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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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schaute mich an. Die Rechten Bürger schauten mich an. Ich spürte Ashils Zögern. Er hielt die Pistole weiter im Anschlag. »Ich bin Inspektor Tyador Borlú, Mordkommission Besźel. Ich bin nicht als Handlanger von Ahndung hier, sondern in meiner Eigenschaft als Polizist, und ich verhafte Sie, Mikhel Buric, im Namen des Gesetzes. Denn Sie haben sich eines Verbrechens schuldig gemacht.
    Schmuggel fällt nicht in mein Ressort, Politik interessiert mich nicht - mir egal, wenn Sie sich mit Ul Qoma anlegen. Ich will Sie haben, weil Sie ein Mörder sind.
    Mahalia war nicht aus Ul Qoma, und sie war kein Feind Besźels, und falls es so aussah, dann nur, weil sie den Mist geglaubt hat, den Sie ihr eingeredet haben, damit Sie das verhökern konnten, was das arme Mädchen Ihnen in gutem Glauben zugespielt hat, an die Forschungsabteilung dieses Ausländers. Alles für Besźel, von wegen! Man könnte es ja Devisenbeschaffung nennen, wenn nicht das ganze schöne Geld in ihre Tasche gewandert wäre.«
    Man sah den Rechten Bürgern an, dass sie sich zunehmend unwohl in ihrer Haut fühlten.
    »Aber Mahalia merkte, dass man sie belogen hatte. Dass sie weder half, früheres Unrecht wiedergutzumachen, noch der Ehre teilhaftig war, in geheimes Wissen eingeweiht zu werden. Dass man aus ihr eine gewöhnliche Diebin gemacht hatte. Daraufhin haben Sie Yorjavic geschickt, damit er sie Ihnen vom Hals schafft. Dieses Verbrechen fällt unter die Jurisdiktion Ul Qomas, und auch unter Berücksichtigung der Verbindung zwischen ihm und Ihnen werde ich nichts finden, was mir eine Handhabe gegen Sie gibt. Aber Geduld, wir sind noch nicht fertig. Als Ihnen zu Ohren kam, Yolanda hielte sich versteckt, glaubten Sie, Mahalia hätte sich der Freundin anvertraut. Natürlich durften Sie nicht riskieren, dass sie ihr Wissen ausplaudert.
    Schlau von Ihnen, Yorj zu sagen, er solle sie durch den Grenzkorridor erschießen, ganz legal sozusagen, jedenfalls nach den Maßstäben von Ahndung. Unglücklicherweise - für Sie - gelten sein Schuss und Ihr Befehl, diesen Schuss abzufeuern, als in Besźel begangene Verbrechen, und das gibt mir das Recht, Sie festzunehmen.«
    Ich gebe zu, selten habe ich meinen Spruch mit größerer Genugtuung aufgesagt, und Burics Gesicht war Geld wert.
    »Minister Mikhel Buric, kraft der mir von der Regierung und dem Staat Besźel verliehenen Autorität, verhafte ich Sie wegen Mordes an Yolanda Rodriguez. Sie kommen mit mir.«
 
    Sekunde um Sekunde verblüfften Schweigens. Ich setzte mich in Bewegung, ging langsam an Ashil vorbei auf Mikhel Buric zu.
    Das Tableau würde nicht lange halten. Die Rechten Bürger hatten im Allgemeinen vor uns, den in ihren Augen ineffektiven Gesetzeshütern Besźels, nicht mehr Respekt als vor der trägen Masse der Bevölkerung. Aber diese gegen Buric vorgebrachten Anschuldigungen im Namen Besźels hörten sich übel an und waren geeignet, sie und ihre politischen Ziele in ein schlechtes Licht zu setzen. Sie passten auch nicht zu den Argumenten, mit denen man ihnen diese Morde plausibel gemacht hatte, falls sie überhaupt davon wussten. Die beiden Männer schauten sich verunsichert an.
    Ashil rührte sich. Ich atmete vorsichtig aus.
    »Gottverdammte Scheiße«, sagte Buric. Er zog seine eigene kleine Pistole aus der Tasche und zielte auf mich. Ich sagte: »Oh« oder etwas Ähnliches, als ich mit weichen Knien zurückwich. Ich hörte einen Schuss, doch er klang nicht so, wie ich es erwartet hätte. Kein Knall, eher ein scharfes Seufzen, wie ein Windstoß. Ich erinnere mich, dass ich das gedacht habe und erstaunt war über meine abstrakte Beobachtungsgabe im Angesicht des Todes.
    Buric torkelte mit schlenkernden Gliedmaßen nach hinten, das weiße Hemd mit Rot bekleckst. Er warf seine Waffe weg, als hätte er einen plötzlichen Ekel davor. Nicht ich war getroffen, sondern er; das Geräusch, das ich gehört hatte, war Ashils Pistole gewesen. Buric fiel zu Boden, seine Brust war voller Blut.
    Aber jetzt, das waren Schüsse. Zwei rasch hintereinander, ein dritter. Ashil brach zusammen. Burics Leibwächter hatten ihn unter Feuer genommen.
    »Stopp, stopp!«, brüllte ich. »Nicht schießen!« Ich krabbelte im Krebsgang zu ihm hin. Ashil lag auf dem Betonboden ausgestreckt. Er ächzte vor Schmerzen.
    »Ihr beide seid verhaftet!«, fuhr ich die Rechten Bürger an, die sich anschauten, mich anschauten und ihren toten Arbeitgeber. Dieser Leibwächterjob war plötzlich in Blutvergießen ausgeartet und schrecklich

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