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Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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aber die Fachwelt hat sich auf die neutrale Bezeichnung geeinigt.«
    »Sie haben angedeutet, dass sie keine große Leuchte ist?«
    »Da haben Sie mich falsch verstanden. Sie ist durchaus klug, nur ... Man hat nicht oft Studenten wie Mahalia.«
    »Weshalb haben Sie sie nicht bei ihrer Dissertation betreut?«
    Er schaute mich an, als glaubte er, ich wolle mich über ihn lustig machen.
    »Wegen ihrer fixen Idee, Inspektor«, sagte er schließlich. Er stand auf, wandte sich ab, schien im Zimmer hin und her gehen zu wollen, doch der Platz reichte nicht. »Die Umstände, unter denen wir uns kennengelernt haben, waren ... speziell.« Er drehte sich wieder zu uns um. »Detective Dhatt, Inspektor Borlú. Wissen Sie, wie viele Doktoranden ich betreue? Einen. Yolanda, weil kein anderer sie haben wollte. Armes Ding. Ich habe kein Büro in Bol Ye'an. Ich habe keine Festanstellung an der Universität und kann mit keiner rechnen. Wissen Sie, wie mein offizieller Titel an der Prince of Wales lautet? Ich bin ein Korrespondierender Dozent. Fragen Sie mich nicht, was das bedeutet. Oder doch, ich kann es Ihnen übersetzen: Wir sind die weltweit führende Institution auf dem Gebiet der Ul Qoma-, Besźel- und Präkursor-Forschung, und wir brauchen alle halbwegs klangvollen Namen, die wir kriegen können, und wir ködern möglicherweise sogar ein paar reiche Spinner als Mäzene für unser Programm mit deiner Reputation, aber wir sind nicht so dämlich, dir einen richtigen Job zu geben.«
    »Wegen des Buchs?«
    »Wegen Zwischen der Stadt und der Stadt. Weil ich ein bekiffter Jüngling war mit einem nachlässigen Doktorvater und einer Vorliebe für das Arkane. Ganz egal, ob du wenig später eine Kehrtwendung vollführst und sagst: ›Mea culpa, ich habe Mist gebaut, kein Orciny, tut mir leid.‹ Ganz egal, dass fünfundachtzig Prozent deiner Recherche noch immer Bestand haben und nach wie vor verwendet werden. Ganz egal, was man sonst noch tut und leistet - man wird das nicht los, und wenn man sich noch so bemüht.
    Wenn also, was regelmäßig passiert, jemand zu mir kommt - in diesem Fall Mahalia, auf der Konferenz in Besźel, wo ich ihr zum ersten Mal begegnet bin - und mir vorschwärmt, wie großartig das Werk ist, das mein ganzes Leben verkorkst hat, und dass sie nichts lieber möchte, als mit mir zusammenzuarbeiten, und wie unfassbar es ist, dass in beiden Städten keiner die Wahrheit sehen will, dass man sie sogar unter Strafe stellt, und dass sie auf meiner Seite ist ... Haben Sie übrigens gewusst, dass sie, als sie hierherkam, nicht nur ein Exemplar von Zwischen nach Besźel hereingeschmuggelt hatte, sondern mir voller Stolz erzählte, sie würde es in der Abteilung für Geschichte der Universitätsbibliothek ins Regal stellen, damit die Leute es finden und lesen, um Himmels willen? Ich riet ihr, das Buch augenblicklich verschwinden zu lassen, oder ich würde sie anzeigen.
    Ich treffe solche Leute bei so gut wie jeder Konferenz, an der ich teilnehme. Ich sage ihnen, ich habe mich geirrt, und sie glauben entweder, dass der große Zampano mich mit Geld dazu gebracht hat, meinen Überzeugungen abzuschwören, und dass ich um mein Leben fürchte. Oder dass ich nicht mehr David Bowden bin, sondern ein Androide, der aussieht wie David Bowden oder was der Fantastereien mehr sind.«
    »Hat Yolanda je über Mahalia gesprochen? War die Zusammenarbeit nicht schwierig, Sie mit Ihrer ausgesprochenen Aversion gegen die beste Freundin ...«
    »Was für eine Aversion? Es gab keine Aversion, Inspektor. Ich sagte Mahalia, ich könne nicht ihr Doktorvater sein, sie beschuldigte mich der Feigheit oder Kapitulation oder etwas in der Art, ich kann mich nicht mehr erinnern, danach hatten wir nichts mehr miteinander zu tun. Wie es schien, hat sie den Mund über Orciny gehalten, seit sie in dem Programm mitarbeitete. Ich dachte, gut, sie ist zur Vernunft gekommen. Und ich hörte, sie wäre eine ausgezeichnete Studentin.«
    »Ich hatte den Eindruck, Professor Nancy wäre ein wenig enttäuscht von ihr gewesen.«
    »Kann sein. So mancher sonst brillante Student hat ein Problem, mit schriftlichen Arbeiten zu glänzen. Trotzdem galt sie als sehr begabt.«
    »Yolanda hat kein Faible für Orciny? Sie hat sich nicht wegen Zwischen für Sie als Doktorvater entschieden?«
    Er seufzte und setzte sich wieder hin. Es wirkte wenig beeindruckend, sein fahriges Auf/Nieder.
    »Ich hatte nicht den Eindruck. Ich hätte sie nicht angenommen. Und nein, anfangs nicht, aber in

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