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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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– zum zweiten Mal in zwei Tagen – der Sklave den Herrn übertölpelt hatte.
    Ein weites Stück voraus, war Ravan erneut am Bibbern. Er klammerte sich an das Lenkrad, als wäre es ein Rettungsring auf stürmischer See, und wich dem ersten Polizeiwagen nicht von der Stoßstange. Ihm verschwamm alles vor den Augen, und Hemd, Unterwäsche und Hose klebten ihm schweißnass am Leib. Er wusste, dass es nur eine Frage von Minuten war, bis er am Lenkrad die Besinnung verlieren würde. Der einzige Gedanke, der ihn noch aufrecht hielt, war der, dass diese Art zu fahren tödlich enden würde, womit er die Sorge um Drei Komma Eins und die Ware im Kofferraum ein für allemal los wäre. Es gab jedoch auch einen Plan B: Da er zwischen zwei Polizeiautos eingeklemmt war, mussten sie ihn früher oder später schnappen – worauf zum Teufel warteten sie eigentlich? – und ihn einbuchten, und dann hätte er die nächsten paar Jahre lang in seiner Zelle Ruhe gehabt. Aber die Polizei schien die Straße extra für ihn freigeräumt zu haben. In Panvel gab sie die Verfolgung auf, und er war allein und parkte sein Taxi auf der felsigen Anhöhe, auf der das Alibag International Hotel stand.
    Das einzig Internationale am Hotel war der Name. Es war eine elende Bruchbude, heruntergekommen, verwahrlost und praktisch ohne Gäste. Zu bieten hatte es allerdings einen umwerfenden Blick auf das Meer und, weit in der Ferne, die Fata Morgana einer mythischen Stadt namens Bombay. Doch Ravan starrte auf die munteren Fluten und die Aussicht jenseits von ihnen mit blinden Augen. Als Bashir Akhtar zweieinhalb Stunden später mit seinem Ambassador eintraf, zog er wortlos den Zündschlüssel des Taxis, öffnete den Kofferraum und überprüfte die Ware.
    â€žHol Ahmed, Rajaram und Shafique“, befahl Bashir Akhtar seinem Fahrer, „und hilf ihnen, die Ware raufzuschaffen. Dann kommst du wieder runter und leistest unserem Freund hier Gesellschaft. Du lässt ihn nicht aus den Augen, egal, wie spät es wird. Ich lass dir Essen runterbringen. Wenn er aufs Klo will, achte darauf, dass er die Tür offen lässt. Vergiss nicht, dass er uns lieb und teuer ist und wir ihn nicht verlieren wollen!“
    Als Bashir Akhtar wieder aus dem Hotel herauskam, war es halb zehn Uhr abends.
    â€žDu bist ein richtiger Komiker, hab ich recht? Eine regelrechte Lachkanone, genau das bist du. Aber das Komischste ist, ich krieg beim besten Willen nicht mal ein Grinsen zustande. Und willst du wissen, warum?“ Er packte Ravan bei den Hoden und quetschte sie, bis Ravan schrie und schrie und schließlich nicht einmal das mehr fertigbrachte.
    Solange er, seit sie Cuffe Parade verlassen hatten, in der Gewalt dieses Irren gewesen war und hatte befürchten müssen, jeden Augenblick von der Polizei geschnappt zu werden – und vor allem seine Ware zu verlieren –, hatte Bashir Akhtar sich beherrscht. Er hatte so inbrünstig wie nie zuvor zu Allah gebetet, und in seiner Barmherzigkeit hatte der Herr, und mit ihm der Pir Haji Ali, Mitleid mit ihm gehabt. Es war nichts weniger als ein Wunder, dass er entkommen war, aber jetzt, da er Ravan gegenüberstand, mussten all seine aufgestaute Wut und seine Anspannung heraus. Niemand konnte Bashir Akhtar so behandeln und hoffen, ungestraft davonzukommen. Das war eine Lektion, die er seinen Feinden nicht oft genug erteilen konnte – erst recht aber, und davon war er überzeugt, seinen eigenen Soldaten und Freunden.
    Er hatte dafür gesorgt, dass seine Männer ihm zusahen. „Hast du eine Ahnung, um wie viel es bei diesem Deal ging, du Mutterficker?“, schrie er außer sich vor Wut, während er auf Ravan eindrosch. „Ich mache keine Sieben- oder Siebzigtausend-Rupien-Geschäfte! Die einzigen Beträge, die ich kenne, haben mindestens fünf Nullen hintendran! Und du hast dir wirklich alle Mühe gegeben, die Lieferung zu verbocken!“
    Ravan war mittlerweile nicht wiederzuerkennen. Die Tritte und Fausthiebe modifizierten ihn kontinuierlich. Sein Gesicht war nur noch ein verquollenes Durcheinander, Spucke und das Blut aus seinen aufgeplatzten Lippen formten eine Pfütze auf dem Boden, und an seinem Körper bildeten sich blau-violette Hämatome. Bashir Akhtar hatte inzwischen seinen Gürtel in der Hand. „Dieses Mal bist du noch mit dem Leben davongekommen.“ Bashir Akhtars Gürtel zischte durch die

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