Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
ich meine Maske, um zu sehen, ob sie unversehrt ist.
»Hinten in der Kutsche liegen zwei Säbel«, sagt er. »Nimm den einen. Ich werde dir beibringen, wie man damit umgeht. Du wirst nicht so enden wie dieses arme Mädchen. Niemals. Nicht, solange ich es verhindern kann.«
Er öffnet die Doppeltür auf der Vorderseite des Clubs und führt mich in einen riesigen Raum mit hoher, vergoldeter Decke und Wandmalereien von Drachen, die sich an den Überresten gefallener Ritter gütlich tun. Die Teppiche sind dunkelrot – genau dieselbe Farbe wie die blutigen Eingeweide der Ritter auf den Wandgemälden.
»Ich wusste gar nicht, dass es diesen Raum hier gibt.«
»Es ist ein Ballsaal«, sagt er.
Das ist ein eindeutiger Bruch meines Schwurs. Finn wird niemals lernen, mit einem Säbel umzugehen. Und ich weiß, wie sehr er es sich immer gewünscht hat. Als wir noch klein waren, hat er ständig mit einem Holzsäbel herumgefuchtelt, den Mutter ihm geschenkt hatte. Der Griff war goldfarben lackiert, doch er hatte ihn ständig mit sich herumgeschleppt, deshalb war die Farbe ganz abgeblättert.
Finn wird niemals einen richtigen Säbel in der Hand halten. Ich schon.
Elliott grinst. »Ich werde dir nicht beibringen, wie man kämpft, sondern nur, wie man aussieht, als könnte man es. Stell dich hier hin.« Er packt mich bei den Schultern und drückt sie nach hinten. »Halt den Säbel so.«
Die Ecken des Saals liegen in der Dunkelheit. Ein verzierter Balkon verläuft über seine gesamte Länge.
»Du musst den Säbel immer stabil halten«, sagt er. »Und aufrecht, selbst wenn ich noch so fest dagegenschlage.«
Ich umfasse den Griff mit beiden Händen und beiße die Zähne zusammen, bereit, mich seinem Schlag zu stellen.
»Hier drin kannst du deine Maske absetzen.«
»Ich behalte sie lieber auf«, sage ich. »Ich bin es gewohnt, sie zu tragen, deshalb hätte ich einen Nachteil, wenn ich sie abnehme.«
»Und du wirst jeden Vorteil brauchen, den du kriegen kannst.«
Elliott umkreist mich. Er ist erstaunlich behände und trägt seine Maske ebenfalls. Ein kleiner Sieg.
»Wenn du deine Maske abnimmst, werde ich wissen, dass die Zeit für einen Kuss gekommen ist. So wie heute im Park. Mit Will.«
»Ich habe nicht …«
Endlich greift er an. Eigentlich ist der Schreck größer als der Schmerz. Ich halte die Klinge aufrecht und starre ihn herausfordernd an.
»Tut mir leid, wenn ich dich aus deinen Träumereien gerissen habe. Was hast du mit dem Ring angestellt, den ich dir geschenkt habe?«
Er liegt immer noch auf Wills Küchentisch.
Vor Schreck lockere ich unwillkürlich meinen Griff um den Säbel. Elliott verpasst mir einen Hieb, wenn auch nur einen leichten. Seine Milde ist eine Kränkung für mich.
Wir kämpfen. Es ist still im Saal, nur das metallische Klirren unserer Klingen ist zu hören. Es hallt von den Wänden wider, doch wir bleiben stumm. Auch unsere Schritte sind nicht mehr zu hören, als wir von den reich verzierten weiß-goldenen Fliesen auf den roten Teppich wechseln. Mein Arm schmerzt. Elliott holt zum nächsten Schlag aus. Ich blocke ihn ab.
Soldaten haben sich auf dem schattigen Balkon versammelt und sehen uns zu.
»Elliott.« Ich hasse mich für den flehenden Unterton in meiner Stimme. »Du hast mir immer noch nicht gesagt, was du vorhast. Ich weiß genauso wenig wie am ersten Abend im Garten.«
Er schwingt seine Klinge direkt vor meinem Gesicht. Prompt stolpere ich über meine eigenen Füße und falle auf den Hosenboden.
»Du musst dich konzentrieren! Und halt dein Handgelenk immer so.« Er dreht mein Handgelenk ein paar Zentimeter. »Wenn du etwas ausrichten willst, wirst du die Kraft in deinem Arm verbessern müssen.«
»Ich kann meine Kraft verbessern, wo es nötig ist, egal wo.«
Er schlägt wieder zu, diesmal mit mehr Wucht, doch ich sehe die Wut in seinen Augen.
»Gut«, sagt er. »Tu immer so, als wärst du von dir überzeugt. Damit verunsicherst du deinen Gegner.«
»Immer so tun, als wäre ich von mir überzeugt«, wiederhole ich. »Genauso wie du.«
Ich rutsche auf dem glatten Boden herum, und mein Arm fühlt sich inzwischen taub an.
»Auf dem Dampfer meines Onkels habe ich mehr von mir preisgegeben als je zuvor.« Er tänzelt vor mir herum, dreht sich um die eigene Achse und fuchtelt wichtigtuerisch mit seinem Säbel vor meiner Nase herum.
»Du hast mich übers Wasser gehalten, in dem Tausende Krokodile herumgeschwommen sind.« Ich hole aus und schlage zu. Mit aller Kraft. Er lächelt
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