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Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition)

Titel: Die Stein-Strategie: Von der Kunst, nicht zu handeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
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Passivität. Vielmehr zielt es auf eine große Leichtigkeit in der Lebensführung, gepaart mit einer gesteigerten Achtsamkeit in alltäglichen Situationen: „Be here now“ und „Go with the flow“. Das geht natürlich am besten in koreanischen Bergklöstern, soll aber angeblich auch in Gesellschaft funktionieren,sogar inmitten der hektischen westlichen Zivilisation.
    Und es heißt auch nicht, dass man zur Untätigkeit verdammt ist. Das Gegenteil ist der Fall, wie der Tao-Lehrmeister Theo Fischer in seiner deutschen Interpretation Wu we i – Die Lebenskunst des Tao schreibt: „In seinem tiefsten Sinne meint wu wei, wir sollen in unseren Entscheidungen nicht gegen unsere innere Autorität, eben das Tao, handeln. Herausforderungen des Lebens pflegen wir mit den unzulänglichen Mitteln unseres Intellektes, unserer Erfahrung zu begegnen. Damit pfuschen wir jedes Mal den unserem Denken nicht zugänglichen Kräften ins Handwerk, die unsere Probleme nicht nur besser lösen können, sondern sie auf eine ganz andere Art und Weise auszuloten imstande sind. Könnten wir lernen, dieses wu wei zu praktizieren, dann würden wir sofort aufhören, über unsere Probleme nachzugrübeln, sie zu analysieren und nach Lösungen zu forschen. Es genügt vollständig, uns das Problem ganz genau anzuschauen, ohne darüber nachzudenken, ohne Analyse. Den Rest können wir getrost dem Tao überlassen. Soweit unser direktes Eingreifen notwendig wird, empfangen wir den Handlungsanstoß spontan durch eine kräftige Intuition.“
    Zieht man einmal den esoterischraunenden Überschuss ab, dann ist das genau das, was die aktuelle Psychologie und Verhaltensökonomie sagt. Je besser die Hirnphysiologie erforscht und das menschliche Entscheidungsverhalten verstanden wird, desto deutlicher wird, dass der sogenannte „freie Wille“ nur eine sehr dünne Firnis auf einem weitgehend autonom funktionierenden Entscheidungsapparat ist. Dass das Bewusstsein mithin vergleichbar ist der überforderten PR-Abteilung eines chaotischen Konzerns, die die Summe der kohärenten oder auch erratischen Konzernaktivitäten und Machenschaften möglichst plausibel, glaubwürdig und überzeugend nach draußen an die Öffentlichkeit bringen und als konsistente Strategie verkaufen muss. Die Entscheidungen werden an anderer Stelle gefällt.
    Daniel Kahnemann, der einzige Psychologe, der jemals miteinem Wirtschaftsnobelpreis geehrt wurde, nennt das „System 1“ und „System 2“. System 1, der ältere Hirnteil, zuständig für das „schnelle Denken“, regelt die alltäglichen Abläufe, Routinetätigkeiten und trifft auch die meisten Entscheidungen „ohne unser Zutun“ auf Basis von Erfahrungswerten. System 2, das jünger ist und mehr Blutsauerstoff verbraucht, ist das Bewusstsein, zuständig für „langsames Denken“ und komplexe Entscheidungen. Es springt nur dann an, wenn System 1 mit einer intuitiven Entscheidung überfordert ist und Alarm schlägt. Oder wenn die Wahrnehmung meldet, dass beunruhigende, außerplanmäßige Umstände aufgetreten sind. Allerdings mahnt uns Kahnemann, beiden zu misstrauen, den spontanen Impulsen von System 1 genauso wie den von System 2 moderierten pseudo-rationalen Entscheidungen. Weil ihr Zusammenwirken nämlich –und der Action bias ist das beste Beispiel – systematische Abweichungen vom rationalen Verhalten produziert.
    Gerd Gigerenzer, ein deutscher Psychologe, der viel zu intuitiven Entscheidungen geforscht hat, kann das bestätigen. Sogenannte „Bauchentscheidungen“, diein Wahrheit natürlich aus den unbewussten Hirnregionen stammen, bringen nichts, wenn man sich nicht rational mit der Entscheidungsproblematik auseinandergesetzt hat. Genauso gut könnte man eine Münze werfen. Ebenso unbefriedigend fallen reine „Kopfentscheidungen“ aus, die nur aufgrund rationaler Abwägungskalküle gefällt werden. Die besten Entscheidungen treffen wir, wenn wir möglichst viele entscheidungsrelevante Fakten intellektuell verarbeitet haben und uns dann intuitiv entscheiden.
    Unser Unbewusstes – oder nennen wir es meinetwegen Tao – ist ein Meister darin, große Mengen an Komplexität für uns vorzuverdauen, uns die richtigen Hinweise zu liefern und Entscheidungen zu soufflieren. Selbst wenn wir scheinbar untätig oder abwesend sind, arbeitet es imHintergrund, um zu Abwägungen zu gelangen und den richtigen Zeitpunkt zum Handeln für uns abzupassen. Wir sollten es machen lassen. Es kennt uns besser als wir selbst.
    Was

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