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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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Schiff nicht ausschließlich Passagiere transportieren? Nach den Berechnungen des Skeletts würde der Luftsegler mit hoher Wahrscheinlichkeit auch schwere Last transportieren können.
    »Haben Sie etwas gefunden?«, fragte Hailey.
    Anabelle wiegte den Kopf. »Ich weiß nicht genau«, murmelte sie. Nachdenklich legte sie das Buch ab, um in den Risszeichnungen zu blättern. Laut Plänen und Grundrissen sollte es drei Passagierdecks und ein Aussichtsdeck geben. Die einfachen Kabinen besaßen mehr Platz als eine Hotelsuite. Dieser Komfort fehlte den gängigen Luftschiffen. Ebenso gab es Appartements mit Salons, großen Bädern und Ankleidezimmern. Wozu solch eine Verschwendung?
    Sie griff nach dem nächsten Buch und blätterte es durch.
    »Anleitungen zur Herstellung von Leichtmetalllegierungen, die hoher Reibungshitze widerstehen können«, murmelte sie. Ein Stahlskelett, die Außenhaut aus leichtem Metall und die statischen Berechnungen für ein Schlachtschiff passten nicht zueinander. Einige Eintragungen erschienen ihr fundiert, andere sinnlos.
    »Gibt es eine Angebotssammlung oder ein Auftragsbuch für die Innenausstattung?«, fragte sie mit einem Seitenblick auf Hailey. Der Inspektor nickte. Mit einer Hand hob er einen Katalog auf, der neben dem Tisch auf dem Boden stand. »Das hier, denke ich«, sagte er.
    Anabelle schlug die ersten Seiten auf. Mit einem Finger fuhr sie über das Register der einzubauenden Möbel, Lampen und Sanitäranlagen.
    »Haben wir das auch für die technischen Einbauten? Die müssten ebenfalls als Katalog aufgenommen worden sein.«
    Hailey hob die Schultern. »Da kann ich Ihnen nicht helfen.«
    Anabelle nickte. »Mrs. Havelock?«, wendete sie sich an die Sekretärin.
    Die alte Dame saß zusammengesunken in ihrem Sessel. Erschrocken hob sie den Blick. Erst als sie Anabelle ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte, sprach die junge Wissenschafterin weiter. »Gibt es in Ihren Unterlagen Kataloge über die bereits eingebauten Sonderherstellungen?«, fragte sie.
    Die alte Dame erwiderte Anabelles Blick mit vollkommenem Unverständnis.
    »Ich rede von Belüftungssystemen, Verrohrungen, Sanitäranlagen, Gasleitungen, Luftumwälzern, Heizungen, Wasserwiederaufbereitung und ähnlichem.«
    Mrs. Havelock schlug die Augen nieder. »Ich glaube diese Bücher befanden sich zum Zeitpunkt des Unglücks in der Maschinenhalle.«
    Trotz der vorgeblichen Ahnungslosigkeit der alten Dame, fiel es Anabelle schwer, ihr glauben zu schenken. Wie praktisch! , dachte sie. Ihrer Ansicht nach war ein solcher Fall schier unmöglich. Diese Bücher dienten lediglich der Ablage. Die Techniker arbeiteten mit Duplikaten und Wasserpausen. Vorerst verschwieg sie ihre Gedanken.
    »Sehr bedauerlich«, sagte sie.
    Nach der Mimik Haileys zu urteilen ließ ihr schauspielerisches Talent zu wünschen übrig.
    »Ich brauche mehr Zeit, um all diese Unterlagen gebührend zu prüfen. Deshalb würde ich mich gerne über Nacht hier einquartieren und arbeiten«, erklärte Anabelle.
    Hailey warf Mrs. Havelock einen kurzen Blick zu.
    Die Mimik der alten Dame gefror.
    »Weshalb?!«, verlangte sie zu wissen.
    »Miss Talleyrand ist wissenschaftliche Beraterin Schottland Yards, Madam«, erklärte er steif. »Ihre Prüfung deckt möglicherweise mehr als einen Unfall auf.«
    Die alte Dame zögerte.
    »Ich kann es befehlen lassen«, vertraute Hailey ihr wenig freundlich an. Anabelle beobachtete die Sekretärin. Hölzern nickte sie. »Also gut, wie Sie wollen.«
    Steif erhob sich Mrs. Havelock und schritt zu der Bürotür. »Sie gestatten, dass ich Mr. Vock telegraphisch informiere?!«
    »Sicher«, bestätigte Hailey. Die Sekretärin verließ das Zimmer. Anabelle wies hinaus. »Wissen Sie, wo sich Madame Zaida befindet?«
     
    * * *
     
    Journalisten bedrängten die Polizei mit ihren Fragen, während Fotographen ihre unhandlichen Apparate abbauten.
    Auch Anabelle wollte sich ein Bild über das Ausmaß der Zerstörung machen. Mit raschen Schritten eilte sie in das Zentrum der Explosion. Der Anblick ließ sie erneut schaudern. Riesige Teile des Steinbodens fehlten. Geschmolzenes Metall verband sich mit Holz und Ziegeln. Ketten, Zahnräder und große Platten der Dachabdeckung lagen auf der Erde verstreut. Das Skelett des Schiffes glühte noch immer. Die darunter begrabenen Arbeiter mussten ein grauenhaftes Ende genommen haben. Noch immer wurden Leichen geborgen. Anabelle bezweifelte, dass irgendeine Person so nah des Explosionsherdes überlebt haben konnte.

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