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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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zerbersten beladene Handkarren. Eskortiert wurde der Tross von knochigen Rindern, Mönchen in orange leuchtenden Roben, Männern, Frauen und Kindern. Alle schleppten etwas mit sich. Niemand schien sich an dem zähen Fluss der Karawane zu stören. Man ahnte, dass der Menschen- und Tierpulk sich auf einen Ort zu bewegte, der sie wie ein Magnet anzog, der Erwartungen erfüllte und Bedürfnisse stillte.
    Bisher dachte er immer hinter dem Bambusvorhang beginnt das Mittelalter und niemand will dort freiwillig hin. Der Anblick dieser Karawane belehrte ihn eines Besseren. Bald ging es nur noch im Schritttempo voran. Ilka qualmte eine Zigarette nach der anderen. Der Fahrer sagte kein Wort. Mit versteinerter Miene starrte er geradeaus auf die Straße. Ohne den Fahrtwind, staute sich die Hitze im Wagen und wurde schnell unerträglicher.
    Ungeduldig und nass geschwitzt rutschte er auf dem Rücksitz hin und her, fand aber keine Position, in der er schmerzfrei sitzen konnte. Das Treiben rundherum lenkte ihn ab. Nach einer halben Stunde scherte der Geländewagen aus der Kolonne aus und hielt an einer Bushaltestelle. Dort wartete ein schwarzer 5er BMW mit dunkelgetönten Scheiben, überzogen von einer rötlichen Staubschicht. Ilka sprang aus dem Auto und ging zum wartenden Fahrzeug. Frank erspähte lediglich eine bleiche Hand. Ein brauner Umschlag tauschte die Besitzer, dann stieg die Agentin wieder in den Pajero.
    „Unsere Visa“, erklärte sie und wedelte mit dem Kuvert. Sie reihten sich wieder in die Blechlawine ein. Ilkas Laune schien sich durch den Erhalt der Einreisepapiere erheblich gebessert zu haben und er hatte endlich eine Erklärung dafür, warum er die letzte Nacht auf harten Bambusstäben schlafen musste.
    Auf der anderen Seite des Flusses kam die ockerfarbene Dunstglocke einer großen Stadt in Sicht. Am Horizont streckten sich kantige, dicht bewaldete Berggipfel in den azurblauen Himmel, der vereinzelt von dunklen, turmhohen Monsunwolken durchzogen war. Vor der imposanten Bergkulisse funkelten verschwommene Gebäude im hellen Sonnenlicht: Vientiane.
    „Warum sollten sie uns nach Laos hineinlassen?“, fragte er.
    „Letzte Nacht hätten sie uns möglicherweise genauer unter die Lupe genommen, aber bei dem täglichen Gedränge, werden sie uns schnell abfertigen. Wir sind sicher nicht das einzige deutsche Ehepaar, das auf seiner Rundreise durch den Norden Thailands einen Tagesausflug über die Grenze macht. Bei Individualtouristen ist das gerade der letzte Schrei.“
    „Und er?“
    „Unser Tourscout.“
    „Sehr optimistisch!“
    „Spring doch von der Brücke“, fauchte sie und wies mit ihrem Kinn auf den Fluss hinaus. Dreihundert Meter voraus spannte sich eine moderne Stahlbetonbrücke über den, fast einen Kilometer breiten, Mekong. Nach weiteren zehn Minuten bogen sie auf die so genannte Freundschaftsbrücke ab, die eine der wenigen direkten Verbindungen zwischen beiden Ländern war. Eine stark frequentierte Haupthandelsader, die allerdings nicht ohne zahlreiche, formale Hürden zu nehmen ist, beginnend beim Problem der unterschiedlichen Verkehrsführung: Linksverkehr in Siam, Rechtsverkehr im Reich der Millionen Elefanten.
    An der Zufahrt zur Brücke kassierte ein thailändischer Grenzposten 500 Baht und ließ sie passieren. Ob dies der übliche Brückenzoll war, oder es sich dabei um Schmiergeld handelte, blieb Frank verborgen. Tatsächlich schien die Abwicklung auf laotischer Seite ebenfalls rasch zu gehen. Trotz des regen Andrangs kamen sie nun zügiger voran.
    Immer wieder boten ihnen Straßenhändler Waren an, die sie durch die offenen Scheiben in den Geländewagen streckten. Er kaufte sich eine lauwarme Cola, drei Bananen und einen pikanten Sate-Spieß mit Schweinefleisch und Erdnusssoße. Ilka erwarb Wasser und Zigaretten. Der Fahrer verscheuchte jeden, der ihm etwas durchs Fenster vor die Nase hielt. Bevor sie über den Scheitelpunkt der Brücke waren, hatte Frank alles verdrückt, und gab sich wieder dem Treiben vor und neben dem Wagen hin. Doch von einer Sekunde auf die nächste war das bunte Getümmel um ihn herum vergessen. Sein Blick blieb an dem Mann haften, der am Grenzposten stand. Unverkennbar überragte er die uniformierten Grenzbeamten in ihren blank polierten Stiefeln, die aufgereiht im Schatten eines Verschlags standen. Mit Maschinenpistolen bewaffnet, starrten sie versteinert auf die passierenden Vehikel. Der Mann hingegen, lehnte lässig an einem Stützpfeiler des Grenzhäuschens und

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