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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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gottverdammter Schwachsinn!«
    Ich marschierte zwischen Gadlems Schreibtisch und dem auf dem Fernsehschirm bebenden Automobil hin und her. »Das ist Schwachsinn. Man will uns verarschen.«
    »Schwachsinn, sagt er«, verkündete Gadlem der Welt. »Er behauptet, man will uns verarschen.«
    »Wir sind verarscht worden, Sir. Wir brauchen Ahndung. Wie zum Teufel sollen wir mit unseren Mitteln dieses Verbrechen aufklären? Irgendwo versucht jemand, uns Knüppel zwischen die Beine zu werfen.«
    »Wir sind verarscht worden, erzählt er mir und ich betone, erzählt es mir, als wäre ich anderer Meinung, was ich, jedenfalls nach meiner letzten Gewissensprüfung, nicht bin.«
    »Ernsthaft ...«
    »Tatsächlich könnte man sagen, ich stimme in allen Punkten mit ihm überein. Selbstverständlich sind wir verarscht worden, Borlú. Hören Sie auf, herumzuwanken wie ein betrunkener Köter. Was wollen Sie von mir hören? Ja, ja, ja, das ist Schwachsinn, jemand hat uns ausgetrickst. Was soll ich dagegen unternehmen?«
    »Irgendwas! Wir müssen doch irgendwas dagegensetzen können. Wir ...«
    »Schauen Sie, Borlú.« Gadlem stützte die Fingerspitzen beider Hände gegeneinander. »Wir sind einer Meinung, was diese neue Entwicklung angeht. Wir sind beide sauer, dass Sie weiter diesen Fall am Hals haben. Aus unterschiedlichen Gründen vielleicht, aber ...« Er wischte die Bagatelle mit einer Handbewegung beiseite. »Aber hier ist das Problem, das Sie außer Acht lassen. Wir mögen uns darüber einig sein, ja, dass das plötzliche Auftauchen dieses Filmmaterials zum Himmel stinkt und dass wir uns vorkommen dürfen wie das Stück Alufolie an einer Schnur als Spielzeug für ein bösartiges Regierungskätzchen, ja, ja, ja, aber, Borlú, ganz egal, wie der Ausschuss an die Beweise gekommen ist, die Entscheidung, die er getroffen hat, ist korrekt.«
    »Haben wir die Grenzbeamten befragt?«
    »Ja, aber glauben Sie, die führen Buch über jeden, den sie durchwinken? Man zeigt ihnen einen halbwegs echt aussehenden Pass und tschüss. Daran«, er wedelte mit der Hand in Richtung des Fernsehers, »ist nicht zu rütteln.«
    Er hatte recht. Ich schüttelte den Kopf.
    »Wie klar und deutlich zu erkennen«, fuhr Gadlem fort, »hat der Lieferwagen keinen Grenzbruch begangen, ergo gibt es keinen Grund, Ahndung zu ersuchen.«
    »Okay. Und was nun?«
    »Nun setzen Sie Ihre Ermittlungen fort. Sie haben sie angefangen, Sie schließen sie ab.«
    »Aber angefangen hat es ...«
    »... in Ul Qoma, ich weiß. Sie gehen rüber.«
    »Wie bitte?«
    »Ab sofort handelt es sich um eine bilaterale Ermittlung. Die Kollegen in Ul Qoma haben sich zurückgehalten, solange der Duft von Ahndung in der Luft hing, doch nun ist es ihr Mordfall, weil aus den Beweisen hervorgeht, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Tat auf ihrem Staatsgebiet verübt wurde. Sie werden die Freuden grenzübergreifender Zusammenarbeit genießen dürfen, Borlú. Man hat um Amtshilfe nachgesucht. Verkörpert in Ihrer Person. Vor Ort. Sie gehen nach Ul Qoma als Gast der dortigen Militsya und werden den Beamten der Mordkommission beratend zur Seite stehen. Niemand ist so gut über den Stand der Ermittlungen im Bilde wie Sie.«
    »Das ist albern. Ich kann denen einen Bericht schicken ...«
    »Nicht schmollen, Borlú. Was ist schon ein Bericht? Die Kollegen auf der anderen Seite brauchen mehr als ein paar Blatt Papier. Dieser Fall windet sich schon jetzt heftiger als ein Wurm an der Angel, und Sie sind der Mann, der ihn bearbeitet. Kooperation ist gefragt. Gehen Sie hinüber, reden Sie mit denen. Bleiben Sie am Ball. Wenn die jemanden verhaften, wollen wir den- oder diejenigen hier ebenfalls vor Gericht stellen, wegen Diebstahl, Leichenschändung und so weiter. Sehen Sie nicht auch den Anbruch einer aufregenden neuen Ära sich wechselseitig befruchtender Polizeiarbeit?« Er zitierte aus einem Traktat, das wir mit dem letzten Upgrade unserer Software erhalten hatten.
    »Die Chancen, dass wir den Mörder finden, sind eben in den Keller gefallen. Ohne Ahndung landet der Fall nach einer schicklichen Frist im Archiv unter ›ungelöst‹.«
    »Sagt er mir. Ich stimme zu. Also gehen Sie rüber und sorgen Sie dafür, dass die Chancen sich verbessern.«
    »Für wie lange gedenkt man mich auszuleihen?«
    »Halten Sie alle paar Tage Rücksprache mit mir. Wir werden sehen, wie die Dinge sich entwickeln. Zieht es sich zu lange hin, müssen wir neu verhandeln - schlimm genug, dass ich die nächste

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