Die Steinernen Drachen (German Edition)
weiter.“
Er stellte sich blöd und sah ihn mit erwartungsvollem Blick an. Der Kommissar klärte ihn mit knappen Worten über den Fund der zwei toten Asiaten auf.
„Bin ich verdächtig?“
Meinhans lachte. „Mit Ihrem hausbackenen Karate hätten Sie die beiden nicht so ohne weiteres geschafft. Daher spreche ich Sie von jedem Verdacht frei. Zumindest, solange ich keine direkte Verbindung von Ihnen zu den Toten aufstöbere. Andere Frage: Hat sich Kreutzmann zufällig bei Ihnen gemeldet?“
Er schüttelte etwas zu energisch den Kopf.
Der Polizist ging zu seiner Erleichterung nicht weiter darauf ein. Er war schon beim nächsten Thema. „Wussten Sie, dass Herr Zhong Verbindungen zur chinesischen Mafia hatte?“
„Chinesische Mafia?“, wiederholte er argwöhnisch. „Hier in Waiblingen?“
„Das Verbrechen ist überall und mittlerweile auch das Organisierte. Sie würden sich wundern, in welche Rattenlöcher wir manchmal stolpern. Aber lassen Sie mich meine Überlegungen, was Herrn Zhong betrifft, einmal ausformulieren. Wie gesagt, konnten wir ihm eine Zugehörigkeit zur Mafia nachweisen. Leider wissen wir noch sehr wenig über deren Aufbau und der hierarchischen Struktur, um seine Position genauer zu bestimmen. Wir gehen aber davon aus, dass er ein kleiner Fisch war – aus Sicht des Entomologen sozusagen eine Arbeitsbiene. Im Zuge der Ermittlungen gelang es uns herauszufinden, in welche Richtung diese Geschäfte gingen.“ Er machte eine Pause, so als ob er die Spannung steigern wollte und lüftete das Geheimnis nach zwei langen Atemzügen. „Illegaler Kunsthandel!“
Sofort wurde Frank hellhörig und nahm innerlich eine abwehrende Haltung ein. „Worauf wollen Sie hinaus?“
Meinhans bestellte einen Kaffee und einen Berliner, ehe er fort fuhr. „In den 70ern begannen die Japaner damit, europäische Kunstwerke zu kaufen: Gemälde, Skulpturen, Antiquitäten. Hauptsache es war alt, wertvoll und kostete viel Geld. Die japanische Wirtschaft befand sich im Aufschwung und große Konzerne etablierten sich. Diese Geschäftsführung und das Management begann sich mit europäisches Kunst- und Kulturgut zu schmücken. Nichts, was auf dem freien Kunstmarkt gehandelt wurde, war mehr vor ihnen sicher. Sie grasten ihn förmlich ab. Nur was in Museen hing oder stand, blieb vom Kaufrausch der neureichen Japaner verschont. Und genau damit war der Punkt erreicht, an dem die Legalität endete. Die wirklich wertvollen, bekannten und Ansehen bringenden Kunstwerke befanden sich im sicheren Schoss der staatlichen Museen, unerreichbar für private Käufer. Aber, was war ein erfolgreicher japanischer Konzernleiter ohne einen echten Van Gogh über seinem Schreibtisch? Wir können davon ausgehen und ich denke, Sie wissen auch, dass viele alte Meister illegal nach Asien verkauft wurden. Im Auftrag japanischer Geschäftsleute wurden über geschäftstüchtige Hehler, viele Kunstwerke aus Museen oder privaten Sammlungen geraubt. In einzelnen Fällen ersetzte man sie vielleicht durch Fälschungen, um den Raub zu vertuschen. Aber, wie auch immer. Die Kunstwerke, die nach Fernost gingen, mussten echt und im besten Fall mit Zertifikat sein, sonst gab es kein Geld für den Zwischenhändler. Uns dummen, unwissenden Europäern blieben die Fälschungen, die wir trotz allem weiterhin mit Begeisterung begaffen.“
„Was hat das alles mit Ao Zhong und der Chinesenmafia zu tun?“, platzte er heraus. Abgesehen davon, dass ihm dies durchaus bekannt war, fühlte er sich zunehmend angegriffen, den er ahnte, worauf Meinhans anspielte.
„Ich gebe zu, meine Einleitung war etwas lang, aber lassen Sie mich einfach zum Ende kommen“, mahnte der Kommissar. Er biss genüsslich in seinen Berliner, streifte den Zucker von seiner Oberlippe und spülte mit Kaffee nach. „Mitte der 90er ereichte Japan eine Wirtschaftsflaute und es sieht nicht danach aus, dass sich das Land in naher Zukunft erholt. Die Millionen für Gemälde von ... was weiß ich, Albrecht Dürer oder Picasso sitzen nicht mehr so locker. Japan ist als Kunde für den illegalen Kunsthandel uninteressant geworden. Doch gleichzeitig mit dem Niedergang Japans hat sich ein neuer Markt aufgetan. Ein Markt mit überdimensionalen Ausmaßen.“ Meinhans machte wieder eine Pause und trank einen Schluck Kaffee.
Frank rollte mit den Augen.
„China“, sprudelte es aus dem Kommissar heraus, als er die Tasse abstellte. „China öffnet sich dem Westen, erhält Fördergelder und Investitionen,
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