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Die Statisten - Roman

Die Statisten - Roman

Titel: Die Statisten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A1 Verlag GmbH
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schaffen!“
    â€žIch hoffe, es wird so ausgehen, wie du es dir wünschst.“
    â€žWarum sollte es das nicht? Du glaubst wohl, ich bin nicht talentiert genug, ist es das?“
    â€žIch habe überhaupt kein Gehör, Eddie, ich bin die einzige Unmusikalische in der ganzen Familie. Aber ich bezweifle, dass es reicht, begabt zu sein. Man braucht auch Glück.“
    â€žWarte nur ab! Ich werde mein Glück schon selbst in die Hand nehmen. Was ist jetzt mit dem Geld? So viel sind fünftausend ja nun nicht.“
    Pieta lächelte kläglich. „Stimmt, wenn man eine große Nummer ist. Ich bin bloß eine Sekretärin, und nicht einmal die persönliche Assistentin des Direktors, nebenbei gesagt. Du weißt, wie wenig ich verdiene. Und alles, was reinkommt, gebe ich Mama. Und sie gibt mir davon zweihundert für meine Ausgaben zurück.“
    â€žWas ist mit deiner Altersvorsorge? Du hast doch mittlerweile bestimmt zwanzig- oder dreißigtausend angespart.“
    Pieta lachte. „Wenn ich in Rente gehe, werde ich vielleicht so viel beisammen haben. Ich bin erst letzten August fest eingestellt worden. Wenn mein Chef gut gelaunt ist, erlaubt er mir vielleicht, fünfhundert Rupien von meinem Rentenkonto zu leihen – das wäre aber auch das Höchste der Gefühle. Er könnte aber auch Nein sagen. Würden fünfhundert reichen?“
    â€žWo komme ich mit fünfhundert schon hin?“, fragte Eddie verächtlich. „Nach Delhi vielleicht. Wenn’s hoch kommt, nach Kalkutta.“
    Das war ja eine schöne Schwester! Er hatte fest damit gerechnet, dass sie ihn zu Ruhm und Prominenz katapultieren würde, und sie hatte nichts anderes zu bieten als die rührselige Geschichte, sie würde Mama ihr ganzes Gehalt aushändigen! Wenn sie wirklich gewollt hätte, dann wäre sie zu ihrem Chef gegangen und hätte ihm ein Ultimatum gestellt: Entweder Sie leihen mir fünftausend, oder ich kündige! Verdammt, im umgekehrten Fall, wenn sie ihn um Hilfe gebeten hätte, dann hätte er sich ein Bein ausgerissen, oder sogar zwei. Das war vielleicht übertrieben, aber Tatsache war, dass er mit dem, was er mit den Bombshells in einem Monat verdiente, nicht einmal eine Woche hätte überleben können. Sie war seine Schwester, die einzige, die er hatte, und sie war älter als er. Sie war es ihm schuldig.
    Er hätte es wissen müssen, dass Pieta nichts ausspucken würde. Er hatte Mist gebaut. Er hatte sich verzockt. Er hätte bei seiner ursprünglichen Geschichte vom Pathan aus Kabul bleiben, aber die geschuldete Summe auf realistische siebentausend runterschrauben sollen. Dann hätte Pieta ihre Mutter in die Sache eingeweiht. Violet hätte ihm die Hölle heiß gemacht und sich an Pater D’Souza gewandt, aber so oder so hätte sie Pieta unter Druck gesetzt, damit sie Geld von ihrem Arbeitgeber besorgte, hätte den Rest aus der Haushaltskasse geholt und die Summe zusammenbekommen. Man stelle sich die Schande vor, wenn die Nachbarn erfahren hätten, dass Violet Coutinhos Sohn zockte und bei einem Pathan in der Kreide stand!
    Als kleiner Schuljunge – und selbst noch als Teenager – hatte er Pieta gehasst. Sie war selbstgefällig und konnte es nicht lassen, ihn bei Violet zu verpetzen und schlechtzumachen. Doch dann hatte sie sich geändert – zumindest hatte er das geglaubt. Den genauen Zeitpunkt ihres Sinneswandels konnte er nicht festmachen, aber es war irgendwann während ihrer letzten zwei, drei Jahre auf der Schule passiert. Eine Streberin war sie schon immer gewesen; sie lernte alles stur auswendig, und die Lehrer liebten sie deswegen. Eines Tages setzte sie sich in den Kopf, Ärztin werden zu wollen. Von da an war Eddie nicht mehr ihr Lieblingsärgernis; sie schien vergessen zu haben, dass er jemals ihr Feind gewesen war. Tatsächlich verlor sie jegliches Interesse an allem, was nicht die Schule betraf. Ihr war klar, dass ein normaler guter Abschluss nicht ausreichen würde. Für eine Zulassung zum Medizinstudium würde sie in den naturwissenschaftlichen Fächern mindestens 85 Prozent der möglichen Punktzahl erreichen müssen. Sie schaffte 89 Prozent. Und das ohne jede Nachhilfe.
    Violet hatte sie nicht entmutigt, weil sie sicher gewesen war, dass sie es ohnehin nicht schaffen würde. Jetzt aber sprach sie ein Machtwort. Hatte Pieta vergessen, dass sie und Eddie keinen Vater

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