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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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fragte ich.
    »Ich? Was? Wie? Gar nicht, ich habe kein ...«
    »Interessant, dass Sie gleich abblocken«, bemerkte ich. Seine Reaktion bestätigte, was Vermutung gewesen war. »Sie sind nicht so dumm, die Tatsache rundweg zu leugnen, weil das Passamt über die Vergabe Buch führt. Andererseits, weshalb bringt Sie diese einfache Frage denn so aus der Fassung? Weshalb fällt es Ihnen schwer, darauf zu antworten?«
    »Können wir den Schein bitte sehen, Mr. Khurusch?«
    Er starrte Corwi ein paar Sekunden lang glasig an.
    »Den habe ich nicht hier. Er liegt zu Hause. Oder ...«
    »Oder was?«, unterbrach ich sein Gestotter. »Sie lügen. Wir bauen Ihnen eine goldene Brücke, und Sie gehen nicht hinüber. Zu dumm. Sie haben Ihr FDV nicht mehr, Ihr Dauervisum für ein Fahrzeug mit wechselndem Fahrer. Richtig? Und Sie können es nicht vorweisen, weil es Ihnen gestohlen wurde. Es ist futsch wie Ihr Lieferwagen, weil es sich nämlich in Ihrem Lieferwagen befand, in trauter Eintracht mit Ihrem uralten Stadtplan.«
    Er rang die Hände. »Ich habe Ihnen doch gesagt, ich war nicht da. Und ich habe keine Straßenkarte, ich habe ein Handy mit GPS. Ich weiß überhaupt nicht ...«
    »Nur teilweise richtig. Ihr Alibi ist bestätigt, das ist wahr. Niemand hier glaubt, dass Sie diesen Mord begangen oder auch nur die Leiche weggeschafft haben. Das ist nicht der Grund, weshalb wir etwas verärgert sind.«
    »Uns geht es darum«, nahm Corwi den Faden auf, »dass Sie uns nie von dem FDV erzählt haben. Wir wüssten nun gern, wer es genommen hat und was für Sie dabei herausgesprungen ist.«
    Er wurde schlagartig kreidebleich.
    »Lieber Gott«, flüsterte er. Seine Lippen bewegten sich, er ließ sich auf seinen Stuhl fallen. »Lieber Gott, warten Sie. Ich weiß nichts ... Ich wusste nicht ... Ich habe nichts bekommen, ich schwöre!«
    Ich hatte mir das Material vom CCTV mehrmals angeschaut. Der Lieferwagen war glatt, ohne erkennbaren Aufenthalt durch die Kopula gerollt. Kein Grenzbruch, kein Ausweichen auf deckungsgleiche Schleichwege, kein Tauschen von Nummernschildern, damit das Kennzeichen am Auto mit dem auf einem gestohlenen Passierschein übereinstimmte - der Fahrer musste in der Lage gewesen sein, den Grenzbeamten Papiere zu zeigen, die über jeden Zweifel erhaben waren. Speziell ein Dokument kam in Frage.
    »Haben Sie jemandem einen Gefallen getan?«, fragte ich. »Hat man Ihnen ein Angebot gemacht, das Sie nicht ablehnen konnten? War es Erpressung? ›Lassen Sie die Papiere im Handschuhfach liegen. Besser für Sie, wenn Sie von nichts wissen‹?«
    »Was hätten Sie sonst für einen Grund gehabt, uns zu verschweigen, dass Ihnen der Wisch abhandengekommen ist?« Corwi verstärkte den Druck.
    »Noch eine Chance«, sagte ich. »Die letzte. Also?«
    »O Gott, o Gott!« Khurusch schaute sich verzweifelt um, nach Hilfe, nach einem Mauseloch. »Bitte. Ich weiß, ich hätte die Papiere nicht im Auto lassen dürfen. Normalerweise nehme ich sie mit, ich schwöre, aber dieses eine Mal muss ich es vergessen haben, und ausgerechnet dann wird der Wagen geklaut.«
    »Deshalb haben Sie den Diebstahl nicht gemeldet, ja? Sie haben nicht gemeldet, dass der Lieferwagen gestohlen wurde, weil Sie wussten, Sie würden uns das mit dem FDV beichten müssen. Stattdessen haben Sie gehofft, die Situation würde sich von selbst erledigen.«
    »O Gott.«
    Autos von mit Visum eingereisten Besuchern aus Ul Qoma sind im Allgemeinen leicht zu identifizieren, an ihren Nummernschildern, Aufklebern und dem modernen Design, genau wie die Autos aus Besź in Ul Qoma an ihren Plaketten und der - in den Augen ihrer Nachbarn - altmodischen Linienführung. Fahrzeugpässe, speziell Fahrzeug-Dauervisa, bei denen egal ist, wer hinter dem Lenkrad sitzt, sind sowohl teuer als auch schwer zu kriegen und überdies verbunden mit strengen Bedingungen und Auflagen. Dazu gehört auch die Verpflichtung, dass man den für ein bestimmtes Fahrzeug ausgestellten Pass nicht unbeaufsichtigt in diesem Fahrzeug liegen lassen darf. Weshalb Schmugglern das Geschäft unnötig erleichtern? Leider ist es ein nicht seltenes Versehen oder Vergehen, die kostbaren Dokumente im Handschuhfach zu vergessen, oder unter dem Fahrersitz. Khurusch wusste, ihm drohte - bestenfalls - eine erhebliche Geldstrafe, dazu die sofortige und dauerhafte Entziehung seiner Einreiseerlaubnis nach Ul Qoma.
    »Wem haben Sie Ihren Lieferwagen gegeben, Mikyael?«
    »Ich schwöre bei Gott, Inspektor, niemandem. Ich weiß nicht,

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