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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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fallen, reagierten beide mit distanzierter Zurückhaltung. Zu viel war geschehen, als dass dieses Wiedersehen mit Freuden gesegnet gewesen wäre. Die Prinzessin hatte den Ort ihrer Bestimmung erreicht und er fragte sich, zu welchem Zweck. Hatte sie Xieng davon überzeugt, dass sie bereit war, sich den Drachen zu opfern? Nur so konnte sie ihn als Verbündeten gewonnen haben. Andererseits wusste der Laote von ihrer Tätowierung, und dass diese sie befähigt, den Himmelswesen ihren Willen aufzuzwingen – sie zu erwecken, statt wieder schlafen zu schicken. Was bewog den Capitaine, ihr zu helfen? Frank musste sie zur Rede stellen, aber er hatte Angst vor den Antworten.
    Wie um seine Furcht noch zu intensivieren, drang ein leises Wimmern aus der Tiefe der Grotte. Einem plötzlichen Drang folgend, wollte er an ihr vorbei, doch sie versperrte ihm den Weg. Nach langen fünf Sekunden drehte sie sich um und kroch in die Dunkelheit. Die kläglichen Laute verstummten und Lea kam mit dem Kind in ihrem Arm zurück. Es war in eine Decke gehüllt und man konnte nur einen schwarzen Haarschopf erkennen. Er wollte etwas sagen, sie verantwortungslos schimpfen, weil sie den Säugling in diese unwirtliche Gegend geschleppt hatte. Aber der Anblick des Babys beraubte ihn jeglicher Worte.
    „Deine Tochter, Prinzessin Souphanouvong Keo Thi“, erklärte sie.
    Er bewegte seine trocknen Lippen und versuchte tonlos den Namen zu wiederholen. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab und rieb sich an seiner ausgedörrten Kehle. Sie streckte die Arme aus und reichte ihm das Mädchen. Er nahm es, drückte es behutsam an seine Brust und bewunderte das friedlich schlummernde und puppengleiche
    Babygesicht. Der besondere Eigengeruch des Säuglings stieg ihm in die Nase und machte ihn schwindelig. Plötzlich wusste er, was es bedeutete zu sagen, das Herz gehe einem auf. Ein Augenblick des unbeschreiblichen Glücks stellte sich ein, das Gefühl, am Ziel zu sein. Dann krachte draußen ein Schuss und gleich darauf donnerten mehrere Gewehrsalven über das Tal.
    Instinktiv kauerte er sich schützend über das Baby. Das Mädchen fing zu weinen an. In der Weite des Plateaus brach der Krieg aus. Die Gewehrschüsse hallten an den gefalteten Felswänden wider und das Echo potenzierte sich zwischen den aufragenden Gipfeln zu einem Inferno. Xieng zog eine Pistole aus seiner Tasche und schielte über den Rand der Kuhle hinaus. Lea griff nach dem Kind und rutschte mit ihm wieder tief in den Schatten des überhängenden Felsens. Eifersucht keimte in ihm die, als sie den Säugling an sich nahm, fühlte er nicht nur einen physischen Verlust. Eine schmerzliche Leere tat sich auf. Stärker als im Moment konnte er nicht davon überzeugt sein, dass er sein Leben für dieses Kind geben wollte, wann immer es notwendig werden würde.
    Er warf sich neben den Capitaine und betrachtete das Geschehen mit zusammengekniffenen Augen. Über den Gipfeln brauten sich schwarze Gewitterwolken zusammen. Selbst die Natur wollte ihren Beitrag zu dem grausamen Szenario leisten, das sich in der Senke abspielte. Um das Camp herum lagen verstreut Soldaten im Gras. Selbst auf die Entfernung, konnte man erkennen, dass mindesten vier von ihnen tot waren. Die Hochgeschwindigkeitsgeschosse der Chinesen hatten sie regelrecht zerstückelt. Er konnte die Mündungsfeuer von Khams Männern sehen,
    die in Intervallen zurückfeuerten. Die chinesische Einheit war bereits stark dezimiert. Sie hatten ihren Überraschungsmoment verspielt, waren entdeckt worden und unter Beschuss geraten. Er erkannte Wang, der mit einem der Präzisionsgewehre gezielte Schüsse abgab. Ein weiterer Soldat schoss nur noch sporadisch. Er sah schwer mitgenommen aus und sein Tarnanzug war mit Blut durchtränkt. Sonst war kein Chinese mehr zu sehen. Wahrscheinlich lagen sie tot hinter den Felsen. Aufs Neue war Wang mit seiner Mission gescheitert. Khams Männer hatten ihm keine Chance gelassen. Wie viel Tod und Leid würden die Steinernen Drachen noch verlangen?
    Beinahe hatte er Mitleid mit dem Chinesen, der sich mit allem, was ihm zur Verfügung stand, seiner Haut erwehrte. Doch es konnte nur eine Frage von Minuten sein, bis die Soldaten ihn eng genug eingekesselt hatten, um ihn zu erwischen. Kwan Kham wird gewinnen , dachte Frank und wandte sich angewidert ab. Lieutenant-Commander Wang wäre womöglich der einzige gewesen, der hätte verhindern können, das Kham die Drachenwesen unter seine Macht stellt. Mit dieser deprimierenden

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