Die Stadt in den Sternen (German Edition)
Experimenten eine Pionierleistung zu vollbringen. Jetzt mußten sie feststellen, daß die letzten Menschen auf der Erde auch sehr gut ohne die Hilfe von LEVITAD leben konnten ...
»Spielt sich alles hier unten ab?« wollte Reanny wissen.
Jan van Sonar schüttelte den Kopf. »Nein, aber Sie dürfen jetzt noch nicht in die obere Stadt. An der Oberfläche ist die Schwerkraft geringer. Außerdem sind Sie noch nicht ausreichend an die dünne Luft gewöhnt.«
»Warum sagen wir ihm nicht die Wahrheit?« fragte Mona de Fries und stellte sich neben Reanny. »Er hat ein Recht darauf, daß wir ehrlich zu ihm sind.«
Betreten blickten die Männer zu Boden.
»Was soll das nun wieder«, wollte Reanny wissen. Er richtete sich auf und beugte sich nach vorn. Er stützte seine Hände auf die Knie und wartete auf eine Antwort.
»Die politische Verwaltung der Stadt ist gegen alle Kontakte mit der Erdoberfläche«, sagte Jan van Sonar nach einer langen Pause.
»Natürlich holt sich die schwebende Stadt ihre Rohstoffe von der Erde. Das geschieht durch automatische Robotsonden«, erklärte Mona, »allerdings sind nur wenige Plätze für den Einsatz der Sonden geeignet. Wir können nur Material verwenden, das noch nicht zu stark radioaktiv verseucht ist.«
»Die Landungen der Robotsonden werden noch innerhalb der Wolken künstlich entseucht«, warf Jan van Sonar ein, »das ist übrigens auch mit Ihnen geschehen. Als Kilian und ich zu Ihnen kamen, wollten wir nur eine letzte Überprüfung machen. Wie Sie wissen, ist daraus aber nichts geworden.«
»Heißt das, daß ich radioaktiv bin?« fragte Reanny und hob die Brauen.
»Nicht direkt radioaktiv«, sagte Mona, »aber bisher hatten alle Menschen, die wir in die Stadt holten, ziemlich schwere Strahlenschäden.«
»Auf jeden Fall tut es nicht weh«, grinste Reanny. »Selbst wenn ich verseucht sein sollte, hat mich das bisher noch nie gestört.«
»Sie sind relativ sauber«, sagte einer der Ärzte.
»Vielen Dank für das Kompliment«, entgegnete Reanny ärgerlich.
»So war das nicht gemeint.«
»Schon gut, aber jetzt würde mich interessieren, was Sie mit mir beabsichtigen. Ich werde das dumme Gefühl nicht los, daß Sie alle hier Ihre Kompetenz etwas überschritten haben. Sie haben mich in diese Stadt geholt, okay – da bin ich nun, aber wie geht es weiter? Muß ich mich so lange verstecken, bis Sie mich zurückbringen, oder bin ich vielleicht für irgendeinen Zoo vorgesehen?«
»So schnell wie möglich wieder abschieben«, murmelte Kilian de Fries.
Reanny stand auf. Er machte zwei Schritte nach vorn. Direkt vor Kilian de Fries blieb er stehen. Er hob den Kopf und schob sein Kinn vor. »Schade«, flüsterte er leise, »wirklich schade, daß Sie so zerbrechliche Knochen und so wenig Gehirnmasse haben.«
Mit einem Ruck drehte er sich um und ging an den schweigend zurückweichenden Mitgliedern der Tafelrunde entlang.
»Ich glaube, jetzt bin ich mal an der Reihe. Und damit wir uns gleich verstehen: Diese Stadt erhielt durch Gelder von der Erde eine Überlebenschance. Daß sie den Schwarzen Krieg überstanden hat, war nicht Ihr Verdienst.«
Reanny ging zu Kilian de Fries zurück. Er tippte ihm mit dem Finger gegen die Brust. De Fries wich bis zur Wand zurück.
»Nichts im ganzen Universum ist umsonst zu haben«, stellte Reanny fest, »und wenn Sie glauben, daß ich ein hübsches Versuchsexemplar mit großen, staunenden Kinderaugen bin, dann muß ich Sie enttäuschen. Aber es trifft sich gut, daß ich schon einmal hier bin. Denn jetzt werden die Zinsen fällig für den Kredit, den die Erde Ihnen vor dem Schwarzen Krieg gewährt hat. Deshalb verlange ich, mit den verantwortlichen Männern dieser Stadt zu sprechen, und zwar sofort!«
»Peter«, rief Mona de Fries entsetzt, »Sie sind verrückt! Das dürfen Sie nicht verlangen.«
»Tut mir leid«, sagte er mit einem bedauernden Lächeln, »tut mir wirklich leid, wenn ich den jungen Forschern einen Strich durch die Rechnung gemacht haben sollte.« Er hob seine Stimme. »Aber dort unten auf der Erde gibt es eine kleine, häßliche Vulkaninsel. Sie heißt Semisopochnoi und gehört mir. Wir haben dort unten keine Levitan-Spulen, und unser Krankenhaus besteht aus einem alten Holzkasten mit ein paar Kräutersalben und immer wieder aufgekochten Mullbinden. Unsere Experimente beschäftigen sich damit, Shetland-Fohlen am Leben zu erhalten. Als der Schwarze Krieg die Erde verwüstete, lebten 180 Menschen auf Semisopochnoi, jetzt sind es
Weitere Kostenlose Bücher