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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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viel mehr nach einem Arbeitszimmer aus. In der Mitte steht ein großer Tisch mit einer dicken Platte, eher zweckmäßig als schön. Durch eine geöffnete Tür kann ich in sein eigentliches Schlafzimmer sehen.
    Er streckt die Hand nach dem Buch aus. Ich gebe es ihm.
    »Braves Mädchen.«
    Ich setze mich hin und atme tief durch. Hier drin riecht es genauso wie in all den anderen Räumen des Clubs – nach Schweiß, vermischt mit einem Hauch von Zersetzung.
    »Du hast mich gewarnt, dass es gefährlich werden würde«, sage ich, »aber da war ein Mann, der meinte, er hätte mich schon mal gesehen.« Ich will, dass er begreift, wie sehr ich mich gefürchtet habe.
    »Einer von denen hat dich angesprochen?« Er sieht vom Buch auf.
    »Ja. Er hat mich sogar angefasst.« Ich berühre mein Haar. Es fühlt sich irgendwie schmierig an.
    »Es war zu erwarten, dass sie dich bemerken würden«, bemerkt Elliott.
    Ich sehe uns beide in dem vergoldeten Spiegel am anderen Ende des Raums.
    »Beobachten sie uns?«
    »Oh ja. Mein Onkel ist ein gerissener Geschäftsmann. Solange gelangweilte junge Damen ein Vermögen dafür hinblättern, nur um für ein paar Stunden Lotterleben zu spielen, gibt es auch immer welche, die dafür zahlen, dass sie ihnen dabei zusehen dürfen.«
    Mir wird übel.
    »Ich dachte, du hättest vorhin gesagt, sie haben kein Geld.«
    »Tja, es gibt eben verschiedene Währungen. Aber das ist ja bestimmt nichts Neues für dich.« Er schüttelt den Kopf und lächelt in sich hinein, als amüsiere ihn meine Naivität. Aber mir ist nicht entgangen, dass sein Blick bei dem Wort Währungen zu seinem Schlafzimmer geschweift ist. Ich frage mich, ob dort drin jemand auf ihn wartet. Die Räume sind sehr elegant eingerichtet – im Schlafzimmer hängen schwere Seidenvorhänge im selben satten Dunkelblau wie an den Wänden des Arbeitszimmers. Ich erkenne Kissen und zerknülltes Bettzeug und wende den Blick ab.
    Die Wände des Arbeitszimmers sind von Regalen gesäumt, doch die Bücher sehen nicht so aus, als seien sie jemals herausgenommen worden. Es sind edle Lederbände. Vielleicht mag er so etwas ja gern. An der Wand gegenüber steht ein Sideboard mit geschnitzten Löwen.
    »Interessante Wahl«, stellt Elliott beim Anblick des zweiten Buchs fest, hinter dem ich sein Bändchen versteckt habe. Wieder werde ich rot.
    Er sieht mich an und wartet darauf, dass ich etwas erwidere. Als ich keine Anstalten dazu mache, richtet er seine Aufmerksamkeit erneut auf das grüne Buch. Laut und unerwartet hallt das Geräusch von zerreißendem Papier in der Stille des Raums wider. Elliott faltet die Seiten zusammen und schiebt sie in die Innentasche seiner Weste.
    »Was ist denn so wichtig an diesem Buch?«, frage ich.
    »Darin ist der Aufbau der Stadt dokumentiert. Jeder, der den Inhalt auswendig lernt, kann sich hier bewegen, ohne dass ihn jemand bemerkt, in jeder geheimen Ecke. Es wurden nur vier Exemplare gedruckt. Mein Vater hatte eines davon, aber es ist verloren gegangen. Ich habe die ganze Stadt nach den anderen drei abgesucht. Eines der Hausmädchen hat mir erzählt, dass im oberen Stockwerk ein Regal voll verstaubter Bücher steht, sie aber keines herausnehmen könne. Die Männer wissen ganz genau, wie sie Informationen aus den Leuten herausbekommen. Sie hätten auf der Stelle gemerkt, dass ich das Buch haben will und auch warum. Aber mit dir können sie das nicht machen.«
    Die Gaslampe flackert und zaubert Schatten auf sein Gesicht.
    »Wie beruhigend zu wissen, dass sie wenigstens zögern würden, bevor sie mich foltern«, bemerke ich. »Genau das wolltest du doch damit sagen, oder?«
    Er geht nicht auf die Frage ein, sondern beginnt, in dem Buch zu blättern.
    »Ich liebe diese Stadt mit all ihren Geheimnissen und verborgenen Schätzen. Ich will sie um jeden Preis retten.« Merkwürdig, aber ich habe noch nie jemanden mit so einer Leidenschaft von unserer Stadt reden gehört. Seine Miene verrät mir, dass er es auch so meint, und ich will ihm gern glauben. »Und ich will, dass mein Onkel stirbt.« Er sagt es so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann.
    Inzwischen hat er die Karte gefunden, nach der er gesucht hat. Er taucht den Federkiel ins Tintenfass und streicht die Kathedrale, an der wir vorhin vorbeigefahren sind, mit einem großen roten X aus. Und dann noch eine und noch eine.
    »Wieso haben sie all die Kirchen angezündet, was glaubst du?«, frage ich in die Stille hinein.
    Er verschmiert die Tinte mit der Handkante und stößt

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