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Die Stadt - Roman

Titel: Die Stadt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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zielte auf Benjamins Brust. »Nicht schlecht, zugegeben. Aber was ist er schon im Vergleich mit all dem hier?« Er breitete die Arme aus und lachte laut. »Was würde Hannibal jetzt wohl sagen?« Dago lachte erneut, drehte den Colt elegant und schob ihn ins Halfter zurück.
    »Er würde dich zum Teufel schicken«, sagte Louise.
    » O nein, meine Liebe. Das übersteigt seine Macht bei weitem. Er kann mich höchstens zum Teufel wünschen. Und selbst das wird er nur in Gedanken tun, nicht aber mit laut ausgesprochenen Worten, die mich verärgern könnten. Denn von jetzt an, werte Louise, haben wir das Sagen in der Stadt. Oh, keine Sorge, du und dein Begleiter, ihr bekommt natürlich euren Teil des Ruhms. Wenn wir Hannibal aus dem Gloria verjagen und den Supermarkt übernehmen, werde ich nicht versäumen, ihn darauf hinzuweisen, dass ihr uns zum Arsenal gebracht habt. Ehre wem Ehre gebührt!« Er wandte sich an den Streuner, den Benjamin nach der Begegnung
mit dem Schatten und der Kreatur auf der Straße erschossen hatte. »Hol die anderen, Alex. Wir rüsten uns aus, und anschließend knöpfen wir uns die Gemeinschaft vor.«
    »Vorher möchte ich noch etwas erledigen, wenn du gestattest. « Der Mann mit dem struppigen aschblonden Haar trat zu Benjamin und blieb vor ihm stehen. »Auch wir haben noch eine Rechnung zu begleichen«, knurrte er. »Ich habe dies für dich.«
    Er schmetterte Benjamin die Faust ins Gesicht.

Der Angriff

45
    Sie waren nur noch einige Kilometer vom Stadtzentrum und dem Gloria entfernt, als sie das polternde Brummen eines Motors hörten – es klang nach einem Patrouillenwagen der Gemeinschaft.
    »Oh, man schickt uns ein Empfangskomitee«, sagte Dago. »Sehr aufmerksam von Hannibal. Und ist es nicht angemessen, dass sich das neue Oberhaupt der Stadt chauffieren lässt?« Er winkte, und seine schwer bewaffneten Leute – mehr als hundert – stoben auseinander. Es sah gut vorbereitet aus, obwohl es improvisiert sein musste: Die Männer und Frauen liefen in verschiedene Richtungen, verbargen sich in Seitengassen und Hauseingängen. Es dauerte nur wenige Sekunden, und dann standen nur noch sechs Personen auf der Straße: Benjamin, Louise, Dago, Jasmin, Alex und ein weiterer Streuner, der ein Scharfschützengewehr vom Typ DSR 1 trug.
    Das Motorbrummen wurde lauter, und hundert Meter vor ihnen tauchte ein Wagen hinter einer Kurve auf. Er wurde sofort langsamer, als der Fahrer die Gruppe sah, und hielt schließlich an. Das Fahrzeug war verbeult; der Dachgepäckträger schien einmal abgefallen und dann wieder notdürftig befestigt worden zu sein. Die Seiten sah Benjamin nicht, aber
er vermutete dort tiefe Kratzer, wie von Krallen oder Klauen. Es war der Patrouillenwagen, mit dem sie zum Hochhaus gefahren waren.
    »Das dürfte Katzmann sein«, sagte Louise leise. »Vermutlich mit Mikado.«
    »Keinen Mucks«, knurrte Alex hinter ihnen. Er hielt eine Beretta in der Hand, und selbst ohne Augen im Hinterkopf glaubte Benjamin zu sehen, dass sie auf ihn gerichtet war.
    »Soll ich sie erledigen?« Der Streuner mit dem Scharfschützengewehr hob seine Waffe. »Es wäre überhaupt kein Problem.«
    »Aber nicht doch. Warum schießen, wenn einige freundlich Worte genügen?« Dago lachte und schlenderte dem Wagen entgegen. Benjamin bekam einen Stoß in den Rücken und folgte ihm.
    Als sie sich dem Patrouillenwagen näherten, sah Benjamin, dass tatsächlich Katzmann am Steuer saß, die Hände am Lenkrad. Neben ihm saß der kleine Mikado und sprach in sein Funkgerät.
    »Er gibt Hannibal Bescheid«, sagte Jasmin, die in jeder Hand eine Browning High Power hielt und ein Sturmgewehr M16 auf dem Rücken trug. Sie sah aus wie Lara Croft, die zu einem neuen Abenteuer aufbrach.
    »Soll er, meine Liebe, soll er«, entgegnete Dago, und sein Lächeln wuchs in die Breite. Er hob die Uzi, gab einen Feuerstoß ab und lachte.
    Die beiden Männer im Patrouillenwagen bekamen große Augen.
    »Aussteigen, wenn ich bitten darf!«, rief Dago, nickte dem Scharfschützen zu, der sein Gewehr daraufhin an die Schulter
setzte und trat noch einige Schritte näher. Er gab sich lässig und entspannt, aber es entging Benjamins Aufmerksamkeit nicht, dass er bereit war, sofort zur Seite zu springen, sollte Katzmann aufs Gas treten.
    Fahrer- und Beifahrertür schwangen auf, und zwei Männer stiegen aus, der eine kräftig gebaut, blond und mit einer weißen Narbe im Gesicht, der andere klein und dunkelhaarig.
    »Das Gewehr bleibt im Wagen, Mikado«,

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