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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Wurzeln tiefer ins Erdreich treibt, ins Dunkle. Zwei Gegensätze, Licht und Dunkel, und doch miteinander verbunden, bis in alle Ewigkeit. Und nun denke ich im Lenz immer daran, daß die Frau den Mann an sich zieht und ihm seinen Samen nimmt und ihn und sich dennoch erneuert. So wie der Lenz die Erde neu macht und wie Licht und Dunkel gemeinsam bestehen und einander ergänzen.«
    Er wandte sich ihr zu. »So möchte ich gern an dich denken - wie du mir den Samen nimmst und dabei dich und mich erneuerst. Aber du bist die Kusine von Walter de Grasse und damit auch meine Feindin, nicht nur meine Sklavin, Gefangene oder Geliebte. Nein, du bist meine Feindin. Mir ist der bloße Name dieses Mannes zuwider. Ich frage mich, Dirne, soll ich dich für seine Übeltaten bestrafen? Hast du auch sein böses Blut in den Adern? Und in deinem Herzen?«
    Philippa war erschüttert. Eben hatte er ihr eine andere Seite seines Wesens gezeigt, die sie anzog und zu Tränen rührte. Und nun hatte er ihr seinen bitteren Haß offenbart. War er nur deshalb so offen, weil er zu viel getrunken hatte?
    »Warum haßt Ihr ihn so? Was hat er Euch angetan?«
    »Er hat meine Ernten verbrannt und alle Menschen, die dort gearbeitet haben, meine Leute, abgeschlachtet, die Frauen vergewaltigt, die Kinder aufgespießt, die Hütten verbrannt und der Erde gleichgemacht. Und es war dein Vetter, der den Befehl dazu gab!«
    »Aber Ihr wißt es doch nicht mit Sicherheit? Ihr habt keinen aufgegriffen, der es Euch bestätigt hat?«
    »Sir Walter de Grasse war ein Ritter ohne Land. Er ist es immer noch, auch wenn Lord Graelam de Moreton ihn als Kastellan auf Crandall eingesetzt hat, einer seiner Burgen südwestlich von St. Erth. Das genügt Sir Walter aber nicht. Er glaubt, das Recht auf mehr zu haben. Dieser Mann hat mich schon gehaßt, als ich noch gar nichts von seinem Vorhandensein ahnte. Ich war noch ein kleiner Junge, als mein Vater bei einem Turnier in der Normandie seinem Vater den Besitz abgewann. Walter behauptet, es wäre Betrug im Spiele gewesen. König Edward beachtet seinen Anspruch aber nicht. Doch Walter will mich weiterhin ins Verderben bringen und töten. Einmal wäre es ihm beinahe gelungen. Es ist noch nicht lange her. Damals rettete mich eine schöne, arglose Lady, der seitdem meine Treue, mein Herz und sogar meine Seele gehört. Sir Walter will mich unbedingt vernichten, und du bist seine Verwandte.«
    Wie eine Lanze durchfuhr Philippa ein seelischer Schmerz. »Wer ist diese Lady? Wie hat sie Euch gerettet?«
    Lachend kam Dienwald aufs Bett zu. Es war das Lachen eines Betrunkenen. Sie sah seine Gestalt in dem Streifen Mondschein. Sie fand ihn schön. Sicherlich seltsam bei einem Mann, der so scharfe Ecken und Kanten hatte und so hart war. Aber sie konnte es nicht ändern. Er stand gerade und groß und schlank vor ihr, und er lachte immer weiter.
    Doch sie wollte seine Geschichte hören. Das viele Bier hatte ihm die Zunge gelöst. »Du willst ihren Namen wissen?« fragte er. »Sie ist eine Lady, eine süße, liebevolle Lady ohne jeden Arg. Sie heißt Kassia. Sie kommt aus der Bretagne. Ich habe um sie geworben, doch sie wird nie die meine werden.«
    »Warum nicht?«
    »Sie ist mit einem mächtigen Mann verheiratet, der zudem mein Freund und ein großer Krieger ist - der Lehnsherr deines prächtigen Walter - Lord Graelam de Moreton.«
    »Dann ... liebt Ihr sie?«
    Dienwald ließ sich aufs Bett nieder und lüftete die Decke. Sie spürte die Wärme seines Körpers, hörte den ruhigen Rhythmus seines Atems und rührte sich nicht.
    »Ich verstehe nichts von Liebe«, sagte er nach einiger Zeit. Er nuschelte wieder »Ich kenne nur Gefühle und Leidenschaften, und sie gelten alle ihr. Sie ist ganz anders als du, klein, zart und zerbrechlich, doch von reinem Gemüt und voller Esprit. Ihr Lächeln ist so süß, daß es einen zu Tränen rührt und man sein Leben für sie in die Schanze schlagen will. Doch sie hat Graelam ihr Herz und ihren Körper geschenkt. Und nun schlafe, Dirne!«
    »Ich bin nicht Eure Feindin. Ich bin nichts als Eure Gefangene.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich muß darüber nachdenken. Weiß Gott, ich denke ja kaum noch an etwas anderes. Du stellst ein Problem für mich dar. Es quält mich, und ich weiß keine Lösung. Vielleicht teile ich Lord Henry mit, daß ich dich gefangen halte und dich ihm zurückgebe, wenn er mir dafür Sir Walter ausliefert. Was hältst du davon? Würde mir dein geschätzter Vater Sir Walters Kopf auf

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