Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
Vom Netzwerk:
begrüßte ihn Eddie. „Gute Neuigkeiten. Der Arzt sagt, ich mache gute Fortschritte. Wenn es so weitergeht, bin ich in zwei Tagen draußen.“
    â€žDafür sind deine Mutter und Pater D’Souza in drei, höchstens fünf Minuten hier!“
    â€žDu hast mich verpfiffen! Und dabei hab ich dir vertraut. Ich wusste es, ich wusste es, du bist nicht mein Freund!“
    â€žDein Traummädchen, Sapna-ji, ist gestern Abend auf der Suche nach dir zu euch gekommen. Muss ja wahre Liebe sein!“
    Eddie war jetzt ganz Ohr. „Es kann nur um den ,Letzten Tango‘ gehen! Die Geldgeber haben sich wohl endlich entschlossen! Hat sie dir den Drehplan gegeben?“
    â€žDu kapierst es wohl nie, was? Wenn es einen letzten Tango gibt, dann tanzen ihn Mr und Mrs Sapna Sahani bereits. Jeder in der Branche weiß das, nur du nicht! Sapna-jis Mann hat einen Flop nach dem anderen gelandet und steckt bis über beide Ohren in Schulden. Sie müssen sogar ihr Haus verkaufen!“
    â€žDu hast meine Frage noch nicht beantwortet.“
    â€žSapna-ji wollte wissen, warum du seit einigen Tagen nicht mehr bei ihr warst. Sie ist völlig verzweifelt ohne dich.“
    â€žAber sie weiß nicht, wo ich gerade bin. Wie sollte sie es meiner Mutter sagen?“
    â€žWeil deine Mutter mit Sapna-ji zu uns gekommen ist und mich beschuldigt hat, dich entführt zu haben. Du weißt ja noch, ich hab deiner Familie erzählt, du seiest wegen eines Drehs nach Kaschmir gefahren! Und Sapna-ji hat ihr gesagt, das wäre Blödsinn, denn sie hätte sich bei der Statistengewerkschaft erkundigt, und du wärst seit Tagen dort nicht aufgekreuzt. Deine Mutter hat gedroht, zur Polizei zu gehen und mich anzuzeigen, und Sapna-ji war richtig scharf darauf, sie weiter anzustacheln. Mir war klar, dass deine Mutter es ernst meinte, und ich hatte keine andere Wahl, als mit der Wahrheit rauszurücken. Es tut mir leid.“
    Eddie rollte sich auf die Seite, stellte die Füße auf den Boden und stand auf.
    â€žWo willst du hin?“, fragte Ravan.
    â€žDer Arzt sagte, ich sollte langsam wieder anfangen zu gehen.“
    Wie alle männlichen Patienten in dem Krankenhaus trug Eddie Sachen, die entweder zwei Nummern zu klein oder zu groß waren. Momentan hatte er eine kragenlose weiße Krankenhausjacke an, die vorn nicht geknöpft, sondern mit jeweils vier kurzen Schnüren zugebunden wurde. Natürlich knoteten die meisten Patienten nicht die richtigen Schnüre zusammen, wodurch das Kleidungsstück grundsätzlich schief saß und die eine Schulter hochgeschoben war und die andere herunterhing. Die Hose – mexikanischer Bauernstil – reichte Eddie kaum bis zu den Waden, und da die Kordel fehlte, wurde sie von Sicherheitsnadeln oder einer Kombination aus Willenskraft und einer Hand hochgehalten.
    â€žSoll ich dir helfen?“
    â€žIch glaub, ich komm schon klar.“
    Eddie schleppte sich mühsam den Mittelgang entlang, der die vier Bettreihen teilte. Als er sich ein wenig sicherer auf den Beinen fühlte, ging er hinaus auf den Balkon. Der Himmel sah wie geprügelt aus, grau-violett, und wurde von Sekunde zu Sekunde dunkler. Der Gott des Alten Testaments musste stinksauer sein, denn man hörte ihn wüten und toben. Die Himmelssphären bebten unter seinem schweren Tritt; er demolierte himmlische Paläste, zerschmetterte Dämme und Staubecken und schleuderte einen Blitzstrahl nach dem anderen, mit denen gewaltiger Donner einherging, um klarzustellen, wer da oben der Boss war. In Bombay hatte der Monsun immer etwas Apokalyptisches, und dieses Mal rollte er mit der kompletten Palette von Pomp, Einschüchterung und Verdammnis heran. Eddie fand, das sei wohl der passendste Soundtrack, um das Sechste Gebot zu übertreten und die Folgen – Jehowas Zorn – zu erdulden.
    Die Ampeln unten an der Kreuzung waren offenbar ausgefallen, denn Autos, Laster, Motorräder, Handkarren, Kühe, ein einsamer Elefant mit seinem mahaut , Fahrräder, Taxis und Busse stauten sich auf ein paar Kilometer Länge. Eddie hätte schwören können, dass auch die Tiere angefangen hatten zu hupen, um sich nicht ausgeschlossen zu fühlen.
    Dort oben, auf dem Dach des Gebäudes am Rande der Hauptverkehrsstraße, die von Nord nach Süd verlief, war die jährliche internationale Krähenkonferenz in vollem Gange, und tausend zerfledderte, bis auf die Haut durchnässte

Weitere Kostenlose Bücher