Die stillen Wasser des Todes - Roman
grün. Was könnte schlimmer sein?«
Duncan Kincaid warf einen Seitenblick auf seinen Sohn, der neben ihm auf dem Beifahrersitz saß und seine langen Beine in den Fußraum streckte, und er musste sich auf die Zunge beißen, um nicht mit dem alten Sprichwort über den geschenkten Gaul zu kontern. Er durfte nicht vergessen, wie er selbst es gehasst hatte, von Erwachsenen belehrt zu werden, als er so alt gewesen war wie Kit. Und er erinnerte sich auch noch daran, wie es war, vierzehn zu sein – ein Alter, in dem es von entscheidender Wichtigkeit war, was andere über einen dachten.
Auf der Fahrt durch Somerset und Wiltshire in Richtung London war Kit ungewöhnlich still gewesen und hatte sich nur mit seinem iPod touch beschäftigt, ohne die herrliche Herbstlandschaft überhaupt zu beachten. Erst jetzt, nachdem sie die M4 erreicht hatten und durch die wenig spektakulären Randbezirke von Swindon fuhren, war er aus seiner Trance erwacht und hatte seine Ohrstöpsel herausgenommen.
»Findest du das nicht ein bisschen undankbar?«, wandte Duncan vorsichtig ein.
»Ich will jedenfalls nicht gesehen werden, wie ich vor der Schule aus dem Ding aussteige.« Kits Miene war trotzig. »Und fahren werde ich es ganz bestimmt nicht.«
Duncan verlor allmählich die Geduld. »Bis du dir übers Autofahren Gedanken machen musst, werden noch ein paar Jährchen vergehen, also lass uns darüber noch mal reden, wenn es so weit ist«, sagte er – obwohl er sich sicher war, dass seine Eltern genau daran gedacht hatten, als sie Duncan und Gemma ihr gebrauchtes Auto angeboten hatten. Der Astra Kombi war alt, solide, bequem und äußerst sicher – alles Eigenschaften, die einem Vierzehnjährigen ein Gräuel waren.
Hugh Kincaid hatte ihnen den Wagen mit dem Enthusiasmus eines frischgebackenen Familienvaters präsentiert, der zum ersten Mal den Weihnachtsmann spielt. Hätte es nicht geregnet, dann hätte er vermutlich auch noch ein Schleifchen drumgebunden. »Deine Mutter hätte gerne etwas Grüneres«, hatte er gesagt und gleich darauf über seinen eigenen unfreiwilligen Witz lachen müssen. »Etwas ökologisch Korrekteres, sollte ich sagen. Nicht, dass ihr jetzt meint, der Astra wäre nicht in Ordnung. Aber wir dachten, ihr könntet den zusätzlichen Platz brauchen, jetzt, wo ihr Charlotte habt.«
Duncan musste ihm recht geben. Auf der Hinfahrt nach Somerset hatten die drei Kinder sich auf dem Rücksitz von Gemmas Escort zusammenquetschen müssen, und es hatte reichlich Tränen und Zankereien gegeben. Sie brauchten tatsächlich ein größeres Auto, aber die Arbeit und die jüngsten familiären Verpflichtungen hatten ihn so sehr in Anspruch genommen, dass er noch nicht dazu gekommen war, sich ernsthaft mit dem Thema zu befassen. Ganz zu schweigen davon, dass Gemmas unbezahlter Urlaub einen empfindlichen Einschnitt in ihr Budget bedeutet hatte – und der seine würde es noch weiter belasten.
Er hatte immer noch seinen alten MG , obwohl er ihn inzwischen nur noch selten fuhr. Einen solchen Wagen zu unterhalten, war ein Alptraum, aber er zögerte, ihn zu dem Spottpreis zu verkaufen, den er dafür bekommen würde. Einmal hatte er Kit unvorsichtigerweise versprochen, dass er den Midget behalten würde, bis der Junge den Führerschein machen konnte, und er wollte ungern ein Versprechen gegenüber seinem Sohn brechen. Jetzt aber erfüllte ihn der Gedanke, dass Kit den kleinen Flitzer tatsächlich fahren würde, mit Entsetzen – nur wenig mehr als die Vorstellung, was er in diesem Fall für die Versicherung hinblättern müsste.
Sein Vater hatte ihn von dem Dilemma erlöst. »Ich könnte nach London kommen und den Midget nach Cheshire fahren«, hatte Hugh angeboten. »Ich stell ihn bei mir in die Garage und richte ihn her. Wirst sehen, danach ist er wieder tipptopp.« Duncan, der seinen Vater allenfalls einmal einen Reifen hatte wechseln sehen, hatte skeptisch eine Augenbraue hochgezogen, doch Hugh hatte nur verschmitzt gezwinkert und hinzugefügt: »Dafür ist man nie zu alt.«
Gemma hatte zuerst Hugh und dann Duncans Mutter Rosemary umarmt, die das Packen unterbrochen hatte, um bei der Überraschung dabei zu sein. »Das ist total lieb von euch«, sagte Gemma. »Aber seid ihr auch wirklich sicher? Wie wollt ihr denn nach Nantwich zurückkommen?«
»Da mach dir mal keine Gedanken«, versicherte Rosemary ihr. »Jack fährt uns zum Zug. Und das neue Auto ist bestellt – es müsste schon auf uns warten, wenn wir nach Hause
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