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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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»daß du nun einem Stümper in die Hände fällst! Er versteht von der ganzen Sache nicht mehr als du, und bis er weiß, wie er es überhaupt anfangen soll, habt ihr beide schon die Lust verloren. Das Ganze wird in einem ziemlichen Durcheinander enden.«
    »Ach, tatsächlich? Sie wissen das ja so genau! Weil Sie natürlich auf diesem Gebiet unschlagbar sind! Sie warf den Kopf zurück, in einer, wie sie hoffte, verächtlichen Geste. Mit einem einzigen Schritt war Nicolas neben ihr, seine dunklen Augen sahen sie an.
    »Du kleine Ratte«, sagte er leise, »ich bin unschlagbar und wärest du nicht plötzlich von deinen edlen Gefühlen überwältigt worden, dann hätte ich es dir bewiesen. Du warst schon völlig verrückt danach, du sinnliches, zickiges Biest, gib es doch zu! Aber noch schöner ist das Entsagen um einer heiligen Gesinnung willen! Bei deiner schwarzen Seele, Mary, das weiß ich: hättest du eben getan, was du wolltest und was ich wollte, solange du lebst, wärest du nicht mehr von mir gegangen! Aber bitte«, er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, deutete eine Verbeugung an und wies zur Tür.
    »Geh nach Hause! Ich zwinge dich zu gar nichts. Es kommt der Tag, da kehrst du zu mir zurück, und solange kann ich warten. Leben Sie wohl, Madame. Und meine Empfehlung an den zukünftigen Ehemann!«
    Mary tat, als habe sie seine Worte nicht gehört, sie rauschte einfach an ihm vorbei. Sie fühlte sich unglücklich und leer, so, als sei sie um etwas betrogen worden, was sie gar zu gern gehabt hätte. Sie biß die Zähne zusammen, hoffend, daß sie sich mit keinem Blick und keinem Wort verraten würde. Sie stand schon draußen in der nachtschwarzen Sherwood Alley, unter dem Licht der Hauslaterne, da hörte sie noch einmal seine Stimme.
    »Ich bleibe dabei, Mary Askew, du bist nur gekommen, um von mir geküßt zu werden, aus keinem anderen Grund. Du weißt schon, wo du dir von allem das Schönste holst, und in der Liebe gehörst du zu mir. Du kommst noch dahinter!«

    Gegen ihren Willen sah sie sich um. Er lehnte in der Tür, die Arme verschränkt, die Beine gekreuzt, das Gesicht zu einem Lachen verzogen.
    »Wenn Sie es nur irgendwann einmal aufgeben könnten, so unerträglich eingebildet und selbstherrlich zu sein«, sagte sie zornig.
    Er zuckte mit den Schultern. »Und du mußt irgendwann einmal das Leben kennenlernen, Mary. Es ist kein lustiges, hübsches Gesellschaftsspiel, wie du es vielleicht von den Lordschaften her kennst, mit denen du zusammenlebst. Es kann manchmal todernst sein. Aber auch dahinter kommst du noch!«
    Sie gönnte ihm keinen Blick mehr, raffte ihre Röcke und lief eilig davon. Nicolas’ Lachen schwang im Frühlingswind mit, und sie hörte es erst verklingen, als sie um die Ecke bog und die Sherwood Alley hinter sich ließ.
     
    Schon als sie das Dorfschild mit der Aufschrift »Shadow’s Eyes« passierten und der lehmige Feldweg in holpriges Kopfsteinpflaster überging, legte sich die Atmosphäre dieses Ortes so beklemmend auf Marys Brust, daß sie nur noch schwer atmen konnte. Nicht einmal in ihrer Erinnerung waren die Gassen so düster, die Häuser so krumm, die Fenster so schwarz gewesen. Zu allem Überfluß schien Shadow’s Eyes nun auch noch wie ausgestorben, und gräßlicher Verwesungsgeruch hing in der Luft. Mary wußte, daß er in der Hauptsache von den Abfallbergen herrührte, die sich rechts und links der Straßen auftürmten, aber nach allem, was sie erfahren hatte, konnte sie nicht anders, als darin auch den Tod zu wittern, der wochenlang über diesem Ort gelegen hatte. Alles wirkte unheimlich still und leer, denn wie immer in Seuchenzeiten rückten die Menschen voneinander ab und verbarrikadierten sich in ihren Häusern.
    Vor dem Armenhaus zügelte Edward sein Pferd und sprang hinunter in den Schmutz der Straße. Ohne sich weiter um Mary zu kümmern, führte er das Tier in den Stall, der sich gleich neben dem Haus befand. Mary sah an den kleinen, vergitterten Fenstern hinauf, hinter denen nur Finsternis zu sein schien, auf die niedrige Tür, die schief in ihren Angeln hing. Warum nur sah alles so tot aus? Die
ganze Reise lang war sie traurig gewesen, aber auf einmal wurde der Kummer so stark, daß ihr die Tränen in die Augen stiegen. Eine endlose Reihe von Wochen lag vor ihr, in denen sie in diesem Haus leben mußte, dabei hatte sie es nie wieder betreten wollen. Mit einer kraftlosen Bewegung rutschte sie vom Pferd, nahm es am Zügel und führte es in den verfallenen,

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