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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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kreidebleich ist.
    Schließlich stelle ich einen Stuhl neben Henrys Bett. Ich kann nicht viel für ein krankes Kind tun, außer zu versuchen, es bei Laune zu halten, deshalb verbringe ich den Abend damit, Henry all die Geschichten zu erzählen, mit denen mir Mutter früher die Zeit versüßt hat. Wann immer es spannend wird, drückt er meine Hand ganz fest, bis er schließlich einschläft.
    Verblüfft registriere ich, dass es inzwischen stockdunkel ist. Elise berührt Henrys Gesicht. Sie tastet die Ränder um seine Maske ab, ehe sie ein Ausziehbett ausklappt und sich hineinlegt. Will steht im Türrahmen und sieht ihr zu.
    »Ich werde heute Abend wohl nicht mehr nach Hause kommen, oder?«, frage ich.
    Er schüttelt den Kopf. »Jetzt, wo er krank ist, kann ich ihn nicht nach unten bringen.«
    »Bestimmt geht es ihm bald besser«, beruhige ich ihn, auch wenn es nur eine Floskel ist. Vater hat wieder und wieder beteuert, dass es Finn bald besser gehen würde. Heute stelle ich alles in Frage, was über seine Lippen kommt, aber damals habe ich ihm geglaubt.
    »Wir sollten auch ein bisschen schlafen«, sagt er, reicht mir ein frisches Hemd und deutet auf die Kissen, die er links und rechts von Henry hingelegt hat. Vorsichtig löse ich meine Hand aus Henrys Umklammerung und stehe auf, um mich umzuziehen.
    Wenig später falle ich völlig erschöpft ins Bett und schlafe praktisch auf der Stelle ein.
    Mitten in der Nacht wache ich auf. Ich zittere am ganzen Leib und streiche mir das Haar aus dem Gesicht. Obwohl es ziemlich kühl im Zimmer ist, bin ich völlig verschwitzt. Mein einziger Gedanke gilt Elliotts silberner Spritze. Vergessen. Mein Mund ist staubtrocken, aber ich weiß, dass Will keinen Alkohol im Haus hat. Es ist mir aufgefallen, als ich die Schränke mit den Lebensmitteln aufgemacht habe.
    Will und die Kinder schlafen. Ich versuche, die Tränen zu ignorieren, die mir über die Wangen laufen und Wills Kopfkissen benetzen.
    Ich drehe das Kissen um, liege da und betrachte Henry. Erst als das frühe Morgenlicht durch die Fenster dringt, merke ich, dass er nicht länger vom Fieber glüht.
    »Ich habe dir doch gleich gesagt, dass Kinder sich manchmal etwas einfangen«, sagt Will beim Aufwachen. »Nicht jede Krankheit muss gleich tödlich sein.«
    Henry schlägt die Augen auf und blinzelt. Wahrscheinlich wundert er sich, weshalb wir alle um ihn herumstehen und ihn anstarren. Will tritt vor den Kleiderschrank, um etwas zum Anziehen für Elise herauszusuchen. Sein Hemd hängt ihm halb offen aus der Hose, und seine Tattoos schimmern im fahlen Licht.
    Zwar sind viele Typen im Debauchery Club tätowiert, aber Tattoos wie die von Will habe ich noch nie gesehen. Ich wünschte, ich könnte sie berühren.
    »Ich wollte dich schon immer fragen, was deine Tattoos zu bedeuten haben«, sage ich.
    Henry streckt sich, steht auf und geht in die Küche zu seiner Schwester. Will wirft mir einen schüchternen Blick zu; ganz anders als die Art, wie er mich im Halbdunkel des Debauchery Clubs immer ansieht.
    »Ich habe dir doch erzählt, dass ich mich früher im Debauchery District herumgetrieben habe, weil ich auf Mädchen mit zerfetzten Kleidern und ungewöhnlichen Haarfarben stehe.«
    Ihn von Mädchen im Plural sprechen zu hören, versetzt mir einen eifersüchtigen Stich.
    »Tattoos wirken unglaublich anziehend auf diese Art von Frauen.«
    »Tja, wie schön, dass du einen konkreten Grund dafür hattest«, sage ich und ärgere mich, dass mein Tonfall so vorwurfsvoll klingt. Ich habe kein Recht, über andere zu urteilen.
    »Eigentlich ist es nur die Erklärung für … die anderen Leute. Meine Mutter war Künstlerin. Die Motive stammen aus einer Arbeit, die sie gemacht hat, kurz bevor sie gestorben ist.« Einen Moment lang sieht er aus dem Fenster. »Der Druck im anderen Zimmer stammt übrigens auch von ihr.«
    »Ich will in den Park.« Henry steht im Türrahmen.
    Will schließt die Augen. Ich spüre, wie er mit sich ringt. Er will Henry keinesfalls den gefährlichen Keimen aussetzen, aber kann man einem Kind in einer Welt, in der es jeden Tag sterben kann, selbst die einfachsten Freuden versagen?
    »Wenn draußen alles ruhig ist, können wir für ein paar Minuten in den Park gehen«, sagt er schließlich. »Ich wünschte, wir könnten einen schöneren suchen, aber mir ist nicht wohl dabei, so weit zu gehen, wenn ihr alle dabei seid.« Sein Blick fällt auf meine nackten Beine und mein Kleid, das der reinste Witz ist, ehe er ihn wieder

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