Die standhafte Witwe
gemein?«
»Der Plan ist klug, ob gemein oder nicht«, sagte Calum.
»Welcher Plan?«
»Der, den Ihr uns gerade dargelegt habt«, antwortete er. »Erinnert Ihr Euch nicht?«
»Sie hat wirklich ein paar Schwierigkeiten mit ihrer Erinnerung«, bemerkte Keith. »Sie kann nicht einmal die Wochentage behalten. Ja, sie trägt schon wieder das falsche Plaid.«
»Würde mir bitte einer meinen Plan erklären?«
»Wir werden ihn blenden.«
Auf Keiths abscheuliche Erklärung erklang allgemeines zustimmendes Grunzen.
Johanna sprang wieder auf die Füße. Die Männer taten es ihr augenblicklich nach.
»Ich würde vorschlagen, M’lady an den Stuhl zu binden«, murrte Auggie. »Ich bin es leid, dauernd aufzustehen.«
Johannas Schädel begann zu hämmern. Ihre Geduld war nun erschöpft. Fast brüllend befahl sie den Soldaten, sich zu setzen.
Als sie erkannte, wie laut sie gewesen war, versuchte sie, sich zu beruhigen. Vernunft war das Zauberwort. Aye, sie würde vernünftig mit diesen Wilden reden.
»Männer, es gibt immer mehr Wege in die Burg«, begann sie, indem sie ihre gesamte Selbstbeherrschung aufwandte.
»M’lady«, ließ sich Keith vernehmen. »Das hatten wir doch schon geklärt. Könnt Ihr denn gar nichts im Kopf behalten? Wir haben die Hintertür und vorne …«
»Ruhe jetzt!« brüllte Johanna. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und senkte die Stimme wieder etwas. »Ihr bringt mich noch zum Schreien, bei Gott, wirklich!«
»Ihr schreit bereits, M’lady«, bemerkte Lindsay.
Sie holte tief Atem. Bei Gott, sie würde es ihnen schon verständlich machen oder bei dem Versuch umkommen. Wenigstens ein paar der Männer erkannten bestimmt, wie sündig ihre Idee war. Den Rest mußte sie eben überzeugen. Schließlich gehörten sie alle zu ihrem Clan und standen daher in ihrer Verantwortung.
»Der Himmel möge mir helfen«, flüsterte sie.
»Was hat sie gesagt?« fragte Lindsay.
»Ich kann einfach nicht fassen, daß ihr den Mann tatsächlich blenden wollt!« schrie sie los.
»Ihr habt uns doch auf die Idee gebracht.«
»Keith, wenn ich eine Schüssel zur Hand hätte, ich schwöre, ich würde …«
»Ihr regt unsere Herrin zu sehr auf«, warnte Auggie.
Sie wandte sich wieder zu Gabriel. »Niemand wird den Mann blenden. Ich will nichts mehr davon hören. Als ich eben sagte, daß es mehr Wege in die Burg gibt, wollte ich den Männern nur etwas verdeutlichen, und ich – bei Gott, Keith, wenn Ihr jetzt wieder anfangt, mir die Türen in diesem Haus aufzuzählen, dann schmeiße ich Euch etwas an den Kopf –, aber was ich sagen wollte, war … O Himmel, ich hab’ den Faden verloren.«
»Ihr versuchtet Euch daran zu erinnern, wie man in die Burg kommt«, sagte Bryan hilfreich.
»Das ist nicht wahr«, fauchte sie. »Ich wollte euch etwas erklären, ihr dämlichen Kerle. Es gibt mehr Möglichkeiten, einen Fisch zu häuten, begreift ihr, und wenn der Mann den Weg zur Höhle nicht sehen soll, dann verbindet ihr ihm einfach die Augen, wenn ihr ihn hinführt!«
»Wir häuten hier keine Fische«, sagte Lindsay. »Wir essen sie so.«
Sie hatte plötzlich das Bedürfnis, ihn umzubringen, brachte ihn statt dessen aber nur mit einem brennenden Blick zum Schweigen.
»Ihr regt sie immer mehr auf«, brüllte Auggie. »Bei ihrer Krankheit ist das nicht gut. Junge, entschuldige dich!«
»Gabriel, du gibst mir dein Wort, daß der Nase nichts passiert«, befahl Johanna.
Ihr Mann sah sie finster an. Lindsay stammelte eine Entschuldigung, Keith hielt es für nötig, die Türen im Haus ein letztes Mal aufzuzählen, und Calum fragte sich laut, ob die Engländer tatsächlich ihren Fisch häuteten, bevor sie ihn aßen. Er kam zu dem Schluß, daß sie vermutlich ignorant genug dafür waren.
»Sollte M’lady heute nicht eigentlich unsere Farben tragen?« fragte Michael, der jüngste der Maclaurin-Soldaten, dem der Fehltritt gerade erst aufgefallen war.
Keith nickte. Resigniert sagte er: »Das sollte sie.«
»Auggie, was zum Teufel meintest du eben mit bei ihrer Krankheit! «
»Sie ist heute nachmittag ohnmächtig geworden, Clansherr«, erklärte Auggie. »Ist wie eine Tote umgekippt.«
Gabriels Brüllen ließ die Halle erbeben. Augenblicklich war Ruhe.
Noch vor zwei Monaten wäre sie entsetzt davongelaufen. Ja, sie hatte sich gut entwickelt, denn inzwischen verärgerte sie Gabriels Zorn nur noch.
Dennoch klingelte ihr sein Gebrüll in den Ohren, und sie preßte vorwurfsvoll die Hände darauf. »Mußt du das tun?«
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