Die Sterne rücken näher
jeden gewünschten Geldbetrag zur Verfügung stellte.
Der Juli ging in einen heißen, stickigen August über. Das lokale Wetterbüro tat zwar sein Bestes, konnte aber auch nicht viel ausrichten. Die Wolkensäer lieferten kurz nach Mitternacht immer einen kühlenden Regenschauer, der den Tagesstaub von den Straßen wusch. Alan ging meistens um diese Zeit nach Hause, stand dann auf der menschenleeren Straße, ließ den Regen an sich hinabperlen und freute sich darüber. Regen war für ihn etwas Neues. Er hatte soviel Zeit an Bord des Raumschiffes verbracht, daß ihm jede Erfahrung mit dem Wetter fehlte. Jetzt freute er sich schon auf den Winter und den Schnee, den dieser bringen sollte.
An die Walhalla dachte er selten. Er brachte die Disziplin auf, das Schiff aus seinem Bewußtsein zu verdrängen, denn ihm war natürlich klar, daß es kein Halten mehr für ihn gäbe, würde er einmal damit beginnen, seinen Entschluß zu bereuen. Das Leben auf der Erde faszinierte ihn. Er war unerschütterlich davon überzeugt, daß er eines Tages die Gelegenheit bekäme, den Cavour-Hyperdrive zu entdecken.
Hawkes lehrte ihn vieles – wie er ringen, Messer werfen oder beim Kartenspiel betrügen mußte. Zur Erziehung eines tugendhaften jungen Mannes gehörten diese und andere Dinge sicher nicht, aber auf der Erde war »Tugend« ein negativer Begriff.
Man war entweder flink – oder tot. Und wenn er je eine Möglichkeit finden wollte, sich auf die Suche nach dem Cavour-Hyperdrive zu machen, dann mußte er überleben; also war er ein gelehriger Schüler seines Freundes Hawkes.
In einer schwülen Septembernacht bestand er seinen ersten Test. Er hatte den Abend im Udo, einem eleganten Spiellokal der Vorstadt Ridgewood, verbracht und war mit mehr als siebenhundert Kredits – dem zweitbesten Ergebnis, das er je erzielt hatte – auf dem Heimweg. Er war sehr guter Dinge. Hawkes arbeitete in einem Lokal am anderen Ende der Stadt, und so hatten sie sich nicht für den Nachhauseweg verabredet. Gewöhnlich unterhielten sie sich noch, ehe sie zu Bett gingen, eine Stunde, manchmal zwei; Alan berichtete von seiner Arbeit; Hawkes wies ihn auf schwache Punkte hin und erklärte ihm, wie er diesen und jenen Fehler schließlich vermeiden konnte.
An jenem Abend kam er gegen halb eins nach Hasbrouck. Kein Mond stand am Himmel, und in Hasbrouck war die Straßenbeleuchtung nicht so gut wie in respektableren Vierteln. Die Straßen waren dunkel. Alan atmete schwer und schwitzte von der Schwüle. Er hörte nur das ferne Brummen der Wolkensäer; der Nachtregen war also bald fällig. Er wollte ihn draußen abwarten.
Um Viertel vor eins platschten die ersten Tropfen. Alan lachte, als der kühle Regen ihm den Schweiß vom Gesicht wusch. Die wenigen Fußgänger rannten, um sich irgendwo unterzustellen, und er genoß den Wolkenbruch.
Tiefste Dunkelheit hüllte ihn ein. Plötzlich hörte er Schritte. Einen Moment später fühlte er im Rücken einen scharfen Druck, und eine Hand packte ihn an der Schulter. »Geld her, dann passiert dir nichts«, sagte eine leise Stimme.
Alan reagierte schnell. Hawkes’ monatelanges Training zahlte sich nun aus. Er bewegte vorsichtig seinen Rücken, um festzustellen, ob das Messer seine Kleider durchstoßen hatte. Das war nicht der Fall.
Mit einer blitzschnellen Bewegung wirbelte er herum, tänzelte nach links und führte einen scharfen Handkantenschlag gegen die Messerhand seines Gegners. Der gab einen gedämpften Schmerzensschrei von sich. Dann tat er zwei Schritte rückwärts; als sein Angreifer ihm wieder auf den Leib rücken wollte, stieß ihm Alan die Faust in den Magen und tat einen Sprung seitwärts. Und plötzlich war die Neutrinopistole in seiner Hand.
»Stehenbleiben, wo du bist, oder du brennst«, warnte Alan ruhig. Der Angreifer hatte sich in den Schatten geduckt und bewegte sich nicht. Vorsichtig schob er das hinuntergefallene Messer aus dessen Reichweite, ohne aber seine Pistole zu senken.
»Okay«, sagte Alan. »Jetzt komm heraus ins Licht, damit ich dich sehen kann. Ich will dich nämlich nicht vergessen, mein Freund.«
Aber zu seiner Überraschung fühlte er starke Arme, die sich von hinten um die seinen legten und sie festhielten. Eine rasche Drehung, und die Neutrinopistole fiel ihm aus der Hand. Die fremden Arme waren wie ein Schraubstock; er konnte sich nicht mehr rühren.
Alan krümmte sich, doch es war nutzlos. Und jetzt kam der erste Angreifer auf ihn zu und untersuchte geschickt seine Taschen.
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