Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
Vom Netzwerk:
Prospero. »Nun? Habt ihr beide eure gemeinsame Zeit genossen?«
    »Mit dem Raddampfer?«, fragt Elliott, ohne auf die Anspielung einzugehen.
    Die Höflinge starren mich an. Ich spiele mit dem Brillantring an meinem Finger und frage mich, welchen Wert Schmuck in einer Welt, in der die Atemluft unser Leben bedroht, überhaupt noch hat. Das Licht des Gaskronleuchters lässt dieses Schmuckstück, das ich aus tiefster Seele hasse, in tausend bunten Farben funkeln. Es ist hübsch und absolut nutzlos.
    »Er ist wunderschön«, bemerkt einer der weiblichen Höflinge. Der blanke Neid steht ihr im Gesicht geschrieben. »Elliott besucht den Palast nicht oft genug.«
    »Das stimmt allerdings.« Elliott legt den Arm um mich.
    »Aber Sie könnten doch hier leben«, fährt die junge Frau fort.
    »Ja.« Sein Tonfall ist neutral. »Ich kann mir allerdings nichts Schlimmeres vorstellen. Du?«, murmelt er mir ins Ohr.
    »Wir alle hier leben in ständiger Angst, Ihrem Onkel zu missfallen.« Sie erschaudert. »Oder in die Stadt zurückgeschickt zu werden. Und trotzdem haben Sie sich entschieden, dort zu leben. Sie müssen sehr mutig sein.«
    Elliott nimmt den Arm von meinen Schultern. »Ich bin sicher, Sie werden niemals das Missfallen des Prinzen auf sich ziehen«, sagt er freundlich.
    »Ich hoffe es. Meine Cousine erzählt grauenhafte Dinge, die sich in der Stadt abspielen sollen.«
    Das Mädchen presst sich ein Taschentuch vor ihre Maske, als wolle sie sich damit vor einem abscheulichen Gestank schützen. Ich habe diese Geste früher noch nie gesehen, aber bei den Damen bei Hofe scheint sie an der Tagesordnung zu sein. Selbst mit Masken versetzt sie die Luft und die Vorstellung, in der Stadt leben zu müssen, in Angst und Schrecken.
    Die Dienstboten bringen uns in einem von einer großen Dampfmaschine angetriebenen Wagen zum Ufer. Das Boot wird ebenfalls von einem Dampfmotor betrieben und verfügt über zwei große Decks mit bunten Wimpeln und kleinen Pavillons. All jene, die nicht eingeladen wurden, stehen am Ufer und winken uns zu, als wir an Bord gehen und flussabwärts davontuckern.
    »Heute sind wieder mal Krokodile im Wasser«, höre ich jemanden sagen.
    Der Mann hat recht. Im aufgewühlten Wasser wimmelt es von Reptilien. Ich trete von der Reling weg. Elliott lacht. Im Moment kann ich seinem Lachen nicht so viel abgewinnen wie sonst.
    »Die fressen Menschen«, erklärt er. »Vor ein paar Jahren haben die Leichensammler spitzgekriegt, dass es praktischer ist, die Leichen in den Fluss zu kippen und die Krokodile den Rest erledigen zu lassen.«
    Ich sehe das Baby vor mir, den kleinen, in eine Decke gehüllten Kinderkörper. Fressen die Krokodile auch Decken? Oder lassen sie sie übrig, sodass sie im Wasser dahintreiben? Beim Anblick der unter der Oberfläche dahinflitzenden Tiere wird mir ganz elend. Selbst die Wellen, die gegen die Bootswand schwappen, machen mir Angst.
    »Ich fand Boote schon immer toll«, stellt Elliott fest. Ich muss an das Dampfschiff denken, das Henry auf dem Frühstückstisch hin und her geschoben hat. Und an meinen Vater und die Faszination, die der Hafen auf ihn ausübt.
    »Im Hafen liegt gerade ein Dampfschiff und wird für eine Fahrt vorbereitet«, sage ich.
    »Ja. Das war meine Idee. Der Prinz hat mich mit der Reise beauftragt.«
    »Glaubst du, es gibt da draußen noch andere Menschen?« Mein Vater besitzt ein Buch mit Skizzen berühmter Orte auf der Welt. Unversehrte, wunderschöne Orte, wo nichts zerstört ist und es keine kranken Menschen gibt. Ich wünschte, Elliott würde mir sagen, dass außer uns noch andere Menschen existieren. Dass wir all diese Orte eines Tages bereisen können.
    »Wenn wir die Seuche überlebt haben, gibt es bestimmt auch noch andere Menschen, denen das gelungen ist. Und vielleicht noch andere Methoden, der Ansteckung zu entgehen. Außerdem wissen wir inzwischen, dass es Menschen gibt, die immun gegen die Krankheit sind. Vielleicht brauchen du und ich diese Masken in Wahrheit gar nicht.«
    »Aber es ist doch seltsam, dass keiner von ihnen jemals hierher, in die Stadt, gekommen ist. Wenn auch andere Menschen überlebt haben, was hält sie dann davon ab?«
    »Was hat uns davon abgehalten, andere Orte aufzusuchen? Interne Streitereien, Angst, Verzweiflung? Ich würde schrecklich gern andere Überlebende finden. Aber das ist nicht das Ziel dieser Reise. Zumindest nicht für mich.«
    Zu den besänftigenden Klängen eines Streichquartetts gleitet Prosperos Schiff um die Biegung,

Weitere Kostenlose Bücher