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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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mit der Wahrheit und nichts als der Wahrheit herauszurücken.«
 
    Mittels Schmeichelei, Überredungskunst und unter Zuhilfenahme ihrer eigenen Computerkenntnisse hatte Corwi sich innerhalb weniger Stunden in den Besitz der gewünschten Informationen gebracht. Das zu bewerkstelligen, dem Amtsschimmel Beine zu machen, war ein echtes Dressurkunststück.
    Während sie die von mir gewünschte Recherche betrieb, saß ich mit Khurusch in einer Zelle und fragte auf verschiedene Art und immer wieder neu formuliert: Wer hat Ihren Lieferwagen gestohlen? und Wer hat Ihren Passierschein gestohlen? Er jammerte und verlangte nach seinem Anwalt. Ich versprach, ihn rufen zu lassen. Zweimal versuchte er aufzubrausen, aber die meiste Zeit wiederholte er nur, er wisse nichts und habe den Diebstahl von Auto samt Visum nicht angezeigt, weil er Schwierigkeiten befürchtete. »Besonders weil man mich bereits wegen Nachlässigkeit verwarnt hatte.«
    Nach Feierabend saßen Corwi und ich in meinem Büro, um die von ihr beschafften Informationen durchzuarbeiten. Vor uns lag eine lange Nacht, wie ich Corwi gewarnt hatte.
    »Unter welcher Anklage wird Khurusch festgehalten?«
    »Momentan selbstverschuldeter Verlust des FDV, unterlassene Meldung einer Straftat. Abhängig von dem, was wir gleich noch finden, könnte man noch Beihilfe zum Mord hinzufügen, aber ich habe das Gefühl ...«
    »Sie denken, er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun?«
    »Er ist kaum ein kriminelles Genie, oder?«
    »Ich sage nicht, dass er etwas geplant hat, Chef. Er mag auch nichts gewusst haben, nichts Genaues wenigstens. Aber glauben Sie wirklich, er hat keine Ahnung, wer sich seinen Lieferwagen angeeignet hat? Oder dass man damit etwas vorhatte, das nicht ganz koscher war?«
    Ich wiegte den Kopf. »Sie haben ihn nicht erlebt.« Ich zog die Kassette seines Verhörs aus der Tasche. »Werfen Sie ein Ohr hinein, sobald wir etwas Luft haben.«
    Sie saß an meinem Computer, sortierte die vorhandenen Informationen in entsprechende Tabellen. Meine gebrummelten vagen Ideen übersetzte sie in Schaubilder. »Das bezeichnet man als data mining«, bemerkte sie zum Nutzen meiner Allgemeinbildung.
    »Wer von uns ist der Kanarienvogel?«, fragte ich. Sie gab keine Antwort. Sie tippte und trank starken Kaffee, »anständigen Filterkaffee«, und äußerte sich in herabsetzender Weise über meine Software.
    »Hurra. Jetzt haben wir alles schwarz auf weiß.« Es war zwei Uhr durch. Ich schaute aus meinem Bürofenster auf Besźel bei Nacht. Corwi strich die Blätter glatt, die sie ausgedruckt hatte. Von unten tönte gedämpftes Hupen herauf und das amorphe Rauschen des späten Verkehrs. Ich rutschte auf meinem Stuhl herum, die mit Koffein veredelte Limonade, die ich reichlich konsumiert hatte, drückte auf die Blase.
    »Gesamtzahl der in dieser Nacht als gestohlen gemeldeten Lieferwagen: 13.« Sie ließ den Zeigefinger die Liste hinunterwandern. »Von denen drei wiedergefunden werden, ausgebrannt beziehungsweise auf verschiedene Weise demoliert.«
    »Crash-Kids.«
    »Genau, Crash-Kids. Bleiben zehn.«
    »Wie lange, bis der Diebstahl angezeigt wurde?«
    »Alle, bis auf drei, darunter der Charmebolzen in der Zelle, gestohlen gemeldet - spätestens am Ende des folgenden Tages.«
    »Okay. Also, wo ist der, bei dem ... Für wie viele von diesen Lieferwagen ist so ein FDV ausgestellt worden?«
    Sie blätterte. »Drei.«
    »Das ist viel - drei von dreizehn?«
    »Logischerweise werden Dauervisa hauptsächlich für Lieferwagen und LKW ausgestellt; Erleichterung von Im- und Export und so weiter.«
    »Trotzdem. Wie sieht die Statistik für beide Städte gemeinsam aus?«
    »Wie, von Lieferwagen mit Passierschein? Kann ich nicht finden«, gestand sie nach einer Weile Klippklapp auf der Tastatur und Starren auf den Monitor. »Ich bin sicher, man kann es feststellen, aber im Augenblick weiß ich nicht wie.«
    »In Ordnung. Sobald wird Zeit haben, gehen wir der Sache nach. Aber ich wette, es sind im Schnitt weniger als drei von dreizehn.«
    »Sie könnten recht haben. Mir kommt es auch viel vor.«
    »Schön. Versuchen Sie's hiermit: Von diesen drei gestohlenen Lieferwagen mit Dauervisum haben wie viele Besitzer schon mal eine Verwarnung wegen Vernachlässigung der mit dem FDV verknüpften Sorgfaltspflicht kassiert?«
    Sie blätterte in den Ausdrucken, dann musterte sie mich stirnrunzelnd. »Alle drei. Scheiße. Alle drei, weil sie das Dokument im Auto haben liegen lassen. Scheiße.«
    »Richtig. Das

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