ein kleines Stück und du hast es
geschafft!«
Mike mobilisierte seine letzten Kräfte. Trotzdem
musste
Sarn nach unten greifen und ihm auf dem letzten Stück helfen.
Schwer atmend und so erschöpft, dass ihm vor Schwäche
fast übel wurde, fand sich Mike schließlich in einem schmalen,
schräg in den Fels hineinführenden Höhleneingang wieder. Das
Licht reichte nur einige Schritte weit; danach herrschte absolute
Finsternis. Aber Mike spürte, dass der Stollen noch sehr tief in
den Felsen hineinreichen musste.
»Was ist
–«, begann er, nachdem er wieder halbwegs
zu
Atem gekommen war, aber Sarn unterbrach ihn mit einer
hastigen Bewegung.
»Keinen Laut!«, zischte er. »Und keine schnellen Bewegungen.
Wenn sie uns entdecken, ist es aus.«
Sie? dachte Mike erschrocken. Wovon sprach Sarn?
Vorsichtig drehte er sich herum und blickte angestrengt in die
Dunkelheit der Höhle hinein. Sie war nicht so total, wie er im
ersten Augenblick angenommen hatte. An den Wänden gab es
unterschiedlich große Flächen grüner Leuchtalgen. Wenn sich
ihre Augen erst einmal umgestellt hatten, würden sie
wahrscheinlich wenigstens genug sehen können, um nicht über
ihre eigenen Füße zu stolpern. Irgendetwas bewegte sich in
diesem grünen Zwielicht. Mike konnte nicht genau erkennen,
was, aber in Verbindung mit Sarns Worten machte es ihm Angst.
Als er einige Augenblicke gelauscht hatte, hörte er ein
unheimliches Kratzen und Schaben.
Sarn warf einen Blick nach draußen, nickte dann zufrieden
und richtete sich sehr behutsam auf. Ebenso langsam griff er
unter seinen Mantel und zog einen ledernen Beutel hervor.
Mike sah verwirrt zu, wie er mit der Hand hineingriff und
eine graue, unappetitlich riechende und nicht besonders hübsch
aussehende Paste herausnahm, mit der er sich sorgfältig Gesicht, Arme und Oberschenkel einrieb. Als er fertig war, gab er
den Beutel an Mike weiter.
»Hier! Reib dich damit ein. Aber gründlich.«
Mike warf einen missmutigen Blick in den Beutel. »Es stinkt«,
sagte er.
Sarn nickte. »Was meinst du, wie du erst stinkst, wenn du
ein paar Tage tot bist«, sagte er. »Nun mach schon.«
Was blieb Mike schon anderes übrig als Sarn zu gehorchen?
Angeekelt griff er in den Beutel, nahm eine Hand voll der
stinkenden Masse heraus und rieb sich
gründlich jedes
bisschen sichtbare Haut damit ein. Als er fertig war, stank er
wie ein toter Fisch. Ein schon ziemlich lange toter Fisch.
Sarn verstaute seinen Beutel sorgsam wieder, hielt sich mit
der linken Hand am Felsen fest und beugte sich wieder vor, um
nach den Verfolgern zu sehen. Dann tat er etwas, was Mike
einfach nicht verstand.
»Heda!«, brüllte Sarn, so laut er konnte. »Kommt ruhig her,
wenn ihr euch traut! Wir werden euch entsprechend
empfangen!«
Jetzt zweifelte Mike wirklich an seinem Verstand. Nicht nur,
dass Sarn ihm gerade selbst eingeschärft hatte, nur ja leise zu
sein – Mikes Meinung nach hatten ihre Chancen gar nicht so
schlecht gestanden, dass die Verfolger die schmale Felsplatte
einfach übersahen. Er selbst jedenfalls hätte sie nicht einmal
bemerkt, wäre Sarn nicht praktisch vor seiner Nase
darin
verschwunden. Jetzt gab es diese Möglichkeit natürlich nicht
mehr.
Sarn machte jedoch durchaus den Eindruck, als wisse er, was
er tat. Mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht drehte er sich
zu Mike herum.
»Jetzt werden sie uns finden!«, sagte Mike.
»Na, das will ich doch hoffen«, antwortete Sarn. Er deutete
in die grüne Dämmerung hinter Mike. »Folge mir. Beweg dich
ganz langsam und gib keinen Laut von dir, ganz egal, was
passiert!«
Er ging los, mit kleinen, sehr

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