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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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zu den Ställen hinüberging. Sie begriff erst jetzt, daß Brenda ja soeben Zeugin einer Begebenheit geworden war, die sie vor die merkwürdige Erkenntnis stellen mußte, daß ihr Mann es erneut erreicht hatte, zum Herrn über Marmalon zu werden. Sie seufzte. Es durfte ihr nicht noch einmal passieren, daß sie sich den Befehlen von Charles Mackenzie unterwarf.
    Sie betrat die Eingangshalle, in der ihr Dilys aufgeregt entgegeneilte. »Haben Sie es schon gehört, Madam? Die Schafställe brennen !«
    »Ja, Dilys, ich habe es gehört. Aber soviel ich weiß, ist das Schlimmste vorüber.« Mary fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Sie merkte, daß sie Kopfschmerzen bekam und daß ihr die feinen, staubdurchwirbelten Sonnenstrahlen, die in die Halle fielen, in den Augen weh taten.
    »Ach, Dilys, hilf mir, aus diesem Kleid zu kommen«, bat sie erschöpft, »ich muß mir etwas anderes anziehen. Wer weiß, was heute noch auf mich zukommt!«
    »Wie war denn das Fest?« erkundigte sich Dilys neugierig. »Ich bin sicher, Sie waren die schönste Frau dort, Madam!«

    »Das Fest... ja, ich...« Mary sah Dilys’ erwartungsvolle Miene, lächelte und beschloß, nicht zu sagen, wie es wirklich gewesen war. Dilys hatte sich so viel Mühe mit ihrem Kleid und ihrer Frisur gegeben.
    »Es war schön«, sagte sie daher, »jeder hat die Farbe meines Kleides bewundert. Du hast es wirklich gut ausgesucht.«
    Dilys strahlte. Eifrig plappernd begleitete sie Mary die Treppe hinauf. Oben begann sie ausführlich und in allen Einzelheiten von dem aufregenden Nachmittag zu erzählen.
    » Weißt du denn, wie das geschehen konnte?« unterbrach Mary sie nach einer Weile.
    »Nein. Aber es ist seltsam, nicht? Ich meine, gestern hat es noch geregnet und alles ist feucht... ja, wenn es Sommer wäre...«
    »Ich werde versuchen, es herauszubekommen«, sagte Mary, »oh, Dilys, nimm mir die Ketten aus dem Haar. Sie sind sehr hübsch, aber langsam machen sie mich nervös!«
    Dilys kam ihrem Wunsch nach. Dann auf einmal stieß sie einen Schrei aus und wies zum Fenster.
    »Sehen Sie nur, Madam, da kommen die Männer! Oh, und einen tragen sie!«
    Mary stürzte ans Fenster. Mit beiden Händen zerrte sie ungeduldig an den Schnüren ihres Mieders.
    »Nun binde das schon zu, Dilys!« rief sie. »Und dann schnell das Kleid. Ich muß sofort hinunter und nachsehen, was geschehen ist!«
    Mit aufgelösten Haaren stürzte sie endlich die Treppe hinunter. In der Halle standen die Knechte in zerrissenen Kleidern und mit rußgeschwärzten Gesichtern. Zwischen ihnen auf dem Boden lag eine zusammengekrümmte Gestalt, über die sich das Küchenmädchen Allison mit erschrockenen Augen beugte. Als sie Mary sah, richtete sie sich auf.
    »Madam«, sagte sie schluchzend, »es ist Tallentire. Er ist bewußtlos! Ach, Madam, er atmet so schwer!«
    Mary drängte sich zwischen den Männern hindurch und kauerte neben Tallentire nieder. Er lag auf der Seite, so daß sie sein Gesicht nicht erkennen konnte, aber sie hörte seinen lauten, rasselnden Atem. Aber etwas anderes erschreckte sie noch viel mehr und ließ
sie grauenerfüllt zurückweichen: der widerwärtige, bittere Gestank von verbranntem Fleisch, den der Mann vor ihr ausströmte.
    »Lieber Gott«, hörte sie sich sagen, »was ist denn mit ihm geschehen? «
    »Wie eine Fackel hat er gebrannt«, erklärte einer der Männer, »wir sind zu fünft über ihn hergefallen, um ihn zu löschen. Seither hat er kein Bewußtsein mehr.«
    Mary entdeckte nun erst, daß der Verletzte unter einer Decke lag. Vorsichtig hob sie eine Ecke hoch, um sich gleich darauf mit schneeweißem Gesicht abzuwenden. Eine Hand griff nach ihrem Arm und sie sah Charles Mackenzies Gesicht dicht über ihrem.
    »Sehen Sie es sich nicht noch einmal an«, sagte er sanft, »wirklich kein schöner Anblick.«
    »Nein, nein... es... ist...« Was sie gesehen hatte, war eine schwarze, blutige Masse gewesen, nicht mehr erkennbar, zu welchem Körperteil sie gehörte, stinkend wie die Pest und leise zuckend. Ein Mensch als Fackel... Sie kämpfte gegen den neu ansteigenden Brechreiz an, im Kopf den Gedanken: Nicht vor ihnen! Ich werde nicht vor all diesen Männern ... schon gar nicht vor Mackenzie. Sie versuchte sich aufzurichten, aber ihre Beine gaben nach. Schon drehte sich die Halle um sie, da ertönte die wehleidige, schrille Stimme ihrer Tochter Jane.
    »Mutter! Warum kommst du nicht zu mir? Du hattest versprochen... «
    Die Stimme reichte aus, Marys Lebensgeister zu wecken.

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