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Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Titel: Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Rudis
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treffen sie sich. Irgendwo. La petite mort. See you somehow, somewhere.

PRAG – MALMÖ – LISSABON
    P etr saß am Steuer und Klára rauchte eine Zigarette nach der anderen. Die Musik lief, auf Sigur Rós folgte Massive Attack . Immer wieder die ersten zwei Songs aus dem zweiten Album. Das erste voller Schwermut, das zweite sehr traurig.
    Malmö schlief auf dem Rücksitz, die Sonne neigte sich zum Horizont und die Autobahn rollte nur langsam nach hinten. Auf einem Rastplatz im Spreewald tauschten sie die Plätze. Die Luft war kalt und die Wolken am Himmel bewegten sich nicht.
    »Du willst barfuß fahren?«
    »Macht dir das was aus?«
    »Irgendwie finde ich es schön.«
    »Na super.«
    »Aber vielleicht ist es auch gefährlich.«
    »Alles Schöne ist gefährlich.«
    Über Deutschland legte sich die Nacht wie eine Decke. Auf dem Autobahnring rauschten sie an Berlin vorbei. Für einen kurzen Moment sahen sie den angestrahlten Fernsehturm. Er sah wie die Diamantnadel auf einem Plattenspieler aus. Massive Attack gab müde und langgezogene Beats vor, und sie wurden auf einer Schallplatte aus Asphalt nach vorne getragen, immer weiter und immer weiter.
    Im Morgengrauen erreichten sie das Meer. Sassnitz auf Rügen. Im Hafen kauften sie sich Heringsbrötchen, mussten zuerst aber eine halbe Stunde warten, bis die alte Frau ihren Stand geöffnet hatte. Sie waren nicht nur ihre ersten Kunden an dem Tag, sondern auch die ersten Tschechen, die sie seit langer Zeit sah.
    Sie schifften sich ein. Außer ihnen gab es kaum andere Gäste auf der Fähre. Der Himmel sah grau aus, das Meer auch. Sie standen Arm im Arm am Achterdeck. Gemeinsam mit Malmö sahen sie zu, wie der Hafen dahinschwand, sie lauschten dem morgendlichen Konzert der Schiffskräne. Später war nur noch die Ostsee da. Eine lange, verwischte Linie, die wie eine aufgewühlte, unlesbare Unterschrift hinter dem Schiff zurückblieb und sich irgendwo ganz weit weg auflöste. Erst der Regen trieb sie wieder ins Schiffsinnere. Sie waren müde und suchten sich einen Sitzplatz, vor einem Laden mit deutschem Bier und schwedischen Lakritzbonbons schliefen sie aneinandergelehnt auf einer Bank ein.
    Als sie in Malmö ankamen, regnete es immer noch, und Malmö bellte im Hafen alle Hunde an.
    Klára streichelte sie: »Sieh dir das mal an, das ist deine Stadt.«
    Drei Tage lang kurvten sie durch Südschweden. Der Regen wollte nicht aufhören, aber das störte sie nicht. Im Auto war es kalt, die Heizung funktionierte nicht. Die Scheibenwischer zum Glück schon. Sie brachen in den Süden auf. Kopenhagen, Odense, Hamburg. Danach ging es weiter in den Westen. Bremen. Amsterdam.
    Sie schwammen in der kalten Nordsee. Aßen Fisch. In Amsterdam am Stand mit Seemannskram kauften sie ein kleines Modell vom Bathyscaphe Trieste mit aufklappbarem Bauch, gleich daneben bei einem Marokkaner besorgten sie sich etwas Shit. Den stopften sie in den Bathyscaphe hinein. Es passte eine ziemliche Menge rein.
    »Damit tauchen wir gemeinsam bis auf den Grund.«
    »Ich bringe dir bei, wie man unter Wasser atmet.«
    »Das können nur Fische.«
    »Ich bin ein Fisch.«
    »Was für einer?«
    »Ein Plattfisch.«
    »Warum ausgerechnet ein Plattfisch?«
    »Die können auch in großer Tiefe leben. Man kann sie kaum fangen. Sie sind fast unsichtbar. Man sieht nur ihre Augen in der Dunkelheit leuchten.«
    »Was für ein Fisch bin ich?«
    »Eine Zahnbrasse. Du hast Dornen auf den Flossen. Und lässt dich nicht so einfach fangen.«
    »Gut. Dann bin ich eine Zahnbrasse, wie du meinst. Du bist echt ein bisschen doof.«
    »Nein, du.«
    »Du mehr.«
    »Küss mich.«
    Holland. Belgien. Frankreich. Abends steuerten sie jedes Mal den Strand an. Nachts lagen sie im Auto und sahen den dunklen Wolken zu, die der Wind vom Ozean aufs Land trieb. Sie hielten sich an der Hand. Beim Fahren schnallten sie sich nicht mehr an.
    Sie trug einen roten Rock und ein hellblaues Top, das durch zwei dünne, hinten am Hals zusammengebundene Bändchen hielt. Petr mochte es, die Bändchen während der Fahrt aufzumachen. Und das Salz von Kláras Schultern abzulecken. Das kitzelte und erregte sie gleichzeitig. Sie kringelte sich wie Zigarettenrauch.
    »Hör damit auf, du Dummi.«
    Sie bohrte die Augen in die Fahrbahn hinein.
    »Selber Dummi. Mein Dummi.«
    »Hör auf, Mann. Wirklich. Sonst bauen wir einen Unfall.«
    »Na und.«
    »Wie: na und?«
    »Dann sind wir tot. Das geht schnell. Wie wenn man eine Lampe ausmacht. Oder anknipst. Eine Zigarette

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