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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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einen Schritt zu tun. Erst der einsetzende Regen löste seine Starre und er trottete vor sich hingrübelnd hinterher. Er ahnte, dass sie bald auf Kham stoßen würden. Und auf Chin, von der er immer noch nicht wusste, wie sie richtig hieß. Warten dort oben auch Lea und das Kind, sozusagen als Rückversicherung, falls Chin nicht von den Drachen akzeptiert wird?
    Lea war eine Chance, aber sie barg auch ein nicht abschätzbares Risiko für Kham, denn sie konnte die Drachen gegen ihn verwenden. Würde er in Kauf nehmen, sie dort oben festzuhalten, falls sie in seine Hände fiel? Sollte ihr Blut vergossen werden, würden die Drachen zu seiner Lebzeit nicht mehr erwachen. War es nicht logischer, dass Kham alles daran setzte, Lea und ihr Baby, von den Steinernen Drachen fernzuhalten?
    Seit er dem Laoten begegnet war, fragte er sich, warum er rekrutiert worden war. Im Schlepptau der Soldaten, meinte er die Antwort gefunden zu haben. Kham war davon ausgegangen, dass Frank alles tun würde, um zu verhindern, dass Lea und ihr Kind diese Berge erreichte. War er von Anfang an dafür vorgesehen, sie davon abzubringen? Wenn ja, hatte der Minister ihn richtig eingeschätzt. Seine anhaltende Liebe zu Lea und das Verantwortungsbewusstsein seinem Kind gegenüber, ließen ihm keinen Spielraum anders zu handeln. Die Marionette Frank Grabenstein funktionierte!
     
     
    Das Tal der Erkenntnis
    14. Juli 2003
    In Deutschland war es seit über einer Woche heißer als an den Niederungen des Mekong. Europa stöhnte unter der heftigsten Hitzewelle des letzten Jahrhunderts. Doch dieser Sachverhalt, hätte er ihn gekannt, wäre für ihn kein Trost gewesen. Das Klima, als auch sein physischer Zustand, machten ihm kaum noch zu schaffen. Zu erdrückend war die seelische Belastung, die er den Berg hoch schleppte, nachdem er sich die Wahrheit zusammengereimt
    hatte. Trotz der ureigenen Furcht, die sich in seinen Magen gefressen hatte, blieb ihm nicht verborgen, dass die Chinesen beständig ihre Aufmerksamkeit steigerten. Die reinste Essenz der Angst schärfte seine Sinne. Der Vormarsch ging in der letzten halben Stunde behutsamer voran. In den Augen der Soldaten spiegelte sich Wachsamkeit, gepaart mit Nervosität. Wir sind nahe an der feindlichen Linie , dachte Frank und hielt sich respektvoll
    im Hintergrund.
    Sie überquerten den Pass, dem sie seit dem frühen Morgen zustrebten. Paarweise, die Flanken sichernd, rannten die Soldaten auf dem schmalen Steig über die Kuppe. Erst auf ein Zeichen hin, setzten die nächsten nach. Wang und er waren die letzten. Sobald sie die Anhöhe passiert hatten, suchten sie Deckung hinter einer Felsengruppe, die wenige Meter unterhalb der Passage lag, durch die sie auf die andere Seite gelangt waren. Er nahm an, dass es nicht allzu viele dieser Pässe gab. Die Chancen waren daher groß, dass auch Lea über denselben Zugang kommen würde. Nach ein paar Atemzügen wagte er seine Nase über die Felskante zu heben. Was er zu sehen bekam, hätte er nicht einmal im Traum erwartet. Alice hat das Wunderland betreten!
    Die Ausmaße der Hochebene waren gewaltig. Hunderte von Quadratkilometern - ein weißer Fleck in den Atlanten hat soeben Farbe und Struktur bekommen. Ein vergessenes Gebiet der Erde, das noch von keinem Fotosatelliten kartografisiert worden war, geschweige denn eine Georeferenzierung durchlaufen hatte. War er durch ein Tor in eine andere Dimension geraten? Unter ihm bot sich der steinige Abstieg in ein mit Gras bewachsenes, weitläufiges Tal. Ein in sich geschlossenes, lang gezogenes Oval, in bläulich schimmernder Ferne begrenzt von neun steil aufragenden Berggipfeln – den Steinernen Drachen. Die Drachenberge krümmten sich am Horizont in einem ausschweifenden Wall von Westen nach Osten. Er war schlecht im Schätzen von Entfernungen, aber er vermutete, dass sich der Gebirgszug auf eine Länge von über 100 Kilometern erstreckte. Die imaginäre Längsachse der Ebene traf im Neunziggradwinkel auf die drei höchsten Gipfel, die im Zentrum der Bergkette lagen und sich weit in den dunkelblauen Himmel streckten. Dahinter begann das unendliche Reich der Mitte. Links und rechts der Gebirgskette flankierten kleinere Berge das Tal, das sich leicht trapezförmig ausdehnte und in weichen Konturen bis zu den Ausläufern des Bergmassivs hinzog. Das hohe und saftige Gras des Hochplateaus verschmolz im diffusen Licht des Morgens mit den ausgedehnten Geröllfeldern an den Bergspornen. Dort, wo das Tal flach auszulaufen

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