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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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geben?«
    »Ähm... ähm...«, brachte Mr. Finch heraus und sackte in sich zusammen, wobei er sich die Hände vor die Brust drückte.
    Nach einer Weile wurde einer der Juniorpartner hereingerufen. Und P. trat in eine neue Phase. Ihr KREUZZUGbegann.
    An dieser Stelle erscheint es angebracht, einen Blick auf P.'s körperlichen Zustand zu werfen, während sie mit gezücktem Spendenscheckbuch und einem Anwalt zur Seite die Öko-Szene betrat.
    Der allgemeine Eindruck war der einer ruhigen, schlanken, teuer lebenden Person. Ihre Stimme war sanft, und sie kleidete sich in schlichten Naturtönen rauch-, honig-, schnee-, weiden- oder erikafarben. Die Öffentlichkeit neigte dazu, sie zu übersehen, und fühlte sich allenfalls durch ein unbestimmtes Unbehagen gestört, wie es sich einstellt, wenn man mit einemoffenen Reißverschluß herumläuft. Das männliche Auge, das einen zweiten Blick auf sie warf, entdeckte die elegante Zügellosigkeit ihrer Hüften, die zarten Taubenbrüstchen. Wenn es weiter nach oben wanderte, traf das Auge auf ein zauberhaftes Lächeln (ein Erbe von mütterlicher Seite) und auf den klaren, lavendelfarbenen Blick des Vaters. Wenn das Auge zu lange dort verweilte, empfing es so etwas wie die Ausstrahlung einer lüsternen Jungfräulichkeit. Danach glichen andere Frauen nur noch kläglichen Tambourmajorinnen.
    Ihre Liebhaber gaben ihr die Namen der verschiedensten Göttinnen, nannten sie Engel und so weiter. Hadley Morton hatte sie mit einem Reh verglichen und sich über ihren Hintern geäußert. Es herrschte allgemeine Übereinstimmung darüber, daß sie einen unglaublichen Hintern besaß. Allerdings einen trägen.
    Dies also war das junge Luxuspersönchen, das einige Monate später aus der Bürosuite des Club of Rome trat, gefolgt von dem Juniorpartner des Notariats, dessen Name Reinhold war. Reinhold schloß die Tür hinter ihnen, begleitet von einem erlesenen Chor einfallsreicher Abschiedsworte, und gab dem Chauffeur ein Zeichen.
    »Zum Flughafen.« Er half ihr beim Einsteigen und sank selbst in die Polster. Er war müde. »Reinhold«, sagte P. nachdenklich, »die wievielte Organisation war das jetzt?«
    »Die zweiundvierzigste«, antwortete Reinhold, ohne zu zögern, mit seinem ausgeprägten anglochicagoer Akzent. »Sechzehn spontane Spenden, einige Patenschaften und das Lemurenweibchen in Madagaskar nicht mitgerechnet.«
    »Ich dachte, es wäre einfacher. Es gibt so viele verschiedene schreckliche Bedrohungen!«
    »Einfache Chemotoxine und verschiedene direkt wirkende Gifte« – er zählte mit den Fingern auf – »gewaltsame Vernichtung, mechanische Zerstörung plus Erosion, radioaktive Verseuchung, Mutagenese. Säugetiere sterben, Fische sterben, Vögel sterben. Insekten sterben aus, Pflanzen werden nicht bestäubt – Hungersnot. Oder Plankton wird vernichtet, Ozeane sterben – Hungersnot. Oder der CO2-Gewächshaus-Effekt, der Meeresspiegel steigt an – Flutkatastrophen und Hungersnot. Oder der Smog läßt die Sonnenstrahlen nicht mehr durch, die Vereisung setzt ein – Frostkatastrophen und Hungersnot. Oder alle Trinkwasserseen werden durch Düngemittel und anaerobische Bakterien verseucht – Tod durch Verdursten. Oder die natürlichen Bakterien im Erdboden werden ausgerottet – keine Nahrung mehr. Oder die Nahrung wird knapp, die Geburtenrate sinkt nicht, krankhafte Überbevölkerung – ein weltweites Bangladesch. Oder Energieknappheit – Krieg und Hunger. Ich vergaß die Virusseuchen. Etceteretceteretcetera ... Geschätzte Frist bis zur vollständigen Zerstörung der Biosphäre oder bis zum Eintreten eines anderen nicht mehr gutzumachenden Schadens: mindestens fünf, höchstens hundert Jahre, ungeachtet der Möglichkeit eines nuklearen Holocaust ...«
    Während er sprach, fragte er sich, ob sie sich diesmal wohl daran erinnerte, daß sie miteinander geschlafen hatten.
    »Schrecklich, schrecklich«, murmelte P. »Es ist alles viel schlimmer, als ich vermutet hatte.« Sie seufzte und dachte an all die zum Sterben verurteilten Vögel und anderen Tiere, die fröhlichen Freunde des Erdballs. SEINE Kunstwerke. ER mußte furchtbar leiden.
    »Es beeinträchtigt dein persönliches Leben nicht, meine Liebe«, sagte Reinhold ernst. »Warum errichtest du dir keinen Ökobau? Herrje, mit deinem Geld könntest du einen Raumsatelliten bauen.«
    »Aber ich will mein Geld benutzen, um der ERDE zu helfen«, wiederholte sie zum hundertsten Mal. Reinhold straffte den Unterkiefer und hoffte, daß Finch,

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