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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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trank einen Schluck Wein und fuhr sich mit der Zunge über die feuchten Lippen. Er verschlang jede ihrer Bewegungen mit den Augen und bekam dabei einen träumerischen Ausdruck. Sie legte ihren Kopf leicht schräg und fragte ihn, ob er ihr zuhören würde. Erst da wurde ihm die peinliche Situation bewusst. Ihre Schönheit zog ihn in Bann und er starrte sie tatsächlich an.
    „Hören Sie mir noch zu?“, fragte sie.
    „Aber ja! Sie wissen eine Menge über Drachen“, stotterte er.
    Mit skeptischem Blick fuhr sie fort: „Wegen seiner ihm zugesprochenen Macht und Stärke erwählten die chinesischen Kaiser das glückbringende Fabeltier zu ihrem bedeutendsten Symbol. Ich weiß, dass ist alles sehr allgemein, ich bin wirklich keine Expertin. Schon gar nicht, was die Farbgebung in Zusammenhang mit der symbolischen Bedeutung dieser Wesen angeht. Rote Drachen sind meines Wissens gleichzusetzen mit dem Feuer, gleichwohl mit dem Süden. Der Süden wiederum entspricht dem Yang und ist ebenfalls ein Zeichen für Berge. Wir können also folgern, dass ein roter Drache auch für Berge steht. Nur, um zu ergänzen, das Gegenstück dazu, also das Yin, ist der Tiger – gleichbedeutend mit Tälern. Ein grüner Drache steht für den Osten. Welche Symbolik er darüber hinaus hat, kann ich nicht sagen. Für den Norden, respektiv für den Winter, steht ein schwarzes Fabelwesen, eine Kreuzung aus einer Schildkröte und Schlange. Es gibt auch einen schwarzhäutigen Drachen, der in der Mythologie das Flussbett des Gelben Flusses durchpflügt und somit Überschwemmungen verursacht. Sie sehen, nicht alle Drachen in Asien sind gut und die wenigsten davon grün. Selbst bei der chinesischen Schöpfungsgeschichte, besser gesagt bei der Entstehung von Tag und Nacht, spielt der Drache eine große Rolle. Texte aus dem vierten Jahrhundert vor Christus, dem so genannten Klassiker der Berge und Meere , besagen, dass bei einem Zusammenstoß Gong Gongs mit einem Berg,
    ein Loch im Himmel aufriss ...“
    „Gong Gongs?“, fragte er.
    „Eine chinesische Gottheit“, erklärte Chin, „der nach einem Streit um den Himmelsthron mit Zhuan Xu die Erde aus ihrer Verankerung riss, sodass sich der Himmel nach Nordwesten neigte und Sonne, Mond und Sterne ihm dorthin folgten. In der angesprochenen Version der Schöpfungsgeschichte verursachte Gong Gongs Zusammenstoß mit dem Berg im Nordwesten dieses Loch am Himmel und ein rothäutiger Drache nahm den Platz der Sonne ein. Wenn der Drache ausatmete war es Winter, wenn er einatmete Sommer. Wenn er die Augen offen hielt, wurde es Tag, schloss das Tier sie, wurde es Nacht. Zusätzlich sorgte sein Atem für den Wind auf der Erde. Ableitend von dieser Legende, kann man den Drachen auch mit der Sonne gleichsetzen. Sie sehen, dass es uns erheblich weiterhelfen würde, wenn Sie wüssten, welche Farbe der Drache auf der ursprünglichen Zeichnung hatte. Nur so können wir seine wahre Bedeutung genauer eingrenzen oder herausfinden. Aber lassen Sie mich abschließend sagen, dass ich diesen Drachen für ein sehr mächtiges Symbol halte.“ Mit diesen Worten gab sie ihm die Zeichnung zurück.
    Eine Weile widmeten sie sich schweigend dem Essen. Für ihn sah es so aus, als wolle sie ihm Zeit geben, das zu verdauen, was sie ihm erzählt hatte.
    „Ich nehme an, dass der Drache aus Laos stammt. Die Zeichnung diente als Vorlage für eine Tätowierung“, erklärte er unaufgefordert.
    Sie hielt einen Moment in ihrer Kaubewegung inne und erweckte kurz den Eindruck, als würde sie sich verschlucken. „Die Laoten haben es weniger mit Drachen, als mit Nagas – Schlangengötter aus dem Mekong, daher meine Verwunderung. Wissen Sie, wer sich den Drachen tätowieren ließ?“, formulierte Chin behutsam, nachdem sie sich gefangen hatte.
    „Eine junge Laotin. Ihr Name ist Lea.“
    „Le Ah!“, wiederholte Chin. „Das ist alles recht ungewöhnlich. Wie erwähnt, spielen Drachen in Laos nicht die Rolle wie in China.“ Chin nahm einen Block aus ihrer Handtasche und machte sich Notizen, während er fortfuhr.
    „Noch ungewöhnlicher ist, dass diese Frau von Chinesen daran gehindert wurde, sich den Drachen tätowieren zu lassen. Man hat sogar den Tätowierer bedroht und zusammengeschlagen“, erzählte er und dachte, dass das eine sehr geschönte Formulierung von dem war, was Wiegand tatsächlich passiert war.
    Doktor Ngo runzelte ihre Augenbrauen. „Sie haben natürlich
    Recht. Das klingt alles ziemlich verworren. Sind Sie sicher, dass er

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