Die standhafte Witwe
Johanna konzentriert. Langsam stellte er sie auf die Füße. »Glaubst du ernsthaft, daß mir das etwas ausmacht? Ich brauche kein zweites Kind. Verdammt, Weib, hast du denn noch nicht begriffen, wie sehr ich … du bedeutest mir mehr als …«
Hölle, er sülzte herum wie eine alte Frau. Ungeduldig wies er sie durch die Tür. »Krieger kümmern sich nicht um Herzensdinge«, murmelte er.
Er wirkte elend, und sie lächelte nicht. Sie wußte, daß es ihm keinen Spaß machte, seine Gefühle auszubreiten.
Und das war ein Charakterzug, den sie beide gemein hatten, wie sie plötzlich erkannte.
»Gabriel …«
»Ich will dich nie wieder die Tatsache erwähnen hören, daß du unfruchtbar bist, Johanna. Und nun hör auf, mir auf die Nerven zu gehen.«
Sie trat in die Kammer. »Vielleicht brauchst du kein zweites Kind, M’lord, aber ich bin sicher, daß du in sechs oder sieben Monaten eins hast.«
Er begriff nicht und schüttelte den Kopf. Sie nickte. »Wir bekommen ein Baby.«
Zum ersten Mal in seinem Leben war Gabriel MacBain sprachlos. Seine Frau hielt das für durchaus angemessen.
Schließlich war ein Wunder geschehen.
KAPITEL 16
»Bist du sicher?«
Er flüsterte, um seinen Sohn nicht aufzuwecken, der auf einer Matte lag. Nur sein Kopf lugte unter dem Berg von Decken hervor, die Johanna für nötig gehalten hatte, um ihn warmzuhalten.
Sie und ihr Mann lagen im Bett, Gabriel hielt seine Frau in den Armen. Sie war so erleichtert, daß sie einen kleinen Seufzer ausstieß. Endlich reagierte er. Sie hatte ihm die freudige Nachricht vor über einer Stunde mitgeteilt und dann darauf gewartet, daß er ihr endlich sagte, wie glücklich sie ihn damit machte. Doch bis zu diesem Augenblick hatte er kein Wort gesagt.
»Die Anzeichen sind alle da«, flüsterte sie zurück. »Natürlich habe ich es zuerst nicht geglaubt, weil ich ja dachte, ich sei unfruchtbar. Freust du dich auf das Baby, Gabriel?«
»Ja.«
Sie seufzte wieder. Es war zu dunkel, um seine Miene zu erkennen, aber sie nahm an, daß er lächelte.
»Glynis meinte, Frauen können bei einem Mann unfruchtbar sein, beim anderen fruchtbar. Weißt du, was das heißt?«
»Was?«
»Männer können auch unfruchtbar sein.«
Er lachte. »Dein erster Mann war es offenbar!«
»Warum freut dich das?«
»Er war ein Bastard!«
Sie konnte ihm seine Meinung kaum verübeln. »Warum können Männer nicht einmal zugeben, daß sie in einer Ehe vielleicht die Unfruchtbaren sind?«
»So ein Zugeständnis würde ihren Stolz verletzen, nehme ich an. Da ist es leichter, den Frauen die Schuld zu geben. Nicht richtig, aber leichter.«
Sie gähnte laut und herzhaft. Gabriel streichelte ihr den Rücken, und die Liebkosung machte sie schläfrig. Er fragte sie noch etwas, aber sie war zu müde zum Antworten. Sie schloß die Augen und war eine Minute später schon eingeschlafen.
Gabriel lag noch eine Stunde wach, während der er Johanna im Arm hielt und an das Baby dachte. Er hätte sich einen Jungen wünschen sollen, da ein Mann nicht genug Söhne haben konnte, um ein Imperium aufzubauen, in Wirklichkeit hoffte er aber auf ein Mädchen. Sie würde blaue Augen und gelbes Haar wie ihre Mutter haben, und wenn Gott gewillt war, Perfektion zu duplizieren, würde sie mindestens genauso keß werden.
Er fiel mit einem Lächeln auf den Lippen in Schlaf.
*
Am folgenden Morgen erzählte Clansherr MacBain seinem Clan von dem Baby. Johanna stand mit Alex neben ihrem Mann auf der obersten Stufe der Außentreppe. Sowohl die MacBains als auch die Maclaurins jubelten. Johanna und Gabriel hatten es Alex bereits erzählt, aber der kleine Junge schien nicht übermäßig daran interessiert zu sein, was ihnen bewies, daß er sich keine Sorgen über seine Zukunft machte.
Während Gabriel die Neuigkeit verkündete, konnte der Junge kaum stillstehen. Sein Vater hatte ihm versprochen, mit ihm auszureiten, und für einen Vierjährigen konnte sich jede Minute wie eine Stunde ausdehnen.
Nachdem Gabriel die Gratulanten entlassen hatte, wandte sich Johanna an Calum und Keith.
»Ich habe mir einige Namen ausgedacht, die ich …«
»Gütiger Gott, Frau, Ihr dürft uns den Namen nicht sagen«, meinte Keith entsetzt.
Der Maclaurin-Soldat war bestürzt über ihre Unwissenheit. Wußte sie denn nicht, daß man den Namen für ein Neugeborenes niemals vor der Taufe verraten sollte? Nachdem er sich wieder gefaßt hatte, fühlte er sich in der Lage, sie danach zu fragen.
»Ich hatte mich nie viel um Traditionen
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