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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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zeigen, fuhr er mit mir erst zum Volkspark. Dort spielten neben Einheimischen auch diejenigen Kurden, Pakistani, Somalier und Sierra-Leoner Schach, die den strengen Einreisebedingungen genügt hatten. Die verschiedenen Gemeinschaften betrachteten sich gegenseitig mit höflicher Scheu. An der Kreuzung zweier Kanäle zeigte er mir, sorgsam darauf bedacht, nichts eindeutig Verbotenes zu sagen, wie die Binnenschiffe der beiden Städte - Privatboote in Ul Qoma, ein paar nichtsehbare Lastkähne in Besźel - einander in komplizierten Schlangenlinien auswichen.
    »Siehst du?«, fragte er.
    Ein Mann auf der gegenüberliegenden Seite der Schleuse, halb verborgen zwischen Passanten und kleinwüchsigen Stadtbäumen, schaute zu uns herüber. Unsere Blicke trafen sich, bis er sich abwandte. Einen Moment war ich im Zweifel, dann aber entschied ich, dass er in Ul Qoma sein musste, ergo kein Grenzbruch. Ich versuchte zu erkennen, wohin er ging, doch er war zu schnell verschwunden.
    Bei der Auswahl der Sehenswürdigkeiten, die der Fahrer mir vorschlug, sorgte ich dafür, dass die resultierende Route kreuz und quer durch die Stadt führte. Ich behielt über die Spiegel im Auge, was sich hinter uns abspielte, während der Neu-Qomani, begeistert von der profitablen Fuhre, seinem Fahrgast die Schokoladenseiten der »besten aller Städte« präsentierte. Falls wir verfolgt wurden, dann von äußerst ausgebufften und vorsichtigen Spionen. Nach drei Stunden Ochsentour bezahlte ich ihm eine lächerliche Summe in einer weit härteren Währung als der, in der mein Gehalt ausbezahlt wurde, und ließ mich von ihm in einer Straße absetzen, wo zwielichtige Hacker neben billigen Secondhandläden hausten, gleich um die Ecke von Yolandas und Aikams Versteck.
    Für einige bange Momente glaubte ich, die beiden hätten mir Theater vorgespielt und sich davongemacht, doch nachdem ich mehrmals dicht an der Tür geflüstert hatte: »Ich bin's, Borlú«, wurde geöffnet, und Aikam zog mich in die Wohnung.
    »Es ist so weit«, sagte ich zu Yolanda. Irrte ich mich, oder sah sie magerer aus, schmutziger, hatte ihr Blick noch mehr von einem verstörten Tier als bei unserer letzten Begegnung? »Hol deine Papiere. Merk dir, dass du mit allem einverstanden bist, was ich oder mein Kollege zu irgendjemandem an der Grenze sagen. Und mach deinem Herzensfreund klar, dass er nicht mitkommt, denn wir wollen in der Kopula keine Szene haben. Wir bringen dich nach Besźel.«
 
    Sie brachte ihn tatsächlich dazu, dass er sich in das Unvermeidliche fügte. Erst sah es aus, als würde er sich stur stellen, aber dann konnte sie ihn doch zur Vernunft bringen. Ich traute ihm nicht zu, dass er imstande war, sich unauffällig zu verhalten.
    Wieder und wieder fragte er, weshalb er nicht mitkommen dürfe. Sie zeigte ihm ihr Notizbuch, wo sie seine Nummer aufgeschrieben hatte, und versprach, dass sie ihn von Besźel aus anrufen würde und gleich nach ihrer Ankunft in Kanada. Sie musste es hoch und heilig schwören, bis er endlich nachgab, dastand wie der typische verschmähte Liebhaber und mit Dackelblick zuschaute, wie die Tür zwischen ihm und uns ins Schloss fiel. Wir eilten durch die hereinbrechende Dämmerung zu der Ecke des Parks, wo Dhatt in einem zivilen Polizeifahrzeug wartete.
    »Yolanda.« Er nickte ihr vom Fahrersitz aus zu. »Der Nagel zu meinem Sarg.« Er begrüßte auch mich mit einem Kopfnicken. Wir fuhren los. »Wenn ich fragen darf, wem zum Teufel bist du auf die Zehen gestiegen, Mädchen? Deinetwegen stelle ich mein Leben auf den Kopf und kollaboriere mit diesem ausländischen Spinner. Auf dem Rücksitz liegt eine Uniform für dich. Meine werde ich wahrscheinlich nie wieder anziehen dürfen, sondern kann sie abgeben, zusammen mit meiner Waffe und meiner Dienstmarke.« Gut möglich, dass er nicht übertrieb.
    Yolanda starrte ihn an, bis er im Rückspiegel ihren Blick auffing. »Verdammt noch mal, hältst du mich für einen Spanner?«, schnauzte er. Sie rutschte auf der Rückbank nach unten, schälte sich aus Shirt und Jeans und zog stattdessen die Militsya- Uniform an, die Dhatt für sie mitgebracht hatte. Sie saß wie angegossen -beinahe.
    »Also, Yolanda, du tust, was ich sage, und bleibst immer dicht bei mir, egal was passiert. Für unseren möglichen zweiten Gast haben wir auch noch ein Kostüm vorrätig. Und das ist für Sie, Borlú. Erspart uns einiges an Erklärungen, hoffe ich.« Ein Jackett mit einem umklappbaren Militsya -Abzeichen. Ich klappte es auf,

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