Die standhafte Witwe
bring Alex in meine Kammer. Du bist jetzt verantwortlich für ihn. Versprich, daß du auf ihn aufpaßt!«
»Ich verspreche es«, antwortete er. »Und wo wirst du sein, während ich den Jungen im Auge behalte?«
»Ich habe keine Zeit für Erklärungen«, antwortete sie. »König John hat eine Armee geschickt, die viermal so stark ist wie unsere.«
»Wir haben bisher immer überlebt, Kind. Wir werden auch jetzt überleben.«
Johanna war der Preis zu hoch, um sich auf Diskussionen einzulassen. Sie wollte niemanden sterben sehen, nur weil sie mit Englands König Streit hatte. Und sie war überzeugt, daß sie die einzige war, die ein Massaker verhindern konnte.
»Der König hat meinen Bruder betrogen«, sagte sie. »Er hat ihn hinterhältig getäuscht, und deswegen werde ich die Wahrheit dazu benutzen, ihn aufzuhalten, bevor es zu spät ist.«
Johanna küßte Alex und reichte ihn dann Auggie. »Geh«, flüsterte sie. »Ich muß wissen, daß ihr beide sicher seid.«
»Wenn es zu gefährlich wird, verstecke ich mich mit dem Jungen. Ich bringe ihn zurück, wenn alles vorbei ist.«
»Wie willst du denn aus den Mauern hinauskommen?«
»Ich habe meine Mittel«, prahlte Auggie. »Jetzt hör auf zu jammern, Junge. Ein Abenteuer liegt vor uns. Wir holen jetzt unsere Holzschwerter und kämpfen.«
Johanna blieb noch einige Minuten in Auggies Hütte. Sie kniete nieder und betete um Mut.
Als sie fertig war, schlug sie das Kreuz und stand auf. Clare und Keith standen in der Tür und beobachteten sie.
»Sie schwärmen den Hügel herauf. M’lady«, sagte Keith. »Wir müssen einen Weg finden, Euch hinauszubringen. Gegen diese Anzahl Soldaten können wir uns nicht verteidigen.«
Clare versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten. »Papa und Nicholas werden bestimmt umgebracht werden. Ich habe noch nie so viele Soldaten gesehen, Johanna. Was sollen wir bloß tun?«
»Ich habe einen Plan«, verkündete Johanna. »Sie sind doch wegen mir hier, nicht wahr? Keith, Ihr werdet mich ihnen einfach ausliefern.«
Er schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht, M’lady.«
»Ihr habt leider keine Wahl«, entgegnete sie. »Hört genau zu. Dies ist ein Überraschungsangriff, richtig?«
Er nickte, und sie fuhr fort. »Wenn wir Zeit gehabt hätten, uns vorzubereiten, was hättet Ihr getan?«
»Unsere Verbündeten herbeigerufen«, antwortete Keith. »Und mit ihnen wären wir dem Feind zahlenmäßig überlegen. Die Kunde geht bestimmt schon um wie ein Lauffeuer, denn eine derart große Armee bleibt im Hochland natürlich nicht unbemerkt. Die meisten unserer Verbündeten sind allerdings im Norden und haben wahrscheinlich gerade erst davon gehört. Dennoch werden sie kommen.«
»Aber dann wird es zu spät sein, richtig?«
»Es gibt immer Hoffnung, M’lady.«
»Es gibt auch einen besseren Plan«, erwiderte sie. »Wenn ich freiwillig den Soldaten entgegentrete, dann werden sie sich zurückziehen.«
»Sie bringen dich nach England zurück«, schrie Clare auf. »Ja, aber nur, wenn Keith nicht rechtzeitig angreifen kann. Wie lange braucht Ihr, um genug Männer zusammenzubekommen?«
»Einen vollen Tag«, antwortete er.
»Gabriel kann noch nicht in England sein. Er wird es gehört haben. Zählt ihn dazu.«
Keith wollte sich trotz Johannas Bemühungen nicht überzeugen lassen. Er beharrte stur darauf, daß er sein Leben für das ihre geben würde.
Und so mußte sie sich unlauterer Mittel bedienen. Sie tat, als würde sie aufgeben, und Keith bat sie, mit Clare zurück in die große Halle zu gehen und dort zu bleiben, bis er jemanden schickte, der sie heimlich hinausschleuste.
Johanna nickte brav. Sie gingen den Hügel hinauf, doch sobald Keith auf sein Pferd gestiegen und fortgeritten war, wandte sie sich an ihre Freundin.
»Du mußt mir helfen«, begann sie. »Du weißt, daß es keine andere Möglichkeit gibt, Clare. Mir wird nichts passieren.«
»Das kannst du nicht wissen, Johanna«, flüsterte Clare voller Angst. »Was ist mit deinem Baby?«
»Uns wird nichts zustoßen. Raulf weiß nicht, daß ich schwanger bin, und die Falten des Plaids verbergen meinen Zustand.« Sie nickte und sagte noch einmal: »Uns wird nichts zustoßen.«
»Und wenn Baron Raulf die Armee anführt? Wie willst du verhindern, daß er dir etwas tut?«
»Ich habe inzwischen vergessen, wie man sich feige versteckt«, sagte Johanna, und in ihrer Stimme lag Trauer. »Außerdem will ich seine Wut nicht entfachen. Clare, ich liebe meinen Bruder und all diese guten
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