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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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benutzten schweres Gerät, um die Luke zur Kapsel aufzustemmen. Schließlich zeigte sich eine schmale Treppe, die nach unten führte. Die metallenen Treppenstufen waren überzogen von einem dunklen flechtenartigen Belag. Penelope führte die Gruppe nach unten. Sie nahm die Maske vom Gesicht. Die Luft roch metallisch und dumpf. Die Kapsel musste über eine autarke Sauerstoffversorgung verfügen. Immer tiefer führten die gewundenen Stufen. Schließlich erreichte Penelope eine sechseckige Tür. Nur mühsam gelang es vier Marinesoldaten, die Tür nach innen aufzustemmen.
     
    Das erste, was Penelope wahrnahm war der Geruch. Ein süßlich fauliger Dunst quoll ihnen entgegen. Penelope trat in den Raum, der einmal eine Kommandobrücke gewesen war. Im Dämmerlicht sah sie schmutzverkrustete Sternenkarten, rostige Navigationsinstrumente, Geräte, deren Funktion Penelope nicht erkennen konnte. Alles war überzogen von einer dicken Schicht Staub und Unrat. Als nächstes nahm sie die Ratten wahr. Hunderte, Tausende von ihnen wimmelten auf den Kartentischen und Instrumentenborden, schmiegten sich in Bücherregalen aneinander und nisteten in den Rohrsystemen, die sich die Wände entlangzogen.
     
    Penelope versuchte ein Würgen zu unterdrücken und machte einen weiteren Schritt in den Raum hinein. Der Raum vibrierte vom Rascheln, Scharren und Fiepen der Nager. Doch über dem Grundton aus tierischen Lauten nahmen Penelopes Ohren ein weiteres Geräusch auf: Technisch, und in gleichmäßigem Rhythmus. Ein Morseapparat. Der Apparat schien Signale zu empfangen und auszusenden. Auf der Morsetaste saß, wie auf einer Kinderwippe, eine dicke weiße Ratte und putzte ihr Fell. Die Morsetaste federte mit klickendem Geräusch auf und nieder und sendete den Spruch der Ratte hinaus in die Weite des Alls.

Epilog
     
    Der schwere Kreuzer Phönix blieb verschollen. Der einzige Überlebende der Mission wurde Monate später in einer Rettungskapsel von der Fregatte Princess Albertina in der Nähe des Mars aufgegriffen. Es handelte sich um Dr. von Todt. Bei ihm fanden sich Knochen- und Fellreste, die vermuten ließen, von Todt habe sich von der Leiche eines Hundes ernährt. Außerdem sprangen zwei weiße Ratten aus der Raumkapsel und verschwanden blitzschnell in den Lüftungsschächten der Princess Albertina . Dr. von Todt konnte nichts über das Ende der Phönix berichten, da er der menschlichen Sprache nicht mehr mächtig schien. Gelegentlich, bei Vollmond, befielen ihn unerklärliche Erregungszustände, unter deren Einfluss er ein hohes Pfeifen ausstieß.
    Er wurde ins Mountain View Asylum for the Mentally Sick eingewiesen, von wo er im Jahr 1905 für immer verschwand.
     
    Colonel Fitzwilliam, der Vorsteher des Kalkulatorenzentrums Compton Hall ordnete im Jahr 1903 eine Generalüberholung der Analysemaschine fünf an. Als die Arbeiter die Maschinenteile auseinandernahmen, fanden sie unterhalb des Metallmechanismus, unter einem hölzernen Zwischenboden, ein ungeheures Rattennest. Tausende von Lochkarten waren von den emsigen Nagern zum Nestbau verwendet worden – »ein verdammtes stinkendes Datenschlamassel«, wie Bertie Blunt, der Mechaniker, sich ausdrückte. Anhand der Markierungen auf den Lochkarten stellte man fest, dass die Karten zum Entschlüsselungsauftrag des Ben-Nevis Funkspruchs gehört hatten.
     
    Colonel Fitzwilliam hat diese Entdeckung nie verkraftet. Er reichte seine Demission ein und zog sich aufs Land zurück. Es heißt, er habe seine Haushälterin geheiratet und sei religiös geworden.
     
    Ausgehend von den Docks der Æthereal Fleet hat sich in London im Laufe der letzten Jahre eine neue Rattenart ausgebreitet. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sie weit intelligenter sind als unsere einheimischen braunen Ratten. In einigen Lagerhäusern haben sie bereits die Herrschaft übernommen.
     
     
    ENDE

Alexandra Keller

     
    Alexandra Keller studierte Geschichtswissenschaften in Tübingen, Edinburgh und Köln.
     
    Ihre Leidenschaft für England und viktorianische Kultur lebt sie derzeit in der Entwicklung eines Spieles im Steampunk-Genre für iPad und PC/Mac aus. Wenn sie nicht gerade Korsett tragende Heroinen programmiert, die ihre Luftschiffe in gefährlicher Mission durch die Atmosphäre des Planeten Sky steuern, schreibt sie für ihren Firmen-Blog http://eye3ware.com/blog auf Englisch über Viktorianisches, sowie auf ihrem deutschen Blog http://stoerstoff.wordpress.com über alles andere.
     
    Derzeit entsteht die

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