Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
Vom Netzwerk:
rötlich unterlaufene Schwellung ab.
    »›Inspektor, ich habe Informationen für Sie‹«, wiederholte Dhatt. »Wir machen weiter, bis wir unseren Mann gefunden haben. Oder unsere Frau.« Sein Blick flog zu mir, darüber hatten wir uns nicht abgestimmt. »Da sind wir stur, wir Bullen.« Er machte Miene, demselben Mann eine Backpfeife zu verpassen. Ich schüttelte den Kopf und hob unwillkürlich ein wenig die Hände. Die um den Tisch versammelten Unifs ließen verschiedene Protestlaute hören. Der Mann, den Dhatt sich als Prügelknabe ausgesucht hatte, wollte sich erheben, aber Dhatt legte ihm die andere Hand auf die Schulter und drückte ihn auf seinen Stuhl zurück.
    »Yohan, mach doch, was er will«, rief die kleine Punkerin.
    »Inspektor, ich habe Informationen für Sie.«
    So ging es um den Tisch herum. »Inspektor, ich habe Informationen für Sie.« »Inspektor, ich habe Informationen für Sie.«
    Einer der Männer sprach gedehnt, fast provozierend langsam, aber Dhatt musterte ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue und versetzte seinem Freund einen weiteren Schlag ins Gesicht. Weniger hart diesmal, aber es floss Blut.
    »Heiliges verdammtes Licht!«
    Ich stand bei der Tür, auf dem Sprung. Auf Dhatts Geheiß wiederholten alle den Satz nochmals und sagten dazu ihren Namen.
    »Nun?«, fragte er mich.
    Die zwei Frauen schieden von vornherein aus. Was die Männer anging, so hatte einer eine Fistelstimme und sprach Illit mit - vermutlich - einem Akzent aus einem Viertel der Stadt, das ich nicht kannte. Von den beiden anderen hätte es jeder sein können. Einer ganz besonders, der jüngere, Dahar Jaris, ein Halbwüchsiger in einer zerschlissenen Jeansjacke mit NoMeansNo auf dem Rücken. Der englische Druck ließ mich vermuten, dass es sich nicht um einen Slogan, sondern um den Namen einer Band handelte. Seine Stimme glaubte ich schon einmal gehört zu haben. Hätte er genau die Worte gesagt, die mein geheimnisvoller Anrufer gebraucht hatte, möglichst in demselben Alt-Illit, wäre es leichter gewesen, ihn zweifelsfrei zu identifizieren. Dhatt bemerkte, dass ich den Jungen fixierte, und zeigte auf ihn. Ich schüttelte den Kopf.
    »Noch mal«, befahl Dhatt.
    »Nein«, wehrte ich ab, aber Jaris sprudelte schon die Worte hervor. »Spricht jemand altes Illit oder Besź, die Urform?«, fragte ich in die Runde. Sie schauten sich an. Ich seufzte. »Ach ja, natürlich. Es gibt kein Illit, kein Besź und so weiter. Spricht es einer von euch?«
    »Wir alle«, antwortete der ältere Mann. Er machte keine Anstalten, sich das Blut von der Lippe zu wischen. »Wir leben in der Stadt und es ist die Sprache der Stadt.«
    »Vorsicht«, mahnte Dhatt. »Dafür könnte ich dich einlochen. Es ist der da, habe ich recht?« Er zeigte wieder auf Jaris.
    »Lassen wir's gut sein«, sagte ich.
    »Wer von euch kannte Mahalia Geary?«, fragte Dhatt. »Byela Mar?«
    »Marya«, fügte ich hinzu. »Soundso.« Dhatt angelte in seiner Tasche nach ihrer Fotografie, während ich mich in der offenen Tür zum Gehen wandte. »Es ist keiner von denen. Machen wir Schluss. Er ist nicht dabei. Mir reicht's. Gehen wir.«
    Er trat dicht an mich heran, forschte in meinem Gesicht. »Hmmm?«, flüsterte er. Ich bewegte unmerklich verneinend den Kopf. »Weihen Sie mich ein, Tyador.«
    Endlich schürzte er die Lippen und wandte sich wieder zu den Unifikationisten um. »Seid auf der Hut«, sagte er, ging, und sie schauten ihm hinterher, fünf eingeschüchterte und verstörte Gesichter, eins davon blutig und tropfend. Mein eigenes fühlte sich maskenhaft starr an, so sehr war ich bemüht, nicht zu zeigen, was ich dachte.
    »Sie verwirren mich, Borlú.« Auf der Rückfahrt hatte Dhatt es weit weniger eilig und fuhr in gemäßigtem Tempo. »Ich begreife nicht, was grade passiert ist. Sie haben mich abgewürgt, dabei war das unsere heißeste Spur. Ich kann mir nur vorstellen, dass Ihnen wegen möglicher Mittäterschaft die Muffe geht. Klar, wenn Sie einen Anruf bekommen und nicht gemeldet haben, wenn Sie die illegalen Informationen verwertet haben, ja, dann ist das Grenzbruch. Aber darum schert sich kein Schwein, Borlú. Das ist Grenzbruch ganz unten auf der Pipifax-Skala, und Sie wissen so gut wie ich, dass man so was unter den Tisch fallen lässt, wenn es uns hilft, einen dickeren Fisch an die Angel zu kriegen.«
    »Ich weiß nicht, wie das in Ul Qoma gehandhabt wird«, bemerkte ich. »In Besźel ist ein Grenzbruch ein Grenzbruch.«
    »Bullshit. Was wollen Sie mir damit

Weitere Kostenlose Bücher