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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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nutzte sie hauptsächlich zum Dechiffrieren feindlicher Funksprüche.
     
    Fünf Analysemaschinen, jede von der Größe eines kleinstädtischen Rathauses, arbeiteten eine Woche unter Volllast an der Entschlüsselung. Sämtliche bekannten Dekodierungs-Algorithmen wurden angewandt. Die Rechenarbeit musste allerdings einmal unterbrochen werden, weil eine Ratte in den Mechanismus von Maschine fünf geraten und zerquetscht worden war.
     
    Schließlich gelang es den Analysemaschinen, eine der Sequenzen zu dekodieren:
    »Es wird ... Krachen ... brechen, … ... und fallen«.
     
    Colonel George Fitzwilliam, Vorsteher des Kalkulatoren-Zentrums saß in seinem Arbeitszimmer und sinnierte über die Bedeutung des rätselhaften Funkspruchs, als Mrs Hall, seine Haushälterin, den Tee brachte.
    Mrs. Halls praktische Erfahrung mit Dechiffrierung beschränkte sich auf das Entziffern der stets unleserlich geschriebenen Metzgerrechnung und der vom Zimmermädchen Lizzy schlampig geführten Wäschelisten. »Sie sollten die Heilige Schrift lieber im Original studieren, Sir«, bemerkte sie in strengem Ton nach einem beiläufigen Blick auf das Blatt, über dem der Colonel brütete. Der Colonel schaute fragend auf. »Jesaia 24«, erklärte Mrs Hall. Und laut wie die Posaune des jüngsten Gerichtes verkündete sie: »Es wird die Erde mit Krachen zerbrechen, zerbersten und zerfallen«.
     
    Eine weitere Woche verging, dann kam eine hochrangige Gelehrtenrunde aus Æther-Spezialisten, Physikern, Kalkulatoren und Theologen zusammen, um den Funkspruch zu analysieren. Die Experten waren uneins: Die Theologen vertraten die Meinung, der Spruch sei eine direkte Offenbarung Gottes und kündige das Ende der Welt an, während die Æther-Spezialisten die These vertraten, das Signal beweise die Existenz intelligenten Lebens im All. Die Physiker wandten ein, in 30 Jahren bemannter Schifffahrt im Æther habe man noch keine Spur intelligenter Lebensformen gefunden und überdies: warum sollten Außerirdische, falls sie denn existierten, Verse aus der Bibel senden?
    Der Vertreter der Kalkulatoren, ein schüchternes Männchen in abgewetztem Gehrock und mit einer übergroßen runden Brille schlug vor, den Funkspruch erneut dechiffrieren zu lassen. Es könne ja schließlich ein Fehler beim Entschlüsseln passiert sein. Immerhin habe man den Rechenvorgang einer Analysemaschine unterbrechen müssen, da ein organisches Objekt den Mechanismus blockiert habe.
    Die Mehrheit der versammelten Experten war jedoch der Auffassung, der Spruch sei eindeutig, ein Fehler bei der Dekodierung könne daher nicht vorliegen.
    Schließlich bekam die Presse Wind von der Sache, und damit stand die Regierung unter Zugzwang.
     
    Egal ob Hilferuf eines unbekannten Æther-Schiffes, Signale einer außerirdischen Lebensform, oder eine direkte Nachricht DES HERRN: es war zwingend notwendig eine Mission ins All zu senden, um dem Ursprung des Signals auf die Spur zu kommen. Da sich die Regierungen Englands, Frankreichs und Chinas nicht über die Aufteilung der Kosten einigen konnten, unterbreitete der bekannte Abenteurer und Analysemaschinen-Millionär Frederick Barrington-Ward der britischen Regierung ein Angebot, das diese nicht ablehnen konnte: die Regierung solle das Schiff und die militärische Besatzung stellen, er werde ein Team hochrangiger Wissenschaftler beisteuern. Überdies versprach er, die Ausrüstung des Schiffes, sowie Löhne und großzügige Boni für die Expeditionsteilnehmer zu finanzieren. Um die Unterstützung der konservativen Kreise Englands zu erhalten, verpflichtete er sich zudem, zwei Plätze auf dem Ætherschiff für Missionare zu reservieren.
     
    Und so startete am 3. Februar 1899 der schwere Kreuzer Phönix unter seinem erfahrenen und im Dienst der Æthereal Fleet in Ehren ergrauten Kapitän Jennings zu seiner großen Fahrt. Im Aufenthaltsraum der Phönix drängten sich die zivilen Teilnehmer der Expedition um die großen Panoramafenster und genossen mit lautem »Ahh« und »Ohh« das Spektakel des Ablegens.
    Die Docks der Æthereal Fleet waren über und über mit lustig flatternden Fahnen und Wimpeln geschmückt. Es war ein Fest. Die Kleider der Damen leuchteten in zarten Pastellfarben, die Herren trugen bunte Einstecktüchlein, Kinder hielten bunte Fähnchen in den von Zuckerwatte verklebten Händchen. Militärkapellen spielten flotte Märsche, ein Chor der Heilsarmee trug freudige Hymnen vor. Fundamentalistische Prediger forderten zu Umkehr und Buße auf

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