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Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition)

Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clara Salaman
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durchbrochen von kurzen friedvollen Momenten. Gestern Abend hatte sie ihm ein Friedensangebot unterbreitet, und er hatte es ausgeschlagen – aus absolut idiotischem Stolz.
    »Bald ist sie wieder so wie früher«, beruhigte er sie und spürte, wie ihn der Anblick des Meers und der Schönheit des Städtchens und der Landschaft rings um sie herum mit neuer Hoffnung erfüllte. Er musste dafür sorgen, dass alles wieder ins Lot kam. Er würde sie überraschen, ihr Lieblingsessen für sie kochen. Er würde die Zutaten im Supermarkt besorgen und eine Flasche Wein dazu, und danach würden sie These Arms of Mine in der Endlosschleife spielen. Er würde alles in Ordnung bringen. Doch dann kehrten die nagenden Zweifel zurück: Wie sollte er alles in Ordnung bringen, sich mit ihr versöhnen, wenn sich jedes Mal, sobald die vertraute Liebe in ihm aufflackerte, das Gefühl des Verrats und der Übelkeit darunter mischte? Wenn die abscheulichen Bilder sein Gedächtnis mit Beschlag belegten? Wann immer er sie ansah, sah er nur Franks Gesicht. Was sollte er dagegen unternehmen? Seufzend schloss er die Augen und bat Gott, ihn zu einem stärkeren, besseren Mann reifen zu lassen.
    Sie gingen den Berg wieder hinab. Den ganzen Weg von der Ruine bis zu einer Eisdiele jagte Smudge einer kleinen Katze hinterher. Clem ging in Flipflops und abgeschnittenen Jeans vor ihnen her. Sie war so dünn, dass sie um ihre Hüften schlackerten. Sie drehte sich um und bat ihn um die Cockpitschlüssel, damit sie sich eine Strickjacke holen konnte, bevor sie in den Supermarkt gingen. Es war noch nicht einmal kalt. Er kaufte Smudge ein Eis, während sie am Hafeneingang auf sie warteten. Er sah zu, wie Clem über den Steg auf sie zukam – sie hatte sich den Hut tief ins Gesicht gezogen. Über ihrer Schulter hing die grüne Tasche, die sie zum Einkaufen benutzte. Sie hatte sich eine Zigarette angezündet. Aus irgendeinem Grund, den er nicht benennen konnte, wirkte sie anders als gewohnt. Er konnte nicht sagen, ob sie ihn ansah, doch als sie den Hafeneingang erreichte, lächelte sie.
    »Und? Können wir los?«, fragte er und bemühte sich um einen Tonfall, als könnte er es kaum erwarten, endlich ganz von vorn anzufangen.
    Sie blickte ihn an, als könne sie nicht glauben, dass er plötzlich so nett zu ihr war. Ihre Lippen bebten. Dann beugte sie sich zu seiner Verblüffung vor und küsste ihn behutsam auf den Mund.
    Es war ein kleiner Supermarkt – helles Neonlicht, die Sonderangebote mit dickem Filzstift auf Papptafeln, die von den weißen Spanholzdecken über den Regalen hingen. Aus reiner Gewohnheit ließ Johnny den Blick über die anderen Kunden schweifen, ehe er und Smudge durch die Gänge liefen und ihren Einkaufswagen mit Vorräten beluden. Er hatte ihr brausegefüllte Bonbons versprochen, deshalb schob sie den Einkaufswagen hin und her, bis sie im dritten Gang endlich das Süßigkeitenregal gefunden hatte – sie beratschlagten ausführlich, welche Sorte sie nehmen sollte, als sein Blick auf eine Tüte Pear Drops fiel. Mit einem verstohlenen Blick versteckte er sie unter den Weinflaschen und den Biscuits. Clem stand mitten auf dem Gang. Ein Henkel ihrer Tasche war ihr von der Schulter gerutscht, und sie starrte völlig in Gedanken versunken auf den Inhalt eines Regals. Ein Mann versuchte sich an ihr vorbeizuschieben, doch sie rührte sich nicht. Sie bemerkte ihn noch nicht einmal.
    »Clem?«, rief Johnny, doch sie hörte auch ihn nicht. Er blickte auf Smudge hinunter, die ihn am Ärmel zupfte und immer noch über die Süßigkeiten palaverte, und ließ sich von ihr fortziehen. Als er sich am Ende des Gangs noch einmal umdrehte, war Clem verschwunden, dafür versuchte der Mann nun, seinen Wagen an ihm vorbeizuschieben. Während er Müsli und Nudeln in den Einkaufswagen stapelte, spähte er in den nächsten Gang, doch sie musste weitergegangen sein.
    An der Kasse stellte er erstaunt fest, dass weit und breit keine Spur von ihr zu sehen war. Er bat Smudge, auf den Wagen aufzupassen, während er den gesamten Supermarkt abklapperte. Vergeblich. Das Mädchen an der Kasse begann bereits zu tippen, deshalb schickte er Smudge los, damit sie nach ihr suchte. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Kassiererin ihre Einkäufe in Tüten gepackt hatte – er hatte so viele Vorräte gekauft, dass sie bis Korsika reichen würden, wo er für eine Weile haltmachen, einen Anlegeplatz finden, sich einen Job besorgen, das Boot verkaufen und dafür sorgen wollte, dass ihr

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