Die Sternseherin
Professor scheint sehr vorsichtig zu sein.«
»Und er hat Hilfe.«
Estelle kam herein. »Wer hat Hilfe?«
Julen roch dunkle Erde, frisch aufgeblühten Jasmin und – Sex. Der Duft von Wald und frisch geschnittenem Gras, der sie immer umgab, hatte eine weitere Note angenommen. Seine Nüstern blähten sich und unwillkürlich machte er einen Schritt auf sie zu, nur um Asher direkt vor sich zu finden. Er hob beschwichtigend seine Hände, ließ sich auf das Sofa fallen und legte betont lässig die Füße auf den niedrigen Tisch. »Du hast nicht zufällig auch etwas Nahrhaftes bestellt?«
Asher wies mit dem Kopf zum Kühlschrank. »Später.«
»Wie überaus vorausschauend von dir! Man will schließlich nicht in Gegenwart einer so reizenden«, bewusst betonte er dieses Wort, »Lady die Beherrschung verlieren.« Für Sekundenbruchteile glaubte sie, Reißzähne durch sein charmantes Lächeln blitzen zu sehen, und rückte unwillkürlich näher an Asher heran.
Sie tat gut daran, nicht zu vergessen, dass sie es mit gefährlichen Kreaturen zu tun hatte.
Keine Angst, mein Stern! Er tut das nur, um mich zu provozieren. Julen täte dir niemals etwas zuleide. Ashers warme Stimme und seine Selbstsicherheit besänftigten ihre Nerven und sie begann schließlich mit ruhiger Stimme von ihrem Gespräch mit der Fremden zu berichten. »Die Frau heißt Sara Anderson, lebt in London und färbt ihre Haare. Okay, Letzteres scheint euch nicht zu interessieren, aber wisst ihr was? Ich fand es wichtig. Sie war sehr nett, aber sie weiß auch, etwas für sich zu behalten. Ich war überrascht, wie ungewöhnlich gut ihre Instinkte sind. Wann immer ich versuchte, ihre Gedanken zu lesen, schien sie nervös zu werden. Was auch immer sie nach Cambridge geführt hat, scheint ihr wichtig zu sein. Alle anderen Erinnerungen waren weit weniger geschützt. Also habe ich es vorerst gelassen.« Estelle beschloss, ihre Ahnung bezüglich Saras Abstammung vorerst für sich zu behalten. Sie war sich ziemlich sicher, dass in ihren Adern Feenblut floss. Und es musste relativ unverdünnt sein, wenn sogar Estelle es riechen konnte. Vielleicht hatte Julen deshalb so intensiv auf sie reagiert, seltsam nur, dass er nichts davon erwähnt hatte.
Er hob fragend eine Augenbraue.
»Also gut, ich habe nicht herausfinden können, was sie hier will.«
»Das bringt uns nicht weiter.« Julen wollte aufstehen.
»Vielleicht doch. Ich weiß, wie der Mann heißt, mit dem sie sich im Pub getroffen hat: David Barclay. Und jetzt haltet euch fest: Er arbeitet als Assistent für einen Biogerontologen namens Gralon, und der betreibt ein Privatlabor in der Earl Street.«
»Bingo! Gralon ist unser Mann und Hilfe bekommt er, um auf deine ursprüngliche Frage zurückzukommen, von einem äußerst unangenehmen Zeitgenossen: Urian, auch ›der Schlächter‹ genannt.«
»Das klingt ja widerlich!«
Julen nahm die Beine vom Tisch und stand auf. »Und es ist auch kein schöner Anblick, glaub mir!«
Asher beobachtete jede seiner Bewegungen aufmerksam. »Wir werden unserem Meisterdetektiv ein wenig Privatsphäre gönnen. Im Kasten unter dem Sofa sind übrigens Kissen und eine Decke«, sagte er über die Schulter gewandt und schob Estelle sanft in Richtung Schlafzimmer.
»Und jetzt?«, fragte sie. »Willst du etwa hier übernachten mit Julen als Wachhund vor unserer Tür?«
»Ich könnte in der Badewanne schlafen«, schlug er mit seinem unverwechselbaren, einseitigen Grübchenlächeln vor, das stets ein warmes Summen in Estelles Adern zu zaubern schien.
»Da habe ich eine bessere Idee!« Sie entzog sich seiner Umarmung, um nicht auf der Stelle schwach zu werden. Wenn eine Seelenpartnerschaft so aussah, dann konnte sie sich gewiss an diesen Teil gewöhnen. Sorgen machten ihr andere Aspekte, die es so sicher gab wie Moskitos im Paradies.
Asher ließ sie ziehen. Wenig später hörte er die Dusche rauschen und folgte ihr. »Mir scheint, mit dir bekommt ein Mann nie seinen wohlverdienten Schlaf.« Er begann, ihren Rücken einzuschäumen, und nichts an ihm wirkte ruhebedürftig, als er die Fee umdrehte, ihre langen, dunklen Haare beiseiteschob, um sie unter dem warmen Wasserregen zu küssen.
Derweil stürzte Julen ein Glas Blut hinunter, verfluchte sein ausgezeichnetes Gehör und wünschte sich ans andere Ende der Welt. Die Feentochter war ihm tiefer unter die Haut gegangen, als er gedacht hatte, und was nebenan geschah, entsprach überhaupt nicht seiner Vorstellung von gepflegter
Weitere Kostenlose Bücher