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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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ich eine hinduistische Reinkarnation oder eine christliche Auferstehung zustande.
    Pass auf dich auf. Zahle deine Schulden. Wie bisher auch wird man mich auf dem Laufenden halten.
    Khuda hafiz

    Am Tag, nachdem Ravan den Brief erhalten hatte, lärmten die Schlagzeilen aller Zeitungen: „Ex-Mafiaboss Bashir Akhtar stirbt in einem Kugelhagel“; „Einsatzkommando tötet Drei Komma Eins“; „Das Ende der Bandenkriege in der Stadt? Bashir Akhtar in Dschungelversteck erschossen“.
    Stimmte das wirklich? Offenbar. Die Zeitungen brachten Fotos vom durchsiebten Leichnam des Mannes, der Ravans unerbittlicher Brieffreund gewesen war. Die Fotos waren leicht unscharf, als habe sie ein Amateur aufgenommen. Und ein Teil des Gesichts war weggeschossen worden. Aber es bestand kein Zweifel an ihrer Echtheit. Ravan hätte dieses Gesicht überall erkannt. Warum fiel es ihm bloß so schwer, die Story zu glauben?

28
    Besprechungen hatte ohnehin niemand erwartet, und selbst der Kinostart von „HullaGulla“ war keiner der größeren Tageszeitungen Bombays auch nur eine Notiz wert. Die Fachblätter vermeldeten lustlos, dass „HullaGulla“, das Erstlingswerk des Regisseurs Kapil Chandok, alias ClickClick Kapil, eine schrille Gaunerkomödie war und dass die mageren Wochenendeinnahmen ihm ein baldiges Ableben verhießen. Mit Unterstützung des Verleihs, fügte eine der Zeitungen boshaft hinzu, würde er vielleicht statt nur vier Tage eine volle Woche laufen, es sei aber fraglich, ob jemand bereit wäre, verlorenem Geld noch welches hinterherzuwerfen. Als für die zweite Woche keine Kartenvorverkäufe angekündigt wurden, schien das Schicksal von „HullaGulla“ besiegelt. Doch dann wurde es Freitag, und während vier der sieben Kinos, in denen der Film angelaufen war, ihn abgesetzt hatten, verlängerten ihn die verbliebenen drei um eine Woche.
    Bereits am folgenden Montag stand „Big fish eat small fish“ bei Rhythm House, dem Plattenladen, der zum inoffiziellen Index der Plattenindustrie geworden war, auf Platz neun der Top Twenty der Hindi-Filmsongs. Die Woche darauf hatte „Big fish“ Platz eins erreicht und würde dort vierzehn Wochen bleiben, bis „Ro le, ro le“, Asmaans Parodie auf schmalzige, schnulzige Raj-Kapoor-Songs, ihn von der Spitze verdrängte und auf Platz vier verbannte. Noch bemerkenswerter war, dass „HullaGulla“ sogar den neuen Rekord aufstellte, elf seiner siebzehn Songs an neun aufeinanderfolgenden Wochen gleichzeitig in den Charts zu haben. Die wirkliche Überraschung aber war „Tera kya hoga Bhagvaan“, das religiöse Lied, das alles andere war als das. R & E – so das Kürzel, unter dem das Duo bald in der Filmmusik-Branche bekannt wurde – hatten es im melodischen Rahmen eines traditionell andächtigen Gesangs komponiert, doch die Rhythmusbegleitung hatte einen so unwiderstehlichen hämmernden Beat, dass es im Nu zum absoluten Disko-Hit wurde.
    Als die Kritiker im Dezember die obligatorische jährliche Besprechung der zehn schlechtesten und zehn besten Filme des Jahres vorbereiteten, wussten sie nicht so recht, wie sie auf „HullaGulla“ reagieren sollten. Was sollten sie von einer eklatant amoralischen schwarzen Komödie um einen Mann und eine Frau namens Raja und Rani halten, denen ehrliche Arbeit und ein anständiger Lebenswandel ein Gräuel sind; die lieber unschuldige Leute und die korruptesten Polizeibeamten, Bürokraten und Politiker reinlegen, als selbst reingelegt zu werden; die davon überzeugt sind, die Ehe sei der schnellste Weg zu Kummer, Leid und Trennung; die stolz darauf sind, Schwindler, Bauernfänger und Großbetrüger zu sein? Man stelle sich einen Hindi-Filmhelden vor, der einem ins Gesicht sagt: „Arbeit ist eine Religion. Leider haben mich meine Eltern streng atheistisch erzogen. Darum lasse ich die Finger davon. Aber ich bin großzügig und gestatte den anderen die Freiheit zu arbeiten und beziehe meinen Lebensunterhalt von ihnen.“ Das war zwar schlimm genug, doch konnte man das zumindest auf diese neumodische Masche „Antiheld“ schieben. Doch was sollten die Rezensenten von einer Heldin halten, die erklärt: „Stehlen ist ein wahnsinniger Kick. Es ist besser als Koks und Sex zusammen. Es ist Adrenalin pur!“ Und dann dem Publikum direkt ins Auge schaut und hinzufügt: „Ihr solltet es

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