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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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Wein einige Sekunden an seine Wunde, um die pochende Lippe etwas zu betäuben.
    „Was weiß ich schon über Sie? Horst sagte lediglich, dass Sie in Ordnung seien. Gut, ich vertraue Horst, aber ...“ Chins unausgesprochene Worte hingen in der Luft.
    „Okay! Sie haben Recht. Es wäre anmaßend von mir, Sie auf diese Art auszufragen. Ich wollte einfach nur wissen mit wem ich es zu tun habe.“ Um seine Offenheit zu untermalen, erzählte er kurz etwas über sich, wobei er die dunklen Flecken seiner Vergangenheit verschwieg. Zum Glück musste er den Grund seines Abstiegs vom angesehenen Restaurator zum Barkeeper nicht erklären. Sie nahm es als gegeben hin und bohrte nicht weiter nach.
    Stattdessen erzählte Chin über sich. „Ich wurde als Baby von einem deutschen Ehepaar adoptiert, bin also durch und durch Deutsche, abgesehen von meinem Äußeren. Ursprünglich komme ich aus Vietnam. Da meine Eltern kein Geheimnis aus meiner Herkunft machen konnten, da ich anders aussah als sie und alle Kinder in unserer Nachbarschaft, klärten sie mich früh darüber auf. Seitdem war es mein Wunsch mehr über meine Wurzeln zu erfahren, was letztlich dazu führte, mein Studium darauf auszurichten. Ich war seither, wann immer es möglich war, in meiner Heimat oder in Indochina unterwegs. Seitdem ich promoviert habe, berate ich europäische Firmen, die in oder nach Südostasien expandieren wollen. Nebenbei bin ich für Journalisten tätig, die wirtschaftliche oder politische Artikel über Südostasien verfassen. So habe ich Horst kennengelernt. Reicht das, um Ihre Bedenken zu zerstreuen?“
    „Sie sind mir böse?“
    „Nein, bin ich nicht! Lassen Sie uns die Sache vergessen!“
    Das Essen kam und das Gespräch ruhte für ein paar Minuten. Die Terrasse des Restaurants hatte sich gefüllt. Von allen Seiten waren gedämpfte Unterhaltungen und das Geklapper von Geschirr zu hören. Zwei dunkelhaarige Kellner wirbelten zwischen den Tischen herum und servierten duftende Gerichte.
    „Ich frage mich, wie tiefgreifend Ihr Interesse für Laos sein muss, wenn es der Kenntnis einer Expertin bedarf? Meines Wissens gibt es nichts über dieses Land, das man nicht nachlesen kann“, eröffnete Chin das Gespräch erneut.
    „Ich hoffe, Sie halten mich jetzt nicht für zu faul, um ein
    Buch zur Hand zu nehmen. Mein Problem, wenn ich es so bezeichnen darf, ist zum einen die Komplexität dieses speziellen Falls. Zum anderen ist die Geschichte zu vielschichtig und verfahren. Kurz gesagt, ich wüsste nicht, wo ich nachschlagen, zum Teil nicht einmal, wonach ich suchen soll.“
    „Das klingt für mich sehr widersprüchlich. Ich bezweifle, dass ich Ihnen weiterhelfen kann, wenn Sie nicht konkreter werden.“
    Daraufhin zog er die Zeichnung mit dem Drachen aus der Tasche. Das Blatt Papier zitterte leicht zwischen seinen Fingern. Chin nahm die Zeichnung entgegen und betrachtete sie intensiv. Er glaubte, etwas in ihren Augen zu erkennen: ein Funkeln oder Schatten, der sich für einen Moment über ihre schwarzen Pupillen bewegte. Aber sicher war das Unsinn.
    „Wissen Sie, welche Farben das Original hat?“
    Die Frage überraschte ihn und er schüttelte den Kopf. „Ich hätte erwartet, Sie fragen als erstes, woher ich den Drachen habe. Ist es denn wichtig, welche Farbe er hat? Sind Drachen in der Regel nicht grün?“
    „In Europa ja, wobei ich nicht sicher bin, ob es auch hier
    Ausnahmen gibt. Für die westliche Zivilisation war oder ist der Drache gemeinhin die Verkörperung des Bösen, während er in Asien meist Sinnbild des Guten ist. Es ist anzunehmen, dass Drachen in der chinesischen Mythologie aus Regengottheiten hervorgegangen sind. In der Regel dachte man, sie leben in Seen und Flüssen. Sie sehen, es gibt durchaus Verbindungen zu westlichen Mythen, wenn ich da zum Beispiel an Loch Ness denke. Unter Fachleuten für asiatische Fabelkunde gilt die Vermutung, der Drache steht in Verbindung zu den sogenannten Gelben Quellen , dem unterirdischen Strom, auf dem die Sonne nachts nach Osten zurückkehrt. Zum anderen wurden Drachen in Dürrezeiten angerufen, was wir heute noch beim chinesischen Neujahrsfest in Form des Drachentanzes vorfinden. Die Wurzeln dieses Rituals liegen darin, dass um Regen gefleht wurde. Diese mächtigen Wesen können zum einen großes Unheil anrichten, sind in den meisten Fällen aber Beschützer, beispielsweise von Schätzen oder sogar Behüter des Himmels. Sie bewachen Wasserwege, lenken Wolken und Wind ...“
    Chin holte Luft,

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