Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon
Augenwinkeln feststellte, daß inzwischen jeder im Park sie beide voller Aufmerksamkeit beobachtete.
»Sie machen sich bereits lächerlich«, zischte sie, »nun lassen Sie mich schon los! Habe ich Sie damals so sehr getrofffen? Lieber
Himmel«, sie strich ihr Kleid glatt und warf den Kopf zurück, »es war eine Jugendtorheit, nichts weiter. Und wie Sie selber schon feststellten, hat es Ihnen nicht zu sehr geschadet!«
»Eine Jugendtorheit? Dafür sind Sie viel zu raffiniert zu Werke gegangen.« Archibald keuchte, sehr langsam beruhigte er sich wieder. Solange Mary überrumpelt und entsetzt gewesen war, hatte er von ihrem gemeinsamen Abenteuer mit lässigem Lachen sprechen können, nun, da sie ihn so höhnisch ansah, stieg in ihm die Erinnerung an die einstige Schmach auf und ließ ihn in hilflosen Zorn fallen.
»Wer war Ihr Komplize in der Sache?« fragte er. »Ein Mann oder eine Frau?«
»Das ist doch ganz gleichgültig. Es ist so lange her!« Sie lächelte leicht, und das erbitterte ihn noch mehr.
»Glauben Sie nicht, ich hätte es vergeben oder auch nur vergessen«, sagte er heftig, »ich...«
Er wurde unterbrochen von zwei Frauen, die auf einmal hinzutraten. Es waren Anne Brisbane und ein sehr junges, blondes Mädchen mit zartem Gesicht, aber einem etwas einfältigen Blick.
»Ich habe dich schon gesucht, Archibald«, sagte es mit sanfter Stimme. Archibald knurrte etwas.
»Meine Frau, Lady Patricia Claybourgh«, stellte er dann unfreundlich vor, »Patricia, dies ist Mary de Maurois von Marmalon. «
»Wie schön, Sie kennenzulernen, Mrs. de Maurois! Ich habe den Eindruck... mein Mann und Sie kennen einander bereits?« Die Frage kam von Patricia völlig arglos, aber Mary bemerkte ein boshaftes Aufleuchten in Annes Augen.
»Wir sind uns in London einmal flüchtig begegnet«, murmelte Archibald.
Anne hakte sofort ein. »So flüchtig kann es nicht gewesen sein. Ihre Unterhaltung eben schien mir recht impulsiv!«
Patricia lachte silberhell. »Sicher hat er der armen Mrs. de Maurois Vorwürfe gemacht, weil sie ihre Waren auf dem Markt so billig anbietet – deswegen sind doch hier alle böse auf sie, nicht?«
Mary fand Patricia Claybourgh ziemlich dumm. Unter anderen
Umständen wäre ihr dieser Ausspruch peinlich gewesen, aber jetzt griff sie ihn dankbar auf.
»So ist es«, sagte sie, »jeder greift mich deshalb an. Sogar während eines idyllischen Gartenfestes.«
»Jeder hier haßt Sie«, sagte Anne zufrieden, aber Patricia stimmte sogleich ihr helles Gezwitscher an. »Nein, das dürfen Sie nicht sagen, Miss Brisbane!« rief sie. »Mrs. de Maurois ist so reizend und so hübsch! Die Leute werden sie bald sehr gern mögen. Wollen wir Freundinnen sein, Mrs. de Maurois?«
»Oh... ja, natürlich gern«, erwiderte Mary überwältigt und dachte, daß Patricia wirklich ausgesprochen dumm war. Immerhin konnte es nützlich sein, sich mit ihr gut zu stellen, besonders, wenn Archibald noch irgendwelche Bosheiten ausbrüten würde. Sie sah ihn unsicher an und bemerkte gleich darauf, daß Anne dieser Blick nicht entgangen war. Die Vorstellung, gleich zwei Menschen gegenüberzustehen, die sie haßten, machte ihr angst.
Abrupt trat sie ein paar Schritte zurück. »Ich glaube, ich muß nun gehen«, sagte sie, während sie verzweifelt überlegte, welchen Grund sie für ihren überstürzten Aufbruch angeben könnte, »ich...«
Wieder war es Patricia Claybourgh, die ihr aus der Verlegenheit half. »Ach ja, ich habe gehört, Sie führen Ihr Gut ganz allein«, rief sie entzückt, »das bedeutet sehr viel Arbeit, nicht wahr? Da können Sie nicht einfach einen ganzen Tag lang fortbleiben!«
»So ist es«, bestätigte Mary, »außerdem habe ich eine kleine Tochter, die...«
»Wie reizend! Ich habe einen kleinen Sohn. Wir sollten die beiden einmal zusammenbringen, finden Sie nicht auch?«
»Ja, das wäre schön. Besuchen Sie mich doch einmal in Marmalon, Lady Claybourgh. Miss Brisbane, bitte entschuldigen Sie mich bei Lady Cathleen. Ich kann sie im Moment nicht sehen!« Nach einer Pause fügte sie noch boshaft hinzu: »Sie ist ja auch sehr beschäftigt mit Sir Hadleigh!«
Annes Stimme klang spröde wie Eis, als sie erwiderte: »Gehen Sie nur. Ich werde es Mylady erklären.« Ihre Miene verriet, daß sie Mary äußerst undamenhaft und unhöflich fand. Mary wußte selber,
daß ihr Benehmen zweifelhaft war, aber weder Anne noch Archibald konnte sie jetzt länger ertragen. Obwohl sie wußte, daß alle Blicke ihr folgten, lief
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