Die Statisten - Roman
nächsten belegte sie jeden, der ihm Böses wünschte, mit einem Fluch.
Violet hatte sich schon seit Langem gesagt, dass ihr Sohn für sie tot war und es keine Rolle mehr spielte, was aus ihm wurde. Jetzt allerdings wurde ihr bewusst, dass, auch wenn sie damals jedes Wort wirklich ernst gemeint hatte, manche Behauptungen besser nicht auf die Probe gestellt werden sollten. Sie nahm den verletzten Blick in den Augen des Priesters wahr und begriff, die Sache schleunigst wieder ausbügeln zu müssen.
âTut mir leid, Pater. Ich hoffe, Sie haben nicht geglaubt, ich hätte Sie gemeint.â
Pater Agnello DâSouza war absolut sicher, dass Violet Coutinho sehr wohl ihn gemeint hatte und nicht zögern würde, ihn zu verfluchen, wenn sie das Gefühl haben sollte, er stelle eine Bedrohung für ihren Sohn dar. Aber eine Entschuldigung aus dem Mund von Eddies Mutter war ein so einmaliges Ereignis, dass es unklug gewesen wäre, sie nicht anzunehmen.
âWie konntest du deine Mutter nur so im Ungewissen lassen?â Eddie durfte auf keinen Fall vergessen, ihm, Pater DâSouza, Rede und Antwort zu stehen.
âWas hast du denn? Ist es etwas Ernstes?â, fragte Eddies Mutter ängstlich. âDu kamst unter so unglückseligen Umständen zur Weltâ, hier warf sie Ravan einen giftigen Blick zu, âdass es mich nicht wundern würde, wenn dein Herz damals einen Schaden davongetragen hätte.â
Nein, nicht das Herz. Jetzt musste er aufpassen. Was immer er hatte, musste zwar ernst sein, aber nicht so ernst, dass seine Mutter in Panik geriet und anfing, die Ãrzte auszufragen. Am sichersten würde ein goldener Mittelweg sein, etwas wie das, was Mr Sathe hatte. Wie hieà das noch mal? Verdammt! Doch, ja, das warâs. Klang ziemlich übel, war aber nicht ganz so schlimm.
âPleuritze, das hab ich.â
âPleuritze?â Violet Coutinhos Stimme war brüchig geworden. âWas ist das?â
Ravan bemerkte, dass Sathe den Kopf schüttelte, und ging an sein Bett.
âPleuritis. Nicht Pleuritzeâ, sagte Sathe leise.
Eddie sah zu seiner Erleichterung, dass seine Mutter nicht ihn, sondern Pater Agnello Erklärung heischend anschaute. Dem Priester lag viel daran, seine Autorität zurückzugewinnen, und nickte weise.
âPleuritze? Hmmm. Hmmmmmmm.â
Sathe versuchte krampfhaft, Eddies Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, während er gleichzeitig lautlos das Wort âWasserâ artikulierte.
âWasser ⦠Wasser sammelt sich an.â
âWasser? Wo?â, fragte Violet, jetzt panisch.
Oh heiliger Herrgott, in was hatte er sich nur hineingeritten? âIm Kopf.â
Ravan sah, dass Sathe die Augen verzweifelt zusammenkniff und sich mit der rechten Hand gegen die Stirn klatschte. âStimmt was nicht?â, flüsterte er.
âNichts stimmt! Pleuritis, nicht Pleuritze. Und die Flüssigkeit sammelt sich in der Brust an, nicht im Kopf.â
âOh, nein! Und was passiert jetzt?â, stöhnte Violet.
Um Eddie zu sagen, dass er von der Pleuritze auf die Pleuritis umsteigen sollte, entschied Ravan, war es jetzt zu spät. âDu solltest dich hinlegen, Eddie, und ruhen.â Ravan schüttelte Eddies Kissen auf und strich das Laken glatt.
âSag diesem Mann, dass er aufhören soll, sich in unser Gespräch einzumischen!â
âDas Wasser ist in der Brustâ, flüsterte Ravan Eddie ins Ohr, während er Mrs Coutinho liebenswürdig zulächelte.
âInzwischen haben sie das Wasser vom Gehirn in die Brust runtergeholt, Mama.â
Sathe befand, es sei an der Zeit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und Eddie davor zu bewahren, sich noch tiefer in den Schlamassel zu reiten.
âKein Grund zur Sorge, gnädige Frau. Die Medikamente trocknen die Flüssigkeit aus, und Ihr Sohn ist bald wieder gesund.â
Violet beäugte Mr Sathe mit Argwohn. Sie schätzte es nicht, wenn sich ein Fremder in ihre Privatangelegenheiten einmischte. âWer ist das?â
âDas ist Mr Sathe. Er hat eine doppelte Pleuritze. Im Kopf und in den Nieren.â
Violet Coutinho bekreuzigte sich und kniete nieder. Pater DâSouza tat es ihr nach, und Eddie schloss sich den beiden an. Während die übrigen Patienten den Coutinhos und ihrem Priester wortlos beim Beten zuschauten, murmelte Peter Alvares verächtlich: âHüte dich, Eddie Coutinho, du kannst deine Familie zum
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