Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
das hatte weder mit Juliet noch mit Eifersucht zu tun, das wusste auch Kit ganz genau. Und angesichts seiner gegenwärtigen Schwierigkeiten mit dem Gesetz waren seine Chancen, das volle Sorgerecht für die Kinder zu erlangen, wohl nicht besonders groß.
    »Deine Tante Jules kann frei entscheiden, mit wem sie zusammen sein will, Kit. Und du weißt, dass Sam und Lally nicht glücklich waren, als ihre Eltern noch zusammengelebt haben.«
    Kit zuckte mit den Achseln.
    »Sie werden schon darüber hinwegkommen. Sie werden sich an die neue Situation gewöhnen«, sagte Duncan und sprach damit an, was nach seinem Gefühl die eigentliche Sorge seines Sohnes war. Kit verband jede Veränderung mit Verlust, und er versetzte sich mit einer so intensiven Empathie in die Lage anderer Menschen, dass es für ihn gefährlich werden könnte, wenn er nicht lernte, emotionale Grenzen zu setzen.
    Es war nur gut, dachte Duncan, dass er in Zukunft mehr Zeit nicht nur mit Charlotte, sondern auch mit Kit und Toby verbringen würde. Er würde darauf achten müssen, dass auch die Jungs die Aufmerksamkeit bekamen, die ihnen gebührte.
    »Lass uns doch nächste Woche mal nach der Schule irgendwas Besonderes unternehmen«, schlug er vor. »Vielleicht könnten wir ins Museum für Naturgeschichte gehen.«
    Kit sah ihn von der Seite an. »Wirst du wirklich zu Hause bleiben?« Er klang bemüht gleichgültig.
    »Klar doch, ich bin der geborene Vollzeitvater.«
    »Du weißt doch gar nicht, was Charlotte zum Abendessen mag.«
    »Das werde ich schon noch rausfinden, meinst du nicht? Aber da setze ich natürlich auch auf deine Mithilfe.«
    Kit nickte. Er wirkte geschmeichelt, und Duncan wollte ihn soeben nach Charlottes Vorlieben ausfragen, als sein Handy klingelte. Er warf einen Blick auf die Nummer, fluchte halblaut und schaltete die Freisprechanlage ein. Es war sein Chef, Chief Superintendent Denis Childs.
    »Sir«, sagte er, und dann: »Sie wissen schon, dass ich diese Woche ein paar Tage Urlaub habe, Chef.«
    Aber das wusste Childs sehr wohl, und er hatte sich genau ausgerechnet, wo Kincaid im Moment gerade sein musste. Und als Duncan zuhörte, wurde ihm bewusst, dass er sich wohl besser gleich geschlagen gab. Niemand konnte einen so hartnäckig beschwatzen wie Kincaids Chef, wenn er einen um einen persönlichen Gefallen bat. Widerstand war zwecklos, und im Übrigen wusste Duncan, dass Childs ihn nicht fragen würde, wenn er nicht davon überzeugt wäre, dass es wichtig war.
    Er nickte, während er sich die Details erklären ließ, und sagte dann: »In Ordnung. Ich rufe Sie zurück.«
    Schon als er die Verbindung beendete, spürte er Kits durchdringenden Blick. »Wir müssen in Henley einen Zwischenstopp einlegen«, erklärte er. »Es dürfte nicht lange dauern.«
    Kit wandte sich ab, seine Miene war ausdruckslos. »Gemma wird nicht begeistert sein«, meinte er.
    Gemma, dachte Duncan, war nicht die Einzige, der das nicht gefallen würde.
    Das Jolly Gardeners war tatsächlich so freundlich, wie sein Name versprach, dachte Doug Cullen. Und ein Gärtner war hier wohl auch am Werk – der Biergarten vor dem Lokal hätte glatt als Baumschule durchgehen können, und da es noch keine strengen Frostnächte gegeben hatte, zeigten viele der Topfpflanzen und Blumenampeln noch ihre volle Blütenpracht. Aber die Tische und Stühle waren nass vom morgendlichen Regen, der Wind ließ die Ampeln schaukeln wie Uhrpendel, und nur ein paar unverbesserliche Raucher hockten an einem der Tische nahe dem Eingang beisammen.
    Als er Melody in das Lokal führte, sah er, dass es drinnen ebenso ansprechend war wie draußen – Backsteinwände, Holzböden, eine lange, auf Hochglanz polierte Theke und bunt zusammengewürfelte Tische und Stühle; alles eher schlicht, aber offenbar bequem. Von einem Fernseher war nichts zu sehen, und für einen Mittag unter der Woche ging es in dem Pub angenehm lebhaft zu.
    Zufrieden mit seiner Wahl, stieß Doug einen heimlichen Seufzer der Erleichterung aus. Nachdem sie sich für einen Tisch bei den Fenstern zum Garten entschieden hatten – Doug hatte bewusst einen Bogen um das Liebespärchen-Sofa gemacht – und Melody die Speisenliste an der Tafel über dem Kamin studierte, betrachtete er sie in Ruhe. Sie hatte inzwischen ihre Jacke ausgezogen, und er versuchte herauszufinden, was an ihr anders wirkte, seit er sie zuletzt gesehen hatte. Das Erste, was ihm auffiel, war, dass sie auf ihr übliches konservativ geschnittenes Kostüm verzichtet

Weitere Kostenlose Bücher