Die Steinernen Drachen (German Edition)
verspricht über kurz oder lang der Wirtschaftsstandort der Zukunft zu werden. Beste Voraussetzungen und nährreicher Boden für die bereits erwähnten Ratten, die unter dem kommunistischen Regime schon viel zu lange in ihren Löchern ausharren mussten. Die chinesische Mafia steckte schnell ihr Terrain ab und hatte bald überall ihre Finger im Spiel. Mitunter übernahmen sie den Handel und Vertrieb von gestohlenem Kunst- und Kulturgut. Ein Markt der – gemessen an den Erfahrungen mit Japan - verspricht, ausgesprochen lukrativ zu werden. Mittlerweile gibt es in Peking und anderen großen chinesischen Städten ein Klientel für die wertvolle Ware Kunst.
Und jetzt, Herr Grabenstein, kommt unser Freund Zhong ins Spiel. Zwar war er nur ein kleines Rädchen in diesem gewaltigen Machtapparat, aber er hatte seine Aufgabe. Er beschaffte indirekt und per Auftrag Gemälde für zahlungswillige chinesische Geschäftsleute. Ich gebe zu, Herr Grabenstein, ab jetzt wird es hypothetisch. Sicherlich stand Zhong unter gewaltigem Druck, denn die Nachfrage aus seiner Heimat war groß. Vielleicht kam er nicht so recht mit den Bestellungen hinterher. Es ist ja auch kein Pappenstiel, einen alten Meister zu beschaffen. In der Mafia sind die Sitten streng und wer sein Pensum nicht erfüllt, verliert schnell mal einen Finger oder mehr. Also, lassen Sie uns vermuten, unser Freund Zhong kommt mit den an ihn gestellten Aufträgen nicht mehr zu Rande. Seine Bosse sitzen ihm im Nacken. Da laufen Sie ihm über den Weg. Er hat ein wenig Ahnung, weiß Bescheid in der Kunstszene und kennt Sie aus der Zeitung. Grabenstein, der große, geniale Fälscher!“
Franks Gesicht bekam zunehmend mehr Farbe. Er wollte sich das anmaßende Gelaber von Meinhans nicht mehr länger anhören. Doch er besann sich zur Gelassenheit, verbiss sich jeglichen Kommentar und hörte weiter zu.
„Sie bedenken bitte, dass alles, was ich Ihnen erzähle, rein spekulativ ist“, warf der Kommissar ein, dem seine Reaktion nicht verborgen blieb. „Nehmen wir also an, Sie und Zhong kommen ins Geschäft. Sie brauchen dringend Geld und haben das Talent. Die Überlegung ist nicht abwegig. Sie malen ein paar schöne Bilder, oder besser gesagt: fälschen das eine oder andere Gemälde. Nichts auffälliges, Alte Münchner Schule beispielsweise, von mir aus auch einen Kandinsky, und unser guter Ao liefert pünktlich an seinen Auftraggeber. Natürlich mit Expertise. Wer gekonnt Gemälde kopiert, kennt sicher auch jemanden, der die Echtheit dieser Werke bestätigt. Angenommen, der Deal funktioniert und Sie führen die erfolgreiche Zusammenarbeit fort. Sie betrügen die Mafia, die selbstverständlich davon ausgeht, dass der Chinese nur gestohlene Originale abliefert ...“ Der Kommissar legte wieder eine Pause ein, wohl, um zu sehen, wie seine Geschichte ankam.
Frank zeigte keine Regung, doch hinter seiner Stirn ratterten die Rädchen.
„Es liegt auf der Hand, dass Sie früher oder später auffliegen. Jemand erkennt, dass Zhong der Mafia Fälschungen unterjubelt. Eventuell ein Käufer, der ein zweites Gutachten machen lässt. Es kommt, wie es kommen muss. Die Bosse sind sauer und verpassen dem Kellner eine Abreibung, die er zu unserem Bedauern nicht überlebt. Niemand hat gesehen, was in dem dunklen Hinterhof geschah und selbst wenn, keiner der Chinesen aus dem Restaurant würde etwas sagen. Schließlich will man keinen Ärger mit der Mafia, die Schutzgelder tun schon weh genug. Zusätzlich kommt dem Killer entgegen, dass Sie kurz vor Zhongs Ableben mit ihm einen Plausch geführt haben und sich somit prima als Verdächtiger eignen. Dabei können Sie sich noch glücklich schätzen, dass der Kellner nicht verraten hat, dass die falschen
Bilder von Ihnen stammen. Möglicherweise hätte man Sie sonst auch gleich mit entsorgt. Oder aber, man begnügt sich damit, dass Sie als Mörder des abtrünnigen Verräters überführt werden und in den Knast wandern.“
„Sind Sie fertig mit Ihrem gequirlten Unsinn?“, fauchte er. „Nie habe ich mich besser unterhalten gefühlt. Käpt’n Blaubär ist ein Scheiß dagegen! Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass ich mit diesem Zhong Geschäfte, welcher Art auch immer, durchgeführt habe?“
Der Kommissar aß in aller Ruhe das Gebäck auf und trank seine Tasse leer. Dann sah er Frank mit eisigem Blick an. „Sie haben am Freitag 8.000 Euro in bar auf Ihr Konto einbezahlt. Woher stammt dieses Geld?“
„Darauf baut Ihre ganze Theorie auf? Auf die
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