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Die Staufer und ihre Zeit

Die Staufer und ihre Zeit

Titel: Die Staufer und ihre Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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1250 rasch zugrunde. Warum scheitern sie nach mehr als einem Jahrhundert voller Wirren, aber auch voller Glanz?
    WEINFURTER: Das imperiale, das kaiserliche Modell kann sich nicht mehr durchsetzen gegen die Koalition von lombardischer innovativer Kraft und päpstlicher Autorität. Dagegen kommt das politische Ordnungsmodell der Staufer nicht mehr an. Es spielt sicher auch eine Rolle, dass Friedrich II.
überzieht, dass er einen Anspruch stellt, der unerfüllbar ist. Er herrscht ja in der Hauptsache in Apulien und Sizilien und will trotzdem als Kaiser bis an den Strand der Ostsee anerkannt sein. Der rasche Zerfall, der nach seinem Tod eintritt, hängt auch damit zusammen, dass der Druck so groß war – das System ist nicht wirklich tragfähig gewesen.
    SPIEGEL: Wurde die kaiserliche Macht nicht auch im Nordreich von innen unterhöhlt, durch die zunehmende Macht der Fürsten? Der Mord an Philipp von Schwaben in Bamberg 1208, der erste deutsche Königsmord – ist das nicht ein Zeichen des Niedergangs? Es ist ja ein unerhörtes Ereignis: Ein Fürst ersticht den König in seinem Schlafzimmer.
    WEINFURTER: Ich glaube, dass der Mord von 1208 überhaupt der größte Einschnitt in der mittelalterlichen deutschen Geschichte ist, allerdings aus einem anderen Grund. Mit Philipp von Schwaben war ein neuartiges Herrschaftsmodell auf den Weg gebracht worden. Alles deutet darauf hin, dass er sich den veränderten Verhältnissen seiner Zeit klug angepasst hätte. Ihm hätte es gelingen können, eine erneuerte und stabile Koalition von König und Fürsten zu schmieden und ein konsensuales Herrschaftssystem aufzubauen. Der Mord macht all diese Möglichkeiten zunichte. Otto IV. von Braunschweig, Philipps Konkurrent, war 1208 ja praktisch schon geschlagen, übrigens ein ausnehmend unsympathischer König, der ständig an der Steuerschraube gedreht hat und angeblich sogar eine Bordellkette einrichten wollte, um an Geld zu kommen. Den wollte eigentlich kaum jemand, aber dann wurde er doch noch Kaiser.
    SPIEGEL: Philipps Mörder gehört in die Reihe der relativ Unbekannten, die große Geschichte gemacht haben.
    WEINFURTER: Der Mord ist wohl ziemlich zufällig passiert: Also dieser Otto von Wittelsbach fühlt sich beleidigt, weil ihm die Verlobte genommen wird, eine Tochter König Philipps
von Schwaben. Die sollte nun aus politischen Gründen mit einem Neffen des Papstes verheiratet werden. In Bamberg stürmt der beleidigte Otto überfallartig in das Schlafzimmer, wo der König gerade zur Ader gelassen wird nach dem Mittagessen, wahrscheinlich zur Entspannung. Otto fuchtelt mit dem Schwert herum, vielleicht trifft er Philipp auch nur aus Versehen, jedenfalls verletzt er ihn mit der Schwertspitze am Hals und erwischt eine Hauptschlagader.
    SPIEGEL: Philipp weilte in Bamberg als Gast des Bischofs. Die Herrscher waren ja ständig unterwegs, hatten keinen festen Hof. Wie funktionierte das?
    WEINFURTER: So ein reisender Königshof bestand in der Regel aus etwa 100 bis 200 Personen. Fürsten aus der jeweiligen Region schlossen sich an. Wenn wichtige Dinge zu erledigen waren, dann können es auch 1000 gewesen sein. Das war schon ein großer Tross mit vielen Bediensteten. Auch die Schreiber, die Notare, die Kapläne ziehen mit. Es muss ja regelmäßig Gottesdienst gehalten und die Beichte abgenommen werden. Die Königin ist auch dabei, es sei denn, sie ist mal wieder schwanger und muss rasten. Die Staufer suchen vor allem ihre Pfalzen auf, und diese werden glänzend ausgebaut.
    SPIEGEL: Sind die Kaiser immer geritten – fuhren sie nie im Karren oder ließen sich in einer Sänfte tragen?
    WEINFURTER: Nein, in der Sänfte oder im Karren saßen sie nie – das hätte sie zu lächerlichen Gestalten gemacht. Die Herrscher sind entweder geritten, auch wenn sie alt waren, lieber aber fuhren sie mit dem Schiff. Die Flüsse sind die Autobahnen jener Zeit. Dort kommt man schnell und bequem voran. Man kann sich unterhalten, zusammensitzen, ein Gläschen Wein trinken, manchmal nimmt man ja auch ein paar Gelehrte mit und spricht über Geschichte oder politische Fragen.

    SPIEGEL: Hat das Reisen den Untertanen ihren Kaiser näher gebracht?
    WEINFURTER: Ein wenig wohl schon. Auch der König muss ja die normalen Straßen nehmen und kommt durch Ortschaften, wo die Leute ihn sehen können. Und nicht an jeder Ecke gibt es eine Pfalz, er muss also auch mal in einem Gasthaus absteigen oder seine Zelte aufschlagen.
    SPIEGEL: Nicht alle Gastgeber waren anscheinend froh,

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