Die Sternseherin
und du weißt, dass ich für Dunkelelfen ansonsten wenig übrig habe. Die meisten von euch führen sich auf, als würde ihnen ein Besenstil im Arsch stecken, ganz so wie die feinen Pinkel zu meiner Zeit. Für eine lockere Runde im Bett waren sie immer zu haben. Aber wehe, man begegnete ihnen bei Tageslicht, dann wollten sie einen plötzlich nicht mehr kennen. Du warst schon immer anders. Und ich weiß sehr genau, wem ich meinen Job als Statthalterin in London zu verdanken habe.« Sie legte ihre Hand auf seine Schulter. »Warum sollte ich das alles aufs Spiel setzen?«
»Du überschätzt meinen Einfluss; diesen Job hast du, weil du die Beste dafür bist. Du weißt, ich vertraue dir ebenfalls!«
»Selbstverständlich, sonst wärst du nicht hier. Also, was gibt es sonst noch?«
»Sara ist auch eine Feentochter und sie braucht Hilfe«, begann er, unsicher darüber, wie er die Situation erklären sollte.
Nell war überrascht, sie hatte das Mädchen für eine Sterbliche gehalten. Ärgerlich, dass ihr dieser Fehler unterlaufen war, fragte sie: »Was ist mit der Mutter?«
»Das ist eines der Probleme. Die Fee scheint krank zu sein und nun ist sie auch noch verschwunden. Estelle hat eine Freundin, die sich auf diese Dinge versteht. Manon kommt morgen nach London.«
»Und du willst, dass sie auch bei mir wohnt. Allmählich werden die Zimmer knapp, ich habe in den nächsten Tagen eine Zusammenkunft hier im Haus. Allerdings, wenn die Feen bei euch im Appartement schlafen, ist es kein Problem. Sag dieser Manon, dass sie sich im Pub melden soll, ich werde meinen Leuten Bescheid geben. Ach, und noch etwas, sorge bitte dafür, dass dein Harem nicht allein im Haus herumgeistert. Ich kann leider nicht das gute Benehmen aller Gäste garantieren.«
»Das mache ich. Danke, Nell!«
»Wegen der Bezahlung werden wir uns schon einig werden.«
»Geldgieriges Luder«, Asher kniff ihr in den Hintern, dass sie kreischte.
»Lass das, du ruinierst meinen guten Ruf!«
Er hauchte einen Kuss auf ihre gepuderte Wange und raunte: »Der ist doch schon lange dahin.«
Sie schlug mit dem Fächer nach ihm. »Und daran trägst du eine nicht unerhebliche Schuld, mein Lieber! Komm, lass uns auf die alten Zeiten trinken und auf deine neue Zukunft.« Sie reichte ihm ein Glas vom Tablett eines Kellners und nahm sich selbst auch eines. »Das ist ein einzigartiger ›Jungfrauen-Cocktail‹. Genieß ihn, Darling!« Asher stieß mit ihr an. Er war erleichtert, dass sie seine Entscheidung so gut aufgenommen hatte. »Auf die schönste Herrscherin Londons!«
Nell nahm sein Kompliment wie selbstverständlich entgegen, trank und küsste ihn dann völlig überraschend mitten auf den Mund. Er schmeckte Nells Leidenschaft durch das Aroma von Blut in ihrem Atem und genoss einen Augenblick die vertrauten Zärtlichkeiten, bevor er ihre besitzergreifenden Hände behutsam von seinem Nacken löste.
»Sei kein Spielverderber!« Nun schmollte sie wirklich. »So einen kleinen Abschiedskuss wirst du mir doch gönnen.« Asher kannte ihre Launen und wollte sie nicht verärgern. »Natürlich!« Er schenkte ihr ein schmales Lächeln. »Und jetzt erzähl mir, ob es weitere Zwischenfälle mit den Streunern gegeben hat.«
Glücklicherweise ging sie darauf ein und war wieder ganz die kühle Herrscherin. »Ja, das hat es. Nicht in London, aber Dublin, Berlin und Paris melden Übergriffe und in der vergangenen Nacht gab es einen Zwischenfall in New York.« Sie zog einen Umschlag aus ihrem Dekolleté und reichte ihn Asher. Das Papier in seiner Hand knisterte förmlich vor Magie und er steckte den Brief ohne einen weiteren Blick darauf zu werfen in die Tasche. Sie konnte ihn noch so süß anlächeln, eine Depesche des Rats würde er niemals vor Dritten lesen. Asher leerte sein Glas. »Vielen Dank, ich werde mich nun mit deiner Erlaubnis zurückziehen.«
Nell wedelte mit ihrer kleinen, weißen Hand. »Geh schon, ehe ich es mir anders überlege.«
XVI
Estelle hatte genug gesehen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging hoch erhobenen Hauptes zurück in ihr Appartement. Der Weg dahin erschien ihr unendlich lang. Die letzten Meter wäre sie am liebsten gerannt. »Der ganze Zirkus kann mir gestohlen bleiben!« Schluchzend warf sie die Tür hinter sich zu. Asher hatte ihre Gastgeberin nicht nur in den drallen Hintern gekniffen, er hatte sich auch noch von ihr küssen lassen!
Es war nur wenige Minuten her, da war die Welt noch in Ordnung. Sie saß mit einem guten Buch
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