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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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angesichts der drohenden Apokalypse. Die Huren aus London und Umgebung machen Extraschichten.
    Es wurde bereits dunkel, als die Phönix schließlich aufstieg.
    Das nächtliche London lag unter ihnen, rote Lampions leuchteten wie Mohnblüten um die Hafenbecken und spiegelten sich vieltausendfach in der Schwärze des Hafenwassers. Salutschüsse dröhnten, die zuckenden Lichtblitze des Abschieds-Feuerwerks erhellten das zerklüftete Gebirgsmassiv der neugotischen Parlamentsgebäude. Bleich und löchrig wie ein vergammelter Cheddar-Käse hing am südlichen Horizont der volle Mond.
     
    Manchmal kam ein besonders großer feuerspeiender Drache oder eines der großen Sternenräder dem Luftschiff so nahe, dass Penelope den Geruch verbrannten Pulvers zu riechen glaubte.
    Penelope dachte an die Wasserstofftanks des Luftschiffes, und daran, dass nur eine dünne Hülle aus gummierter Leinwand zwischen ihr und dem freien Fall aus mehreren hundert Fuß Höhe stand. Frederick Barrington-Ward, Mäzen und wissenschaftlicher Leiter der Expedition, schlenderte zu ihr herüber. Lässig lehnte er sich gegen die Fensterbrüstung und hob sein Champagnerglas: »Auf eine erfolgreiche Mission - wen immer wir antreffen«. Penelope lächelte höflich. Ihr Blick fiel auf einen drahtigen Mann mit militärischem Bürstenhaarschnitt und buschigem grauem Schnauzbart. Seine runden Brillengläser blitzten im Licht der Gaslampen wie übergroße Augen eines nachtaktiven Tiers. Dr. von Todt, Astronom an einer mitteleuropäischen Universität, hatte anhand der aufgefangenen Radiosignale die Zielkoordinaten der Expedition berechnet. Es war ein Punkt in der Umlaufbahn des Mars.
    Eine voluminöse Dame in züchtigem Schwarz und vernünftigen Schuhen gesellte sich zu ihnen, ihren verschüchterten Ehemann hinter sich her zerrend. »Ist das Feuerwerk nicht furchtbar gefährlich?«, wandte sie sich direkt an Mr. Barrington-Ward und vermied es, Penelope anzuschauen.
    »Aber nein, meine Gnädigste«, antwortete der Millionär, »unsere chinesischen Feuerwerker können die Höhe und Flugbahnen ihrer Feuerwerkskörper genau vorausberechnen. Mit charmantem Lächeln fügte er hinzu: »Es sei denn, sie wollten uns hochgehen lassen.«
    Mrs Collins, als Gattin eines Missionars auch ausländischen Heiden gegenüber zu christlicher Milde verpflichtet, schien dieser Gedanke zu schaffen zu machen. Mr Collins wagte einen Blick auf Penelope, ihr glänzendes schwarzes Haar, ihren makellosen elfenbeinfarbenen Teint und die großen dunklen Augen und sagte: »Ethel, meine Liebe, der HERR wird unsere Reise schützen und leiten und er wird uns nähren mit Milch und Honig.« Sein Blick saugte sich an Penelopes Brüsten fest, die durch die hochgeschlossene Uniform noch betont wurden.
    Penelope Fairfax, Tochter eines streng atheistischen Mathematikers, der mit der Massen-Produktion billiger Analysemaschinen reich geworden war, hob amüsiert eine Augenbraue.
     
    Ethel und Nathaniel Collins hatten 15 Jahre als Missionare segensreich unter den Heiden Indiens gewirkt und dort feste Grundsätze hinsichtlich des richtigen Umgangs mit fremden Spezies erworben. Aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Taufquote waren sie von der Missionsgesellschaft »First Missionary Society for Godly Predestination« ausgewählt worden, den Außerirdischen, die sich ja bereits durch ihren Funkspruch als empfänglich für das Wort Gottes erwiesen hatten, das Licht des Evangeliums zu bringen.
    »Was macht eine so hübsche junge Lady wie Sie denn an Bord eines Luftschiffes?«, wandte sich nun Dr. von Todt an Penelope. Sein Englisch hatte einen schwer zu lokalisierenden Akzent. Das »R« sprach er rollend, sein »S« zischelte feucht. Seine vollen Lippen machten kleine nervöse Bewegungen und die Enden seines Schnauzbarts zuckten. Penelope nahm wahr, dass aus den Ohren des Doktors dicke graue Haarbüschel wucherten. In die allgemeine Stille hinein sagte Penelope: »Ich bin die Navigatorin.«
     
    * * *
     
    Attila hatte sich hinter einem Fass mit Pökelfleisch verkrochen. Die Kälte im Frachtraum machte ihm nichts aus, sein dickes Fell schützte ihn. Unter seinen Pfoten fühlte er das Vibrieren der Maschinen. Das Leben als Æther-Hund war leichter, als in den Hundezwingern von Soho, wo er als Welpe die ersten Monate seines Lebens verbracht hatte. Essensreste gab es genug in der Kombüse, und ein geschickter Rattenjäger konnte sich im Frachtraum noch mit zusätzlichem Fleisch versorgen. Doch er vermisste den

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