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Die steinerne Pest

Die steinerne Pest

Titel: Die steinerne Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Wie Sie sehen, mein lieber
Freund, weiß ich es doch«, antwortete er. »So wie
manches, von dem Sie glauben, daß ich es nicht wüßte. «
»Woher?« verlangte Singh zu wissen, doch Weisser
schüttelte abermals den Kopf.
»Dies ist nicht der Moment für Erklärungen«, sagte er,
»so gerne ich es auch täte. Wir werden uns wiedersehen,
das verspreche ich, aber im Augenblick sollten Sie sich
auf Ihre eigentliche Aufgabe besinnen und Ihren jungen
Schützling sicher an Bord des Schiffes zurückgeleiten. Die
Stimmung hier im Dorf ist schlecht. Noch kann ich die
Männer beruhigen, aber ich weiß nicht, wie lange noch.
Und sie sind nicht die einzige Gefahr. « Singh war mit
dieser Erklärung ganz und gar nicht zufrieden, das sah
Mike ihm an. Aber nachdem er Weisser ein paar Sekunden
ruhig und herausfordernd angesehen hatte, schüttelte er zu
Mikes Überraschung den Kopf, drehte sich zu ihm herum
und sagte: »Er hat recht, Herr. Wir müssen zurück aufs
Schiff. Trautman und die anderen werden sich sicher
schon Sorgen machen. «
»He!« protestierte Mike. »Aber du kannst nicht -« Singh
schnitt ihm das Wort ab, indem er ihn unsanft am Arm
ergriff und herumdrehte. Und nur einen Moment später
verließen sie, begleitet von Weisser, den Dorfplatz und
wenige Augenblicke darauf das Dorf.
Wie Mike befürchtet hatte, erwies sich der Rückweg zur
NAUTILUS als der schwierigere Teil ihrer Unternehmung. Sie mußten weit länger auf der Insel verbracht
haben, als ihnen bisher schon bewußt gewesen war, denn
es begann zu dämmern, ehe sie das Ufer erreichten - und
natürlich war von der NAUTILUS weit und breit nichts zu
sehen. Weisser hatte sie zwar nicht selbst bis ans Meer
begleitet, ihnen aber eine Eskorte aus vier
Eingeborenenkriegern mitgegeben; wie er gesagt hatte zu
ihrem Schutz; wie Mike jedoch argwöhnte, eher deshalb,
damit sie sich davon überzeugten, daß sie die Insel auch
tatsächlich verließen. Die Männer sagten kein Wort,
unterhielten sich auch nicht untereinander, aber sie blieben
auch mit stoischer Ruhe stehen, als Mike ihnen mit Gesten
klarzumachen versuchte, daß ihre Aufgabe erfüllt war und
er und Singh nun hier warten würden, bis die NAUTILUS
auftauchte. Es verging noch eine geraume Weile, ehe es
endlich soweit war; offensichtlich hatten sie die
vereinbarte Zeit zur vollen Stunde gerade um ein paar
Minuten verpaßt, so daß sie noch einmal eine Stunde lang
ausharren mußten und es mittlerweile vollkommen dunkel
geworden war, ehe weit draußen auf dem Meer ein blasses
Licht erschien und nach einigen Augenblicken zum
Suchscheinwerfer der NAUTILUS wurde, der wie ein
körperloser leuchtender Finger über das Meer und das
Ufer tastete, rasch über Singh und ihn hinwegglitt und
dann mit einer fast ruckartigen Bewegung zurückkehrte.
Als sie losschwammen, war Mike fest davon überzeugt,
daß Trautman einen der anderen mit dem Boot schicken
würde, um sie aufzunehmen, aber alles, was geschah, war,
daß der grelle Lichtkegel des Scheinwerfers unverwandt
auf Singh und ihn gerichtet blieb und ihnen so zwar die
Richtung wies, in die sie schwimmen mußten, sie zugleich
aber auch blendete. Als sie die
NAUTILUS erreichten, war Mike so erschöpft, daß er es
nicht mehr schaffte, sich aus eigener Kraft auf das Deck
hinaufzuziehen, das nur eine knappe Handbreit aus dem
Wasser ragte. Singh mußte ihm dabei helfen, danach
sanken sie beide auf den nassen Eisenplatten nieder und
rangen keuchend nach Atem. »Worauf zum Teufel wartet
ihr? Daß die Deutschen kommen und uns hier entdecken?«
Mike hob müde den Kopf hob und erkannte Ben, der sich
aus der offenstehenden Turmluke gebeugt hatte. »Braucht
ihr eine schriftliche Einladung, oder sollen wir den roten
Teppich ausrollen?«
Mike war es nicht möglich zu antworten. Mühsam und
mit kleinen, unsicheren Bewegungen stemmte er sich
hoch, schleppte sich die wenigen Schritte bis zum Turm
und raffte sein letztes bißchen Kraft zusammen, um die
kurze Eisenleiter zur Luke hinaufzusteigen. Noch während
er das tat, nahm die NAUTILUS wieder Fahrt auf und
drehte den Bug mit dem gezackten Rammsporn auf die
offene See, und zugleich schlugen die Wellen wieder über
den Deckplanken zusammen
- das Schiff begann zu
tauchen. Und das, obwohl Singh und er nicht einmal ganz
an Bord waren. Hastig kletterte Mike weiter, schwang sich
mit einer Kraft, die er selbst kaum noch erwartet hätte, in
die offenstehende Luke und kletterte rasch auf der anderen
Seite hinunter. Singh tat es ihm gleich, und

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