Die Statisten - Roman
Ihnen!â
âWas? Warum sollte ich nach Amerika wollen?â
âJeder, der irgendetwas taugt, will dorthin. Sie sind da keine Ausnahme.â
Eddie wusste nicht recht, wie er auf diesen aufdringlichen Menschen reagieren sollte, den er für einen Bettler gehalten hatte. War er ein Wahrsager oder lediglich ein Bauernfänger auf der Suche nach einem gutgläubigen Trottel?
âWas sollte ich schon in Amerika?â
âIch kann ferne Horizonte in Ihren Augen erkennen. Sie sind ein Träumer mit hohen Ambitionen. Und Sie sind bereit, Ihr Letztes zu geben, um Ihre Träume zu verwirklichen. Aber dieses Land hier hat Ihnen nichts zu bieten. Im Gegenteil, es erstickt Sie! Sie wollen nach Amerika, nach Los Angeles, geradewegs nach Hollywood!â
âUnd Sie haben einen heiÃen Draht zum amerikanischen Präsidenten.â Eddie wollte zynisch klingen, aber er war beeindruckt. âUnd er wird mein Visum persönlich unterschreiben, ja?â
âGescheit, sehr gescheit. Das gefällt mir. In solchen Dingen würde ich auch niemandem vertrauen, manchmal nicht einmal einem engen Freund. Heutzutage sind einfach zu viele Schwindler unterwegs.â Der Mann sah Eddie mit neu erwachter Achtung und Bewunderung an. âWas halten Sie davon, Sahab?â
Er steckte die Hand in seine Kunstledertasche und holte einen mit einem Gummiband zusammengehaltenen Stoà Reisepässe heraus. âNur zu, schauen Sie sich die an!â
Eddie gab sich gleichgültig, zog aber doch den letzten, dann einen aus der Mitte und schlieÃlich den allerersten heraus. Alle Pässe waren mit einem Arbeitsvisum für Dubai abgestempelt.
âWas zum Teufel soll das darstellen?â Eddie war mit seiner Wortwahl sehr zufrieden. Sie unterstrich die Tatsache, dass er nicht auf den Kopf gefallen war. âIch dachte, Sie können mir ein Visum für Amerika besorgen!â
âIch sagte Ihnen doch, dass der Herr, wenn er eine Tür schlieÃt, sieben andere öffnet. Sie sollen nicht mit leerem Magen und leeren Taschen nach Amerika. Ich werde Sie nach Dubai schicken, wo Sie einen Haufen Geld verdienen werden. AnschlieÃend können Sie nach Amerika â nicht als Bettler, sondern als ein Mann, der über sein Schicksal selbst entscheidet!â
âUnd wie beabsichtigen Sie, mich mit Bargeld einzudecken?â
âDas werde ich gar nicht.â Der Mann legte eine Kunstpause ein, um seine Worte wirken zu lassen. âDas werden Sie selbst. Sie werden lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Sie werden imstande sein, mit jeder Schwierigkeit oder Krise ruhig und selbstsicher umzugehen. Doch genug geschwätzt. Kommen wir zur Sache! Was sind Sie von Beruf?â
âIch bin Schauspieler und Musiker. Ich spiele Gitarre, Schlagzeug, Klavier und notfalls auch weitere Instrumente. Aber vor allem bin ich Sänger. Es gibt kaum einen Rock-ânâ-Roll-Song, den ich nicht kenne oder singe. Und ⦠ich schreibe eigene Songs.â
Das Verhalten des Mannes hatte sich geändert. Er brauchte eine Weile, um die Information zu verarbeiten. âSie singen?â, fragte er ungläubig.
âSie glauben mir nicht?â Eddie produzierte ein paar zischendklickende Geräusche, als sei er im Dschungel, und lieà unmittelbar darauf die ersten Takte eines Gitarrenriffs folgen; und dann schmetterte er mitten auf der StraÃe vor allen Leuten, die ihn anstarrten, das Beatles-Stück âCome Togetherâ.
â Kya baat hai ! Sie sind wirklich ein Sänger! Können Sie Synthesizer spielen?â
âKlar. Warum?â
âHeute ist mein Glückstag. Ich habe eine dringende Anfrage vom Four Seasons in Dubai, die suchen einen vielseitigen Sänger für ihr luxuriösestes Restaurant.â
âWann brauchen die einen?â
âAch, die sind schlichtweg verzweifelt.â
âWie viel zahlen die?â
âMinimum tausend Dollar. Aber wenn Sie beweisen, dass Sie was wert sind â und das ist ein groÃes Wenn â, sind nach oben keine Grenzen gesetzt. AuÃerdem besitzen sie Sieben-Sterne-Hotels auf der ganzen Welt, es besteht also die Möglichkeit, Sie in New York, Paris oder Los Angeles einzusetzen, je nachdem, wo man sich am meisten von Ihnen verspricht. Und die Besten der Musik-Branche werden Ihnen beim Abendessen zuhören. Aber das alles nur, wenn Sie gut sind.â
âIch bin Ihr Mann.â
âGeht nicht.â
âWarum?
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